Drohende Schließung von Anlaufstellen: Umbau der Stasi-Unterlagenbehörde stößt auf Kritik
Soll die Stasi-Unterlagenbehörde umgebaut werden? Daran scheiden sich die Geister. Vor allem in Ostdeutschland gibt es Vorbehalte gegen die geplanten Einschnitte.
Die geplante Umstrukturierung der Stasi-Unterlagenbehörde stößt in Ostdeutschland auf Kritik. Vor allem gegen die mögliche Schließung von sieben der bisher zwölf Außenstellen gibt es Bedenken. Einige Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen warnen vor möglichen Rückschritten. Die Bundesstiftung Aufarbeitung äußerte sich zudem skeptisch gegenüber der möglichen Berufung eines Bundesbeauftragten für SED-Opfer.
Die Empfehlungen der Expertenkommission zur Zukunft der Stasi-Unterlagenbehörde waren Mitte März im Kulturausschuss des Bundestages nichtöffentlich vorgestellt worden. Die Kommission wird demnach voraussichtlich die Berufung eines Bundesbeauftragten für SED-Opfer, die Zuordnung der Stasi-Akten zum Bundesarchiv und die Umwandlung der Forschungsabteilung der Behörde in ein Institut vorschlagen. Zudem solle es nur noch eine Außenstelle in jedem ostdeutschen Bundesland geben, hieß es. Die konkreten Empfehlungen sollen im April veröffentlicht werden.
Für Berlin würde sich nichts ändern
Sollten die bislang bekanntgewordenen voraussichtlichen Empfehlungen zutreffen, würde sich für Brandenburg und Berlin nichts ändern. „In Thüringen, Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern würden aber zwei Drittel der Außenstellen geschlossen“, sagte der sächsische Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Lutz Rathenow, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dies sei eine Benachteiligung von Regionen, die besonders unter den Repressionen des DDR-Regimes gelitten hätten.
Der Zugang zu Stasi-Akten und Auskunftsmöglichkeiten dürften keinesfalls eingeschränkt werden, forderte Sachsen-Anhalts Landesbeauftragte Birgit Neumann-Becker. Pläne, wonach nur noch eine Außenstelle der Bundesbehörde in jedem ostdeutschen Bundesland bestehen bleiben könnte, bezeichnete sie als schwierig. Zu befürchten sei, dass dies zu längeren Anfahrtswegen für Besucher führen könne. Nötig sei vor allem, die Akten in guter Qualität und schneller als bisher zugänglich zu machen. Die Wartezeit auf Akteneinsicht von derzeit bis zu drei Jahren sei nicht zumutbar.
Für eine deutlich schnellere Akteneinsicht sprach sich auch Mecklenburg-Vorpommerns Landesbeauftragte Anne Drescher aus. Sie begrüßte zugleich den Vorschlag, die Archiv-Außenstellen der Stasi-Unterlagenbehörden an einem zentralen Standort je Bundesland zusammen zu legen. Dadurch sei mit Synergieeffekten und Kosteneinsparungen zu rechnen. Für die Antragsteller ändere sich durch die Schließung bisheriger Außenstellen wenig. Schon jetzt würden in der Regel Kopien zugesandt und die Akten nicht persönlich in den zumeist sehr abgelegenen Standorten der Außenstellen eingesehen.
Verkraftet die Auseinandersetzung so viel Zentralisierung?
Die mögliche Auflösung der bisherigen Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen stieß vor allem bei der Bundesstiftung Aufarbeitung auf Skepsis. Geschäftsführerin Anna Kaminsky sprach sich auch gegen ein mögliches neues Amt eines Bundesbeauftragten für SED-Opfer aus. Eine solche Position sei „wenig überzeugend“, sagte Kaminsky. Die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur müsse „dezentralisiert und in der Fläche stabilisiert“ werden, statt sie zu zentralisieren.
Der Thüringer Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, Christian Dietrich, sagte, die bisherige Behörde sei durch die Tätigkeit ihrer Leiter Joachim Gauck, Marianne Birthler und Roland Jahn öffentlich wirksam gewesen. Jahn müsse deshalb auch bei einer Neuregelung eine Leitungsaufgabe behalten. Brandenburgs Aufarbeitungsbeauftragte Ulrike Poppe wollte sich nicht vor der Veröffentlichung der endgültigen Empfehlungen dazu äußern. epd