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Im spektakulären Steuerprozess gegen den Präsidenten des FC Bayern München ist das Urteil gefallen. Uli Hoeneß soll für drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis.
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Urteil gegen FC-Bayern-Präsidenten: Uli Hoeneß ist schuldig: Drei Jahre und sechs Monate Haft

Im spektakulären Steuerprozess gegen den Präsidenten des FC Bayern München ist das Urteil gefallen. Uli Hoeneß soll für drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel begrüßt das Urteil.

Bayern-Präsident Uli Hoeneß ist schuldig. Das Landgericht München II stufte seine Selbstanzeige zu einem Schweizer Konto am Donnerstag als ungültig ein und befand ihn der Steuerhinterziehung in sieben Fällen für schuldig. Am Ende standen zwei Extrempositionen: Die Anklage hatte in ihrem Plädoyer fünfeinhalb Jahre Gefängnis für den Steuerhinterzieher Hoeneß gefordert. Die Verteidigung hielt höchstens eine Bewährungsstrafe für angemessen. Dreh- und Angelpunkt war die Frage, ob Hoeneß' Selbstanzeige wirksam war oder nicht.

Uli Hoeneß muss aber nicht sofort in Haft. Der Anwalt des zu einer Haftstrafe verurteilten Hoeneß will Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. „Wir werden das Urteil natürlich mit dem Rechtsmittel der Revision angreifen“, sagte Hanns Feigen. Nächste Instanz ist der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Bis zu einer Entscheidung des BGH ist das Münchener Urteil auch noch nicht rechtskräftig. Auf jeden Fall wird Hoeneß seine Steuerschuld begleichen müssen. Zu den schon gezahlten zehn Millionen Euro kommen noch 17,2 Millionen. Ob er Präsident des FC Bayern bleiben kann, scheint nun mehr als fraglich. Der Aufsichtsrat der FC Bayern München AG werde kurzfristig zu einer Beratung zusammenkommen und dann zeitnah über das Ergebnis seiner Beratungen informieren, teilt der Autobauer Audi mit. Audi-Chef Rupert Stadler ist einer der beiden Vizechefs des Aufsichtsrats, dem Hoeneß vorsitzt. Laut Prozessbeobachter nahm Hoeneß den Urteilsspruch mit gesenktem Kopf, nahezu regungslos auf. „Na, begeistert war er nicht“, kommentierte Hoeneß-Anwalt Feigen.

Sigmar Gabriel begrüßt das Hoeneß-Urteil

Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel hat unterdessen das Urteil im Steuer-Prozess gegen Uli Hoeneß begrüßt. „Der Rechtsstaat funktioniert. Ich hoffe, dass wir jetzt im Kampf gegen Steuerhinterziehung eine neue Qualität erreichen, sagte der SPD-Vorsitzende. Bayern-Präsident Hoeneß war am Freitag vom Münchner Landgericht zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Dass Millionen-Gewinne aus Spekulationsgeschäften in die Schweiz verschoben und nicht versteuert würden, sei zu einem regelrechten Geschäftsmodell geworden, klagte Gabriel. Man müsse die Schweizer Banken deshalb zwingen, alles offen zu legen. Noch besser wäre es, wenn „einige der Bankvorstände, die derartige Beihilfe zur millionenfachen Steuerhinterziehung leisten, genauso vor Gericht stehen würden“, erklärte Gabriel.

FC Bayern: Vereinsgremien kommen zur kurzfristigen Beratung zusammen

Der FC Bayern München hat nach dem Urteil gegen Uli Hoeneß eine kurzfristige Beratung der wichtigsten Gremien angesetzt. Wie der deutsche Fußball-Rekordmeister am Donnerstag mitteilte, werden die entsprechenden Gremien des Vereins und der Aktiengesellschaft, also Präsidium, Verwaltungsbeirat und Aufsichtsrat, zusammenkommen. Zeitnah, aber nicht vor dem Freitag, werde man über das Ergebnis informieren.

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sagte dem Tagesspiegel, er halte das Urteil für „gerecht“. Die strafmildernden Umstände seien berücksichtigt worden. Die Strafe sei für Hoeneß „eine gute Brücke, um in die Steuerehrlichkeit zurückzufinden“.

Für den Steuerbürger gehe von dem Urteil das Signal aus, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt sei und dass der Rechtsstaat auch bei Prominenten kein Auge zudrücke.

Bei Politikern quer durch alle Lager ist das Urteil auf Zustimmung gestoßen.

Muss ins Gefängnis: Bayern-Präsident Uli Hoeneß.
Muss ins Gefängnis: Bayern-Präsident Uli Hoeneß.
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Der Deutsche Fußball-Bund hält sich mit einer öffentlichen Bewertung des Urteils im Steuerprozess gegen Uli Hoeneß zurück. „Die Dimension des gesamten Vorgangs, wie er in den letzten Tagen publik wurde, hat auch uns als DFB überrascht“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach am Donnerstag und betonte: „Die großen Verdienste von Uli Hoeneß für Bayern München und den gesamten deutschen Fußball bleiben unabhängig von diesem Prozess bestehen. Die juristische Beurteilung können in einem solchen Fall aber ausschließlich die Gerichte vornehmen, und da muss für Uli Hoeneß das gleiche Recht wie für jeden anderen gelten.“ Hoeneß wurde wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.

Bei Politikern quer durch alle Lager ist das Urteil auf Zustimmung gestoßen. „Ich halte es für absolut richtig, dass das Urteil so gefallen ist“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Tageszeitung „Rheinischen Post“. Die stellvertretende Vorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht erklärte: „Das ist ein guter Tag für den Rechtsstaat.“ Vize-FDP-Chef Wolfgang Kubicki teilte mit, er halte den Richterspruch für angemessen.

SPD-Vize-Fraktionschef Carsten Schneider erklärte, das Urteil zeige, dass der Rechtsstaat funktioniere. Der CDU-Finanzpolitiker Michael Meister wertete es als Beitrag im Kampf gegen Steuerkriminalität. „Das Urteil wird die Steuermoral der Bürger stärken. Es zeigt, dass es sich nicht lohnt, Steuern zu hinterziehen“, sagte der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium der „Rheinischen Post“.

Die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast, hält das Urteil im Steuerprozess gegen Uli Hoeneß für richtig. „Die Haftstrafe ohne Bewährung war unausweichlich. Angesichts der riesigen Summen konnte das Gericht nicht anders entscheiden“, sagte die Grünen-Politikerin am Donnerstag. „Vor dem Gesetz sind alle gleich. Trotz des ungeheuren Rummels, das Gericht hat seine Aufgabe im Rechtsstaat erfüllt“, sagte Künast Der stellvertretende SPD-Chef Ralf Stegner äußert sich über den Richterspruch zufrieden. “Das Urteil aus München wirkt gerecht, weil es um erhebliche Kriminalität gegen das Gemeinwesen geht und Tat nicht strittig ist“, erklärt er auf Twitter.

„Gott liebt auch Steuersünder“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat auf die menschliche Dimension der Verurteilung von Hoeneß zu dreieinhalb Jahren Haft hingewiesen. „Ich bin zuallerst menschlich betroffen, weil eine Freiheitsstrafe natürlich für jeden Menschen, und damit auch für Uli Hoeneß, ein gravierender Eingriff ist“, sagte Seehofer am Rande der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin.

Als Politiker und Ministerpräsident habe er das Ergebnis eines rechtsstaatlichen Prozesses zu respektieren. Auf die Frage, ob Hoeneß als Präsident und Aufsichtsratschef von Bayern München noch tragbar sei, betonte Seehofer, nun werde der Verein erst einmal selbst diskutieren und entscheiden. „Ich möchte das als Ministerpräsident nicht begleiten.“

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, warnte vor Häme und Schadenfreude. „Eines Menschen Straftaten zu ahnden, darf nicht dazu führen, den Menschen selbst zu verdammen“, schrieb Manfred Rekowski in seinem Blog. Der Beitrag trägt den Titel „Gott liebt auch Steuersünder.“

Gültigkeit der Selbstanzeige als Knackpunkt der Gerichtsverhandlung

Richter Rupert Heindl.
Richter Rupert Heindl.
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Der Verteidiger des Präsidenten des FC Bayern München, Hanns W. Feigen, sagte am Donnerstag, auch falls das Gericht Hoeneß' Selbstanzeige für nicht wirksam halte, sei eine Bewährungsstrafe „tat- und schuldangemessen“. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten gefordert. „Die Tat wird überlagert von einer vollständigen Rückkehr zur Steuerehrlichkeit“, sagte Anwalt Feigen. „Die Stunde Null dieses Verfahrens ist der 17. Januar 2013. Das war die Rückkehr des Herrn Hoeneß zur Steuerehrlichkeit.“ Es gebe bisher keine Urteile, wie mit einer solchen fehlgeschlagenen Selbstanzeige umzugehen sei. Es sei zu prüfen, warum die Selbstanzeige fehlgeschlagen sei. Das sei nicht die Schuld von Hoeneß gewesen, die Selbstanzeige sei von Beratern erstellt worden. Es wäre besser gewesen, wegen diverser Unklarheiten eine Schätzung vorzunehmen.

Feigen sagte weiter, die von Hoeneß am 17. Januar 2013 abgegebene Selbstanzeige erfülle inhaltlich alle Voraussetzungen, die der Gesetzgeber und der Bundesgerichtshof verlangten.

Es sei bei der Abgabe lediglich ein Formulierungsfehler unterlaufen. Selbst wenn das Gericht die Selbstanzeige deshalb für unwirksam halte, scheide aber eine Haftstrafe ohne Bewährung aus. Auch sei der Haftbefehl gegen Hoeneß aufzuheben, forderte Feigen.

Keine "gewichtigen Milderungsgründe"

Staatsanwalt Achim von Engel sagte dagegen in seinem Plädoyer, Hoeneß sei der Steuerhinterziehung überführt. Die von ihm Anfang 2013 eingereichte Selbstanzeige sei unvollständig gewesen und damit unwirksam. Eine Selbstanzeige müsse zumindest so viele Angaben erhalten wie eine Steuererklärung. „Das ist bis heute nicht der Fall“, betonte von Engel. Für Hoeneß spreche zwar, dass er ein Geständnis abgelegt habe, nicht vorbestraft sei und unter einer großen psychischen Belastung stehe. Das Prozess habe einen „gewaltigen medialen Wirbelsturm“ ausgelöst, Hoeneß habe öffentlich am Pranger gestanden. Gewichtige Milderungsgründe, die eine Bewährungsstrafe rechtfertigen würden, seien das aber nicht.

Engel sagte in seinem Plädoyer, Hoeneß habe sich in den Jahren vor seiner Selbstanzeige nicht von den auftauchenden Steuer-CDs oder prominenten anderen Fällen aufschrecken lassen. Auch als bereits im Frühjahr 2012 das Scheitern des für seine Rückkehr in die Legalität nötigen Deutsch-Schweizer Steuerabkommens absehbar gewesen sei, habe er nichts unternommen. Erst als ihm im Januar 2013 Recherchen des „Stern“ zu seinem Schweizer Konto bekannt geworden seien, habe er sich zur Selbstanzeige entschlossen. Hoeneß sei zudem nach den Worten seines Steuerberaters am 15. Januar 2013 „mehr als nachdenklich“ aus einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gekommen, hieß es in einem Dokument, das der Staatsanwalt verlesen ließ. Für die binnen kürzester Zeit erstellte Selbstanzeige sei es aber nicht möglich gewesen, die nötigen Unterlagen zusammenzustellen. Die Selbstanzeige sei gescheitert, „weil der Angeklagte in einer Nacht aus Angst vor Entdeckung einen Schnellschuss wagte“, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Die Verteidigung hielt die von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafe „in der Oktave für völlig verfehlt“. Auch die Anklagebehörde habe festgehalten, „dass ohne die Selbstanzeige die Ermittlungen der Behörden ergebnislos verlaufen wären“, sagte Feigen. Der Verteidiger hob bei der Bewertung der Straftaten auch auf die Lebensleistung von Hoeneß ab. Er habe sich abgesehen von der Steuertat „mustergültig“ in seinem Leben verhalten. Zudem habe Hoeneß „stets ein Herz für andere gezeigt“. Dabei gehe es auch um viele kleine Spenden. „Er hat stets dort geholfen, wo Not am Mann war“ - und dies auch in den Jahren, in denen er mit seinen Zockereien hohe Verluste gemacht habe. Feigen erwähnte auch, wie Hoeneß dem alkoholkranken Rekord-Nationalstürmer Gerd Müller half.

Hoeneß selbst gab sich wortkarg: „Ich habe dem Vortrag von meinem Verteidiger nichts hinzuzufügen. Er hat alles gesagt, was ich nicht besser hätte formulieren können“, erklärte Hoeneß in seinem Schlusswort. Er legte seiner Frau Susi die Hand auf den Arm, als er den Saal 134 im Münchner Justizpalast verließ.

Die Staatsanwaltschaft war in ihrer Anklage von 3,5 Millionen Euro hinterzogenen Steuern ausgegangen. Im Laufe des Prozesses vervielfachte sich die Summe aufgrund neuer Unterlagen auf 27,2 Millionen Euro. (TSP mit dpa/AFP)

Lesen Sie hier auch den Kommentar von Lutz Haverkamp "Der Ex-Präsident".

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