NSU-Prozess: Unterstützten Nürnberger Nazis die NSU-Terroristen?
Am 403. Verhandlungstag im Prozess gegen die NSU-Terroristen nannte Opferanwältin Basay-Yildiz ein Indiz, das der Öffentlichkeit bislang nicht bekannt war.
Im NSU-Prozess wird der Verdacht stärker, die Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos könnten zumindest bei ihren Verbrechen in Nürnberg von örtlichen Rechtsextremisten unterstützt worden sein. Opferanwältin Seda Basay-Yildiz, die Angehörige des im September 2000 erschossenen Enver Simsek vertritt, nannte am Mittwoch im Oberlandesgericht München bei der Fortsetzung ihres Plädoyers ein Indiz, das der Öffentlichkeit bislang nicht bekannt war. Das Bundeskriminalamt schrieb im April 2012 in einem Vermerk, dass der in Nürnberg von Böhnhardt und Mundlos ermordete Ismail Yasar einige Monate vor der Tat eine Auseinandersetzung mit einem Jürgen F. hatte. Dieser war mutmaßlich ein zumindest früherer Bekannter von Uwe Mundlos und den im NSU-Verfahren angeklagten Ralf Wohlleben und Holger G.
Jürgen F. habe 2004 eine Sachbeschädigung zum Nachteil von Yasar begangen und sei zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat verurteilt worden, zitierte die Anwältin aus dem BKA-Vermerk. Die Auseinandersetzung wurde als politisch rechts motivierte Kriminalität eingestuft. Im Juni 2005 erschossen Böhnhardt und Mundlos Yasar in seinem Imbiss. Zehn Jahre zuvor, im Februar 1995, hätten Jürgen F., Mundlos, Wohlleben und Holger G. an einer Skinhead-Veranstaltung im Nürnberger Lokal „Tiroler Höhe“ teilgenommen, sagte Basay-Yildiz.
Opferanwältin wies schon im November auf Verbindung hin
Das BKA habe jedoch in dem Vermerk und auch einem weiteren Schreiben einen Zusammenhang zwischen der von Jürgen F. begangenen Sachbeschädigung und dem Mord an Ismail Yasar ausgeschlossen. „Dies überrascht“, sagte die Anwältin. Im November 2017 hatte bereits Opferanwältin Antonia von der Behrens in ihrem Plädoyer eine mögliche Verbindung zwischen dem NSU und der rechten Szene in Nürnberg erwähnt. Demnach wohnte im Haus neben dem türkischen Lokal, in dem Böhnhardt und Mundlos 1999 eine mit Sprengstoff gefüllte Taschenlampe abgestellt hatten, zur Tatzeit ein Thüringer Neonazi. Dessen Name stand auf einer Adressenliste von Mundlos. Der Sprengsatz explodierte im Juni 1999 in dem Nürnberger Lokal, ein Angestellter erlitt Verletzungen.
Nach dem Plädoyer von Basay-Yildiz sprach am Mittwoch auch der Sohn des erschossenen Enver Simsek. Der Anblick seines sterbenden Vaters im Krankenhaus sei schrecklich gewesen, sagte Abdulkerim Simsek mit stockender Stimme. In der Türkei habe er mit Verwandten den Leichnam ins Grab gelegt. Abdulkerim Simsek war damals 13 Jahre alt.
Alle Angeklagten außer Carsten S. sollten bestraft werden, sagte der Sohn. Carsten S. hatte als einziger Angeklagter ein umfassendes Geständnis abgelegt. Kurz nach Beginn des Prozesses gab er zu, an der Beschaffung der Pistole Ceska 83 beteiligt gewesen zu sein. Mit der Waffe hatten Böhnhardt und Mundlos Enver Simsek, Ismail Yasar und weitere sieben Migranten getötet. Er nehme die Entschuldigung von Carsten S. an, sagte Abdulkerim Simsek.
Die Verhandlung endete, wie schon am Dienstag, bereits am Mittag wegen der Rückenprobleme von Ralf Wohlleben. Ein Arzt, der den Angeklagten untersucht hatte, sagte am Mittwoch als Sachverständiger im Prozess, es handele sich um eine „typische Bandscheibensymptomatik“.
Frank Jansen
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