Zukunft des Solidaritätszuschlags: Union stellt sich gegen Integration in Einkommensteuer
Was soll bloß aus dem Solidaritätszuschlag werden? Abschaffen wollen ihn weder Bund noch Länder. Der Streit um die Zukunft der Abgabe spitzt sich zu.
Der Streit um die künftige Verteilung der Solidarpaktmittel spitzt sich zu. Nachdem führende Landespolitiker von SPD und Grünen am Sonntag deutlich gemacht haben, dass sie in der Integration des „Soli“ in die Einkommensteuer ab 2020 die beste Lösung sehen, schwenken die Unions-Länder nun immer mehr auf die Veto-Linie von Bundeskanzlerin Angela Merkel ein. Diese lehnt das Aufgehen des Soli, der bisher als Ergänzungsabgabe erhoben wird, mit der Befürchtung ab, dass dies von den Bürgern als Steuererhöhung wahrgenommen würde. Entsprechend äußerte sich am Montag der sächsische Regierungschef Stanislaw Tillich: „Der Vorschlag von SPD und Grünen vom Wochenende ist eine heimliche Steuererhöhung.“ Bayerns Finanzminister Markus Söder sprach sogar von einer „massiven Steuererhöhung“. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier sieht „Beratungsbedarf“. Bei den Bund- Länder-Finanzen bestehe ein hohes Maß an gegensätzlichem Interesse. „Ein Ausgleich dieser Interessen ist nur mit Hilfe des Bundes möglich“, sagte er. Der Magdeburger Regierungschef Reiner Haseloff stellte nüchtern fest: „Was genau aus dem Soli werden soll, ist offen.“
Auch Schäuble war für Integrationslösung
Die Integration des Soli in die Steuer war als Idee im Sommer aufgetaucht und fand Eingang in ein gemeinsames Kompromisspapier von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und dem Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Demnach sollte die Eingliederung der Ergänzungsabgabe, die vor allem zur Finanzierung des Aufbaus Ost erhoben worden war, begleitet werden von einer leichten Steuererleichterung, dem Abbau der kalten Progression, also der Nichtanpassung des Einkommensteuertarifs an die Inflation. Die Länder gehen dabei bisher von einem jährlichen Einnahmeminus von 2,5 Milliarden Euro aus. Damit sollte das Argument entkräftet werden, dass der eigentlich nur befristet geltende Zuschlag nun verewigt werden solle. Dieser Position schlossen sich, ohne dass es zu einem formellen Beschluss gekommen wäre, alle Ministerpräsidenten auf ihrer Konferenz Mitte Oktober in Potsdam an. Bei einem Treffen mit den Unions-Ministerpräsidenten lehnte Merkel das vor Wochenfrist jedoch strikt ab, der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer schloss sich an. Am Donnerstag treffen sich die Länderchefs zu einer Sonderkonferenz in Potsdam.
Laut Tillich würde die Integrationslösung „die Kluft zwischen reichen und armen Ländern“ vergrößern. „Die bestehenden Finanzkraftunterschiede zwischen den Ländern würden weiter verstärkt und die strukturellen Unterschiede verfestigt“, sagt er. In der Tat hätten vor allem die finanzstarken Länder höhere Einnahmen. Doch würden die Schwächeren über den Finanzausgleich bedacht. Freilich vor allem aus Bayern – Seehofer war jedoch angetreten, die Summe, die sein Land in den Ausgleich einzahlt, zu verringern.
Missfallen in Düsseldorf
Von zwei Alternativlösungen ist derzeit nur noch die Verteilung der Soli-Mittel für den Infrastrukturausbau in der Diskussion; für einen Altschuldenfonds gibt es derzeit keine Ländermehrheit, nicht zuletzt Bayern und Sachsen lehnen ihn ab. Der Bund möchte bei der Infrastrukturlösung die Soli-Mittel (derzeit gut 14 Milliarden Euro) weiterhin allein einnehmen und dann nach bestimmten Bedarfskriterien in die Regionen verteilen. Tillich fordert, dass dabei die Steuerkraft eine wesentliche Rolle spielen müsse – was vor allem dem Osten dienen würde.
Dies missfällt jedoch der NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. In Düsseldorf will man von „Bedürfniskatalogen“ aus Berlin nichts wissen. „Wir nehmen keine Bittstellerhaltung gegenüber dem Bund ein“, sagt Kraft und weiß sich darin mit Baden-Württemberg einig. Die beiden großen Länder wollen die Integrationslösung, weil so alle Länder etwas vom Soli-Kuchen haben.
Wird der Soli zum Koalitionsthema?
Der Bund-Länder-Streit dürfte nun auch zu einem Koalitionsthema in Berlin werden. In den Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD ist ein Verzicht auf die Soli-Einnahmen (auch nur in Teilen) wenig populär. Im Fall der Teilung mit Ländern und Kommunen würden dem Bundesetat mehrere Milliarden Euro entgehen. In einem aktuellen Positionspapier beider Fraktionen wird das Thema jedoch noch umschifft. Die Zukunft des Soli, heißt es in dem Entwurf, "kann nur in der Gesamtsicht einer Einigung mit den Ländern bewertet werden". Doch wird darauf verwiesen, dass die Soli-Einnahmen "wesentlicher Bestandteil der Finanzplanung" seien; zudem ist davon die Rede, dass die strukturellen Unterschiede zwischen den Ländern "einschließlich der ostdeutschen Länder" berücksichtigt werden müssten. Das deutet eher auf eine Lösung nach den Vorstellungen im Kanzleramt hin als in der Düsseldorfer Staatskanzlei.
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