Ungelöste Streitpunkte: UN-Klimakonferenz muss in die Verlängerung
Kurz vor Ende des Klimagipfels in Kattowitz sind zentrale Streitpunkte noch ungelöst. Deswegen müssen die Unterhändler mindestens bis Samstag weiterarbeiten.
Vor dem geplanten Ende der UN-Klimakonferenz in Polen an diesem Freitag haben Unterhändler und Minister bis in die Nacht über Textentwürfe beraten. Bis kurz vor Schluss waren zentrale Streitpunkte noch ungelöst. Deswegen gilt mittlerweile als sicher, dass die Konferenz in Kattowitz, zu der mehr als 30.000 Teilnehmer und Beobachter angereist sind, mindestens bis Samstag verlängert wird.
Das Treffen der 196 Staaten und der EU läuft seit knapp zwei Wochen. Ziel ist unter anderem ein Regelwerk für die praktische Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015. Damals wurde vereinbart, dass die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzt werden soll, möglichst sogar auf 1,5 Grad. Die zugesagten Maßnahmen der Staaten reichen dafür bei weitem nicht aus.
Ein Konflikt auf der Konferenz ist, dass die ärmeren und vom Klimawandel besonders betroffenen Staaten verlässliche und längerfristige Finanzzusagen wollen. Zudem fordern sie eine öffentlich sichtbare Anerkennung der Schäden, die Klimawandel-Folgen wie Hitze, Dürre oder Überschwemmungen anrichten. Gestritten wird auch um ein klares Bekenntnis zum 1,5-Grad-Ziel, das ein radikales Umsteuern erfordern würde.
Der deutsche Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber beklagte die Tatenlosigkeit vieler Staaten im Kampf gegen die Erderhitzung. „Das Defizit ist irrsinnig. Kaum ein Staat tut genug. Wir fahren diesen Planeten gerade an die Wand“, sagte der Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Bezahlen dafür würden die jungen Leute, speziell in den verletzlichsten Gesellschaften weltweit. „Jungen Leuten, die ich treffe, sage ich: Eure Zukunft wird euch gerade gestohlen - seid ihr nicht zornig, seid ihr nicht ärgerlich?“
Schellnhuber zweifelt auch daran, ob die großen jährlichen UN-Konferenzen noch Sinn ergeben. Denn in Richtung einer Senkung der Treibhausgas-Emissionen sei viel zu wenig geschehen. „Das Format der Klimakonferenzen läuft sich möglicherweise tot“, bilanzierte er.
Deutschland könnte aus Sicht Schellnhubers mehr tun. „Wenn es ein Land gibt, dass ökonomisch und technologisch in der Lage zu einem ökologischen Umbau wäre, dann doch ganz sicher Deutschland mit seiner Vollbeschäftigung und den Überschüssen in der Staatskasse.“
Die Folgen des Klimawandels in anderen Ländern können dem Umweltbundesamt (UBA) zufolge Deutschlands Wirtschaft schwer treffen. Die Behörde hat Klimarisiken im Rahmen der internationalen Handelsbeziehungen untersucht. Die Risiken aus Klimafolgen im Ausland seien für die deutsche Wirtschaft mindestens so groß sein wie aus jenen im Inland, lautet die Schlussfolgerung.
UBA-Präsidentin Maria Krautzberger sagte: „Auswirkungen in anderen Weltregionen können auch bei uns mit erheblichen wirtschaftlichen Schäden durchschlagen - zum Beispiel wenn extreme Wetterereignisse Infrastrukturen und Handelswege beschädigen, die landwirtschaftliche Produktion beeinträchtigen oder gar ganze Ernten vernichten.“
Eine Protestaktion mit dem Motto „Schulstreik fürs Klima“ der schwedischen Aktivistin Greta Thunberg wollen an diesem Freitag auch deutsche Schüler folgen. Statt zur Schule zu gehen protestiert die 15-Jährige seit Monaten immer freitags gegen den Klimawandel. Zum Endspurt der UN-Klimakonferenz rief Thunberg nun zu einem internationalen Schulstreik auf. Proteste waren unter anderem in Berlin, Hamburg, München und Köln geplant. (dpa, Reuters)