Erste CDU-Regionalkonferenz zur Merkel-Nachfolge: Drei Kandidaten - und jeder hat irgendwie gewonnen
Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz, Jens Spahn - die Kandidaten für Merkels Nachfolge als CDU-Vorsitzende stellten sich in Lübeck vor.
Friedrich Merz erntet dezenten Spott. Er hat aber auch wirklich dick aufgetragen. Am Donnerstagabend steht Merz in einer alten Werfthalle in Lübeck und freut sich über sich selbst. „Es macht richtig Spaß“, sagt der Mann, der CDU-Chef werden will. Er merke jetzt, „was mir in den letzten Jahren auch ein bisschen gefehlt hat.“ Ein spöttisches „Ooooh“ geht durch den Saal. Ein Jahrzehnt aus der Politik aussteigen zum Geld verdienen und jetzt im Eiltempo zurückrobben – nö, ganz so einfach machen sie es ihm hier im Norden nicht.
Der Saal in der Kulturwerft Gollan ist proppenvoll. Gut 800 CDU-Mitglieder wollen die erste Regionalkonferenz erleben, auf der sich die drei Kandidaten um Angela Merkels Erbe der Basis vorstellen sollen. Der mecklenburgische Abgeordnete Philipp Amthor erzählt von Parteifreunden aus dem äußersten Osten seines Landes, die stundenlang unterwegs waren. Der einzigartige Dreikampf elektrisiert. Es herrsche „echte Aufbruchstimmung“ in der Partei, sagt der Gastgeber, Schleswig-Holsteins Landeschef Daniel Günther, und damit hat er einfach recht.
Der Wettkampf beginnt als Lotterie: Die Reihenfolge der Bewerbungsreden wird ausgelost. Niemand soll benachteiligt werden; die Moderatorin betont sogar, dass sie nicht CDU-Mitglied ist. Annegret Kramp-Karrenbauer fängt an, dann Merz, zuletzt Jens Spahn. Die Generalsekretärin wirbt mit ihrer Erfahrung und mit einem Friedensvorschlag: Kritiker und Befürworter von Merkels Flüchtlingskurs sollten sich zusammensetzen, ein Urteil über den Herbst 2015 finden und dann Schlüsse für die Zukunft ziehen.
Merz verbeugt sich vor Merkel - „Wir alle, und ich schließe mich da ausdrücklich mit ein, sind dankbar für diese 18 Jahre.“ - und tadelt Horst Seehofer: Dass die Vorsitzende der CDU „neben einem Rednerpult strammstehen gelassen wird“, sei kein Umgang in der Union. Spahn wird dazu später etwas spitz anmerken: „Ich hätte mir gewünscht, wir hätten Sie damals mit an Bord gehabt!“ Den stärksten Zwischenapplaus bekommt Merz für ein kühnes Versprechen: „Das traue ich mir zu, die AfD zu halbieren!“
Spahn verspricht das etwas weniger stürmisch auch, ansonsten aber vor allem einen Generationenwechsel. Das Publikum im Saal ist im Schnitt deutlich älter als der 38-Jährige. Es findet den Generationenwechsel, nach dem eher mageren Applaus zu schließen, nicht vordringlich.
"Ich bin, wie ich bin"
Die Fragerunde deckt ein weites Feld ab - vom Stellenwert der Vereinigungen über den Umgang mit dem Wolf bis zur Wehrpflicht. Dazu sagen alle drei, dass deren Aussetzung jetzt nicht mehr rückholbar sei. Überhaupt herrscht in den Sachfragen von Digitalisierung bis Steuerreform traute Einigkeit.
„Zur Vermeidung von Wiederholungen: Alles richtig“, wirft Merz einmal ein. Selbst die speziell für ihn etwas heikle Frage, wie sie drei es als Parteivorsitzende mit der Kanzlerin halten wollen, beantworten alle drei gleich: Nein, es gehe jetzt nur um den Parteivorsitz, und mit Merkel werde man zusammenarbeiten. Nur selten blitzt Wettbewerb auf. Als Kramp-Karrenbauer bekennt, dass sie sich beim Gedanken an selbstfahrende Autos noch nicht recht wohl fühlt, zeigt Spahn auf: „Die Kutscher haben auch gesagt: Es ist so schön hier auf dem Bock!“
Der letzte Fragesteller, ein junger Mann, versucht es geradeheraus: Ob ihm die drei nicht einfach mal sagen könnten, was sie von den anderen unterscheide? „Diesen Spaß werd' ich Ihnen nicht machen“, lacht Merz. „Ich bin, wie ich bin, Annegret ist, wie sie ist, und Herr Merz ist, wie er ist“, sagt Spahn.
Ach so: Wer hat gewonnen? Wenn es nach dem Applaus geht – jeder.