JU-Chef Paul Ziemiak: Union fordert nach Regierungskrisen zur Geschlossenheit auf
Die Junge Union gilt als Merkel-skeptisch, jetzt trifft sich der Unions-Nachwuchs in Kiel. Geladen sind zahlreiche Kritiker der Kanzlerin - und sie selbst.
JU-Chef Paul Ziemiak hat nach den jüngsten schwarz-roten Krisen vor Personaldebatten um Kanzlerin Angela Merkel gewarnt und die Union zur Geschlossenheit aufgerufen. „Die Geduld der Bürger ist erschöpft“, sagte Ziemiak vor dem am Freitag beginnenden dreitägigen Deutschlandtag des Unions-Nachwuchses in Kiel. „Die Außendarstellung, wie wir sie in den vergangenen Wochen und Monaten erlebt haben, muss ein Ende haben.“
Der JU-Landesvorsitzende in Thüringen, Stefan Gruhner, forderte von Merkel einen Plan, um die Union wieder aus dem Umfragetief zu holen. „Sie muss liefern. Es reicht nicht, alles auszusitzen. Wir brauchen eine klare Agenda, damit es wieder aufwärts geht“, sagte er der „Thüringischen Landeszeitung“. „Was CDU und CSU in den letzten Wochen und Monaten abgeliefert haben, war ein reines Konjunkturprogramm für die AfD“, kritisiert Gruhner. Die derzeitigen Umfragewerte seien „eine mittlere Katastrophe und dürfen uns nicht ruhig schlafen lassen“.
Rund 1000 Delegierte und Gäste wollen bei dem am Nachmittag beginnenden Treffen der Jungen Union diskutieren, wie Deutschland auch 2030 stabil und wirtschaftlich erfolgreich bleiben kann. Die JU ist nach eigenen Angaben politische Heimat für 115.000 junge Menschen und damit größte politische Jugendorganisation Europas.
Ziemiak geht von vorzeitigem Ende der Koalition aus
Ziemiak sagte, es sei nicht der richtige Zeitpunkt, sich auf die Frage zu fokussieren, ob CDU-Chefin Merkel weitermache oder nicht. Das werde noch früh genug bei der Vorbereitung des Wahlparteitags Anfang Dezember diskutiert. „Ich rate uns allen: Jetzt volle Konzentration auf die anstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen.“ Die personelle Erneuerung sei „nicht ein einzelner Moment, sondern quasi ein stetiger Vorgang“ innerhalb der CDU. „Wir machen das permanent, sowohl inhaltlich, als auch personell.“
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Merkel steht seit 18 Jahren an der Spitze der CDU. Kürzlich hatte sie erkennen lassen, dass sie beim Parteitag in Hamburg Anfang Dezember erneut kandidieren will. Ob dies tatsächlich so kommt, dürfte sich erst nach den für die Union schwierigen Landtagswahlen in Bayern und Hessen entscheiden, die im Laufe dieses Monats anstehen.
Ziemiak hält es für nahezu ausgeschlossen, dass die Koalition die drei Jahre bis zur regulären Bundestagswahl 2021 übersteht, sollte sie so weitermachen wie bisher und nicht in einen dauerhaften Arbeitsmodus finden. Ob die Regierung frühzeitig platze, hänge vor allem am Koalitionspartner, sagte der JU-Chef: „Die SPD muss sich entscheiden: Ist sie Opposition oder ist sie Teil der Koalition. Daran wird sich vieles festmachen.“ Die große Koalition müsse sich nun darauf konzentrieren, die großen Probleme des Landes zu lösen.
Einer Koalition mit der AfD oder der Linkspartei nach einer der Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen 2019 erteilte Ziemiak eine klare Absage. Die Unterschiede zwischen der CDU und der AfD wie auch der Linkspartei seien unüberbrückbar. „Eine Koalition oder irgendeine Zusammenarbeit kann ich mir nicht vorstellen“, sagte er.
SPD fordert Beschluss der CDU gegen jede Zusammenarbeit mit AfD
Auch die Parteivorsitzende Merkel und Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hatten jede Kooperation wiederholt klar ausgeschlossen - zuletzt vor kurzem, nachdem eine Diskussion über das Thema entstanden war, weil der sächsische Landtagsfraktionschef Christian Hartmann in einem Interview eine solche klare Aussage für sein Land vermieden hatte.
Trotz des klaren Neins der CDU-Führung forderte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil einen förmlichen Beschluss der CDU dazu. Auf ihrem Parteitag im Dezember müsse die CDU einen Beschluss fassen, der jede Zusammenarbeit mit der AfD verbiete, sagte Klingbeil der „Bild“. „In der Union mehren sich Stimmen, die ein Bündnis mit der AfD nicht mehr ausschließen. Dieser Tabubruch ist brandgefährlich und muss dringend gestoppt werden.“
Vom JU-Treffen in Kiel erwartet der Vorsitzende Ziemiak klare Aussagen zur Regierungsagenda der kommenden Monate wie etwa zur Sicherung der EU-Außengrenzen oder zur Familienpolitik, wie er sagte. „Wir müssen uns damit beschäftigen, wie wir ein modernes Europa gestalten.“ Vom Auftritt des US-Botschafters Richard Grenell an diesem Freitag erhoffe er sich klare Worte zur Zusammenarbeit zwischen den USA und Deutschland. Unter Freunden müsse man auch in schwierigen Zeiten miteinander reden können. Die JU halte deswegen trotz der protektionistischen Politik von US-Präsident Donald Trump an der Forderung nach einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA fest.
Dem „Handelsblatt“ sagte Ziemiak, die JU wolle in Kiel eine Standortbestimmung vornehmen. „Ich kann aber die Debatte nicht mehr hören, ob wir mehr nach rechts oder mehr nach links rücken sollten.“ Die Union müsse ihren Kern als Volkspartei definieren. Dazu zähle das christliche Menschenbild, das Soziale, aber auch ein liberaler Kern und konservative Vorstellungen wie Recht und Ordnung. (dpa)