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Stillgestanden: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist es leid, dass die Truppe mit „Schrott“ in Verbindung gebracht wird.
© dpa

Pannenserie bei der Bundeswehr: Ursula von der Leyen - die Selbstverteidigungsministerin

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen steht wegen der maroden Bundeswehrausrüstung vor massiven Problemen – und eckt mit dem Ruf nach mehr Geld an.

Am Ende einer schlimmen Woche zog die Verteidigungsministerin die Notbremse. Um den Vorwurf gar nicht erst aufkommen zu lassen, sie beschönige massive Materialprobleme der Bundeswehr, suchte Ursula von der Leyen (CDU) selbst die Öffentlichkeit. Deutschland könne zurzeit seine Bündniszusagen an die Nato nicht einhalten, mittelfristig brauche die Truppe mehr Geld, sagte die Politikerin der „Bild am Sonntag“.

Das war eine völlig andere Botschaft als jene, die sich die Ministerin zuvor für die vergangene Woche ausgedacht hatte. Ursprünglich hatte Ursula von der Leyen die Bundeswehr als handlungsfähige und hilfsbereite Armee präsentieren wollen.

Stolz vermeldete sie am Mittwoch, dass sich mehr als 2000 Bundeswehrangehörige zum freiwilligen Einsatz gegen die Ebola-Epidemie in Afrika gemeldet hatten. Am Donnerstagmorgen flog sie nach Erbil im irakischen Kurdengebiet, wo sie die deutschen Waffen übergeben wollte, die die Kurden im Kampf gegen die IS-Terrormiliz aufrüsten sollen. Doch wegen technischer Pannen mussten die Gewehre und Panzerfäuste in Deutschland und die deutschen Ausbilder in Bulgarien zurückbleiben.

Das Scheitern einer Hilfsdemonstration der Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt wegen technischer Probleme erschien wie ein böses Symbol, als bekannt wurde, was Generalinspekteur Volker Wieker und die Inspekteure der Teilstreitkräfte am Mittwoch im Verteidigungsausschuss den Abgeordneten erklärt hatten. Ihre Liste zum Zustand der Bundeswehrausrüstung bot ein verheerendes Bild. Danach sind von 190 Hubschraubern der Bundeswehr nur 41 einsatzfähig, von 198 Kampfjets nur 90. Auch bei Panzern und Schiffen gibt es massive Ausfälle. Und auch diese Aufstellung halten manche Abgeordnete wegen Unklarheiten noch für geschönt. Kaum aus dem Nordirak zurück, bestellte die Ministerin am Freitagnachmittag die Inspekteure zur Besprechung ein.

Verantwortung für Probleme lud Leyen bei ihren Vorgängern ab

Es tue ihr „richtig weh“, dass die Bundeswehr mit dem Wort „Schrott“ in Verbindung gebracht werde, sagte die Politikerin in dem Interview. Bei den laufenden Einsätzen und der kurzfristigen Krisenreaktion der Nato könne Deutschland seine Verpflichtung gegenüber der Nato einhalten. Im Alarmfall seien Luftwaffe und Marine aber nicht in der Lage, innerhalb von 180 Tagen so viele Flugzeuge und Hubschrauber zu schicken, wie vor einem Jahr gemeldet.

Die Verantwortung für die Entstehung der Probleme lud Leyen bei ihren Vorgängern ab. „Was über Jahre entstanden ist, lässt sich nicht auf einen Schlag lösen und wird mich sicher auf Jahre beschäftigen.“ Weil die Mittel auf die Auslandseinsätze konzentriert worden seien, die „sehr gutes Material“ hätten, habe man „den Prozess, das Material zu Hause in Schuss zu halten, heruntergefahren“.

Der Koalitionspartner SPD und die Opposition fragen aber nicht nach den Schuldigen der Vergangenheit, sondern nehmen die Ministerin nun in die Pflicht und fordern Konsequenzen. Und nur Verteidigungspolitiker der Union haben Verständnis dafür, dass Leyen wegen der Mängel nun erstmals mittelfristig mehr Geld für Ersatzteile, Reparatur und Beschaffung von Rüstungsgütern fordert.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels (SPD), ist in diesem Punkt skeptisch. „Wenn das Ministerium bis Mittwoch nicht wusste, dass es Probleme hatte, fragt man sich, woher es jetzt weiß, wie viel mehr Geld es braucht“, sagte er dem Tagesspiegel. Mehr Geld könne aber aus einem anderen Grund nötig sein: „Von 2017 an, wenn die neue Bundeswehrstruktur steht, schlägt jede Tariferhöhung auf den Haushalt der Bundeswehr durch.“

Im Verteidigungsministerium gebe es keinen Geldmangel, sondern Missmanagement, kritisierte der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner: „Statt ständig neue Rüstungsabenteuer zu beginnen, sollte Ursula von der Leyen ihr Haus endlich in den Griff bekommen.“ (mit dpa)

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