Spahn fordert Abstimmung: Union droht bei Parteitag Streit über UN-Migrationspakt
Beim Migrationsabkommen tritt Jens Spahn auf die Bremse: Er fordert eine Debatte auf dem CDU-Parteitag. Eigentlich soll der Bundestag schon vorher abstimmen.
Die CDU steuert auf ihrem Parteitag Anfang Dezember auf eine Auseinandersetzung über den UN-Migrationspakt zu. Der Forderung des Bewerbers um das Amt des CDU-Vorsitzenden, Jens Spahn, über den Pakt in Hamburg abzustimmen, schlossen sich auch die CDU-Landeschefs von Sachsen und Brandenburg, Michael Kretschmer und Ingo Senftleben, an.
„Wenn der Inhalt richtig ist, müssen wir zustimmen. Wenn der Pakt falsch ist, muss man ihn ablehnen“, sagte Kretschmer dem Tagesspiegel. Die „mangelnde Kommunikation“ über den Pakt habe den Populisten den Raum gegeben eine „völlig falsche Deutung zu verbreiten“. Kretschmer stellte sich hinter den Pakt. „Das Anliegen ist vernünftig – Fluchtursachen müssen bekämpft und Migration muss geordnet werden.
Auch Senftleben sagte, der Pakt liege „unterm Strich im deutschen Interesse“. Dennoch sei es „richtig, auf dem Parteitag eine Diskussion darüber zu führen, schon um der Dämonisierung in den sozialen Netzwerken etwas entgegen zu setzen und für Aufklärung zu sorgen“.
In der „Bild am Sonntag“ hatte Spahn für eine Debatte und Abstimmung mit dem Argument geworben, es sei „der Eindruck entstanden, wir hätten da etwas zu verheimlichen oder dass der Pakt uns schade“. Gegen den Pakt stellte er sich nicht. Der CDU-Landesverband von Sachsen-Anhalt hatte sich am Samstag mehrheitlich gegen das Abkommen ausgesprochen. Landeschef und Innenminister Holger Stahlknecht sprach von einer „gelben Karte für die Bundesregierung“.
Spahn bringt Verschiebung ins Spiel
Spahn sagte dem Blatt: „Alle Fragen der Bürger gehören auf den Tisch und beantwortet, sonst holt uns das politisch schnell ein. Notfalls unterzeichnen wir eben später.“ In der Unionsfraktion sei intensiv über den Migrationspakt diskutiert worden. „Das sollten wir genauso offen auf dem CDU-Parteitag tun und das weitere Vorgehen abstimmen.“
Spahn hatte sich schon zuvor kritisch über den Pakt geäußert. Inzwischen hatte die Unionsfraktion im Bundestag jedoch vereinbart, mit der SPD einen Antrag zu erarbeiten und Ende November oder Anfang Dezember im Bundestag darüber abzustimmen. Nach Angaben der Fraktionsspitze steht eine Mehrheit der Abgeordneten von CDU und CSU hinter dem Pakt. Der CDU-Bundesparteitag findet am 7. und 8. Dezember in Hamburg statt.
Der von den UN-Mitgliedstaaten beschlossene Pakt soll helfen, Flucht und Migration besser zu organisieren und bei einem Gipfeltreffen im Dezember in Marokko angenommen werden. Die USA, Österreich, Ungarn, Australien, Tschechien, Bulgarien und Estland scherten bereits aus. Spahn kritisierte den bisherigen Umgang der Bundesregierung mit dem Pakt: „Weil wir uns der Diskussion nicht aktiv gestellt haben, ist der Eindruck entstanden, wir hätten da etwas zu verheimlichen und dass der Pakt uns schade.“ Intransparenz befördere Misstrauen.
Merkel sagte am Rande ihres Treffens mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Sonntag lediglich, es handle sich um eine Debatte, „wo man sagen muss, entweder schaffen wir es gemeinsam globale Lösungen zu erarbeiten (...) oder nicht“.
Die Werteunion, ein Zusammenschluss konservativer Unionspolitiker, begrüßte Spahns Äußerungen. Der Kandidat für den CDU-Vorsitz greife damit "die mehrheitliche Gefühlslage der Mitglieder und Bürger auf", erklärte der Vorsitzende der Werteunion, Alexander Mitsch. Die CDU in Sachsen-Anhalt stimmte auf einem Parteitag am Samstag mehrheitlich dafür, dass die Bundesregierung den Pakt ablehnen solle.
Spahn würde als CDU-Chef in AfD-Hochburgen gehen
Im Kampf um den CDU-Vorsitz ist Spahn Umfragen zufolge weitgehend chancenlos - er sieht nach eigenen Worten aber noch Chancen. „Das Rennen hat gerade erst begonnen und ist völlig offen. Ich bin gelassen und habe gute Laune“, sagte er. „Mir wurde schon öfter prophezeit, keine Chance zu haben. Das motiviert mich.“ Er werde seine Kandidatur nicht vor dem Parteitag zurückziehen, versicherte er. Seine Umfragewerte führte Spahn auch auf seine Meinungsstärke zurück: „Ich debattiere gerne, ich stehe für klare Positionen. Das macht nicht immer beliebt.“
Im Falle seiner Wahl zum neuen CDU-Chef wolle er gezielt in AfD-Hochburgen gehen und mit den Anhängern diskutieren. „Wir reden hier im politischen Berlin viel zu oft über die AfD-Wähler statt mit ihnen. Ich möchte stattdessen die offene, unvoreingenommene Diskussion anbieten und sie überzeugen“, sagte er. (asi, dpa)