Russische Invasion in den nächsten Tagen?: Ukrainischer Präsident wundert sich über Warnungen der USA
Die USA sehen Anzeichen für einen kurz bevorstehenden Angriff Russlands auf die Ukraine. Deren Präsident Selenskyj aber warnt vor Panikmache.
Nach neuerlichen US-amerikanischen Warnungen vor einer möglichen russischen Invasion der Ukraine in der kommenden Woche hat sich Kiew verwundert gezeigt. „Falls Sie oder jemand anderes zusätzliche Informationen über einen 100-prozentigen Einmarsch am 16. (Februar) haben, dann geben Sie uns bitte diese Information“, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Samstag Journalisten. Kiew sei sich dessen bewusst, dass es Risiken gebe.
Dennoch würde es im öffentlichen Raum zu viele Berichte über einen großen Krieg Russlands gegen die Ukraine geben. Kiew sei zwar auf alles vorbereitet. Doch: „Der beste Freund für die Feinde ist Panik in unserem Land“, richtete Selenskyj sich auf Englisch an westliche Journalisten. All diese Informationen würden nur Panik schüren und der Ukraine nicht helfen.
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Am Vortag hatten verschärfte Warnungen aus Washington vor einem möglichen russischen Angriff auf die Ukraine international Unruhe ausgelöst. Wie zuvor bereits zahlreiche andere westliche Staaten forderte auch die Bundesregierung am Samstag Deutsche auf, das Land zu verlassen.
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Seit Wochen ist in westlichen Berichten von einem russischen Truppenaufmarsch nahe der ukrainischen Grenzen die Rede. Der Kreml weist Einmarschpläne regelmäßig von sich und spricht von „Kriegshysterie“. In der Ukraine wurde bislang weder mobil gemacht noch der Kriegszustand ausgerufen.
Russland wirft USA „provokative Ziele“ vor
Russland hat den USA vorgeworfen, mit Warnungen vor einer russischen Aggression im Ukraine-Konflikt die Kriegsgefahr selbst zu erhöhen. Die „Propaganda-Kampagne“ der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten verfolge „provokative Ziele“, teilte Moskau nach einem Telefonat von Außenminister Sergej Lawrow und seinem US-Kollegen Antony Blinken am Samstag mit. Kiew werde zu „einer Sabotage der Minsker Vereinbarungen und schädlichen Versuchen einer militärischen Lösung des „Donbass-Problems ermutigt“, hieß es.
Russland wirft der Ukraine immer wieder vor, seine Verpflichtungen aus dem 2015 im belarussischen Minsk beschlossenen Friedensplan für die Ostukraine nicht zu erfüllen. Anders als der Westen sieht Russland eine Kriegsgefahr zudem eher von ukrainischer Seite und befürchtet, dass diese versuchen könnte, die abtrünnigen Gebiete in Luhansk und Donzek mit Gewalt zurückzuholen. (dpa)