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CDU-Chefin Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer, Saarlands Ministerpräsidentin, bei der Pressekonferenz am Montag.
© Kay Nietfeld/dpa

Annegret Kramp-Karrenbauer: Und wieder ist die CDU der SPD voraus

Mit der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer als Generalsekretärin denkt Angela Merkel über sich selbst hinaus. Und setzt mit ihrer Partei den Ton. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wenn das kein Paukenschlag ist! Die Entscheidung von Angela Merkel für Annegret Kramp-Karrenbauer als Generalsekretärin der Christlich-Demokratischen Union setzt gleich zu Beginn der Wochen den Ton. Was bedeutet: In diesen Wochen ist noch mehr zu erwarten – von der Union.

Jedenfalls ist es nicht die SPD, auf die gerade alle schauen, und es ist nicht negativ, worüber alle berichten. Was in dieser Zeit beileibe keine Selbstverständlichkeit ist. Das Schrille der SPD hat zuletzt alles übertönt. Nun aber zeigt sich sogar der Wirtschaftsflügel der Union zufrieden. Das will etwas heißen: Kramp-Karrenbauer ist auch für die Vertreter der ökonomischen Orthodoxie annehmbar.

Wie das? Weil sie pragmatisch ist. Weil sie regiert, wie es den Menschen gut tut. Weil sie da keine Unterschiede macht. Die Frauen und Männer der Wirtschaft im Saarland anständig behandelt zu haben, kommt der scheidenden Ministerpräsidentin jetzt zugute. Ihr Ruf eilt ihr voraus. Dazu gehört, dass Annegret Kramp-Karrenbauer, kurz AKK, außerdem sozial gesinnt und digital gestimmt ist und nichts davon Neuland für sie bedeutet. Im Grunde, so muss man sagen, ist AKK perfekt vorbereitet und ausgebildet für alle Ämter, auch die, die da noch kommen mögen.

Ein/e Generalsekretär/in muss General und Generalist sein. Beides ist sie, in reichem Maß. Sie kennt sich mit so vielen Ressorts aus. Inneres, Familie, Frauen, Sport, Bildung, Kultur, Arbeit, Soziales, Prävention, für alles das war sie Ministerin. Ob im Kampf gegen Doping, für Volkshochschulen, oder in der Stärkung der deutsch-französischen kulturellen Zusammenarbeit – wenig ist ihr fremd. Und in der Partei ist AKK von allen Vertretern Merkels im Vorsitz noch die beliebteste. Warum? Weil sie christlich-demokratisch ist, und das ist ausnahmsweise mal keine Chiffre. Als Mitglied des Zentralkomitees der Katholiken ist sie vom Glauben und vom Gedanken getragen, dass Politik eine dienende Funktion hat. Politik ist, so gesehen, nicht links oder rechts, sondern gut oder schlecht für das Bewahren der Schöpfung.

Warnungen vor einem Rechtsruck

Die Warnungen aus den Ländern vor einem Rechtsruck der CDU – der wegen Merkels anhaltender Dominanz keine Substanz hat –, kommt der zukünftigen Generalsekretärin trotzdem nur recht. Vielmehr geht es um die Revitalisierung einer Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes, und die ist etwas fundamental anderes, wohlgemerkt, als rechte Politik. Die ist keine Alternative. Konservativ zu sein, kann auch vermeintlich linke Positionen bedeuten. Der größte Kapitalismuskritiker zum Beispiel ist der Papst.

In der CDU haben sich in den vergangenen Jahren sehr wenige Rechenschaft abgelegt, ob sie dem christlichen Anspruch in ihrem Namen gemäß handeln. Bis hinein in die Spitze. Aber das kann sich mit Merkels Auswahl ändern. Die Kanzlerin und CDU-Chefin hat sich entschieden, dem Sehnen Raum zu geben – und ein Gesicht. Das sagt alles für die Zukunft, personell wie in der Sache.

Denn gerade eine CDU, die sich im moderat-progressiven Sinne als sozial versteht, die sich rückbesinnt auf einen Konservativismus, der verändern will, um zu bewahren, kann allen anderen Parteien gefährlich werden. Den Grünen, weil jeder Schwarze in der Definition von AKK auch Grün ist; den Liberalen, weil eine solche Politik Liberalität erfordert; der SPD, weil es ums Christsoziale geht. Insofern ist AKK eine strategische Entscheidung. Wenn sie das neue Amt ausfüllt, warten die nächsten auf sie. Naheliegend ist das der CDU-Vorsitzenden, und wenn die Kohl-Doktrin weiter gilt, dann auch das Amt der Kanzlerin.

Merkel denkt über sich selbst hinaus, und wieder ist die CDU der SPD voraus: die erste Kanzlerin, die erste Frau an der Parteispitze, das erste weibliche Führungsduo. Die SPD dagegen wirkt, als kenne sie nur das alte Lied. Das ist, neben allem anderen, für sie keine gute Botschaft. Und die Woche fängt erst an.

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