zum Hauptinhalt
Der Ministerpräsident der Türkei, Binali Yildirim
© dpa/Pool Prime Ministry Press Service
Update

Journalist ein Jahr in türkischer Haft: Türkischer Ministerpräsident spricht sich für Freilassung Yücels aus

Vor seinem Deutschland-Besuch kündigt der türkische Regierungschef Yildirim eine Entwicklung im Fall des inhaftierten Deniz Yücel an. Auch Außenminister Gabriel ist optimistisch.

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim hat sich für eine rasche Freilassung des inhaftierten "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel ausgesprochen. "Ich hoffe, dass er in kurzer Zeit freigelassen wird. Ich bin der Meinung, dass es in kurzer Zeit eine Entwicklung geben wird", sagte Yildirim in einem Interview mit den ARD-"Tagesthemen", das am Mittwochabend gesendet werden sollte. Allerdings entscheide nicht die Regierung, sondern die Justiz über Yücels Fall, sagte der Regierungschef, der am Donnerstag nach Berlin kommt.

Auch Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) erwartet eine baldige Gerichtsentscheidung im Fall des seit einem Jahr in der Türkei inhaftierten „Welt“-Korrespondenten. „Und ich hoffe natürlich, dass die positiv für Deniz Yücel ausgeht“, sagte Gabriel am Mittwoch bei einem Besuch in Belgrad weiter. „Wir haben alles dafür getan in den letzten Tagen und Wochen durch persönliche Gespräche, das Verfahren zu beschleunigen.“ Er habe in den vergangenen Tagen und Wochen mehrere Gespräche mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu über den Fall geführt. Der türkische Ministerpräsident Yildrim habe „nur das bestätigt, was seit Tagen passiert und Wochen“, sagte Gabriel. Deutschland habe immer wieder darum gebeten, dass die unabhängige Gerichtsentscheidung in der Türkei vorangetrieben wird. „Die Ankündigung des Premierministers zeigt, dass diese Gespräche offensichtlich erfolgversprechend sind“, sagte Gabriel.

Der deutsch-türkische Journalist sitzt am Mittwoch seit einem Jahr in Haft. Bis heute gibt es keine Anklageschrift gegen den 44-Jährigen, auch ein Prozessbeginn ist nicht in Sicht. Bei der Bundesregierung stößt dies auf Unverständnis und scharfe Kritik. gmar Gabriel hatte Yücel als "Geisel" der Türkei bezeichnet, und die Regierung hat eine Verbesserung der Beziehungen von der Freilassung des Journalisten abhängig gemacht.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sicherte bereits Anfang Januar vor einem Besuch bei Gabriel zu, sich für die Beschleunigung des Verfahrens einzusetzen. Seitdem ist jedoch nichts passiert. Die Regierung beharrt seit Anbeginn auf der Unabhängigkeit der Justiz, doch bestehen Zweifel, dass sie tatsächlich frei entscheiden kann, nachdem Präsident Recep Tayyip Erdogan Yücel als deutschen Spion und kurdischen Agenten bezeichnet hat.

Der Fall dürfte auch Thema sein, wenn Yildirim am Donnerstag von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfangen wird. Der türkische Regierungschef nimmt anschließend an der Münchner Sicherheitskonferenz teil.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth forderte die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel auf, beim Besuch von Yildirim den Fall Yücel anzusprechen. Merkel müsse deutlich machen, „dass die anhaltende Haft ohne Anklage und der Abbau des Rechtsstaats in der Türkei nicht akzeptabel sind“, sagte die Grünen-Politikerin der „Frankfurter Rundschau“.

Demonstration für die Freilassung Deniz Yücels
Demonstration für die Freilassung Deniz Yücels
© dpa/Andreas Arnold

Politiker dringen auf Freilassung

Auch weitere deutsche Politiker forderten die Freilassung des Yücels. "Eine Normalisierung der deutsch-türkischen Beziehungen ist ohne rechtstaatliches Verfahren und Freilassung für Deniz Yücel undenkbar", sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es sei unverständlich, dass auch nach einem Jahr noch keine Anklageschrift gegen Yücel vorliege. Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber forderte in diesem Zusammenhang ein Ende des EU-Beitrittsprozesses der Türkei. "Genau ein Jahr sitzt Deniz Yücel ohne Anklage im Gefängnis. Das ist ein inakzeptabler Zustand", sagte er dem RND.

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sprach sich für klare Signale an die Adresse des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan aus. „In erster Linie dient die andauernde Inhaftierung von Yücel der türkischen Regierung als Faustpfand, um auf anderen Feldern der Zusammenarbeit Zugeständnisse zu erpressen, wie der Auslieferung von angeblichen Terroristen und Beteiligten am Putschversuch“, sagte Kiesewetter der „Heilbronner Stimme“.

Nach einer Statistik der türkischen Nichtregierungsorganisation P24, einer „Plattform für unabhängigen Journalismus“, sitzen in der Türkei mehr als 150 Journalisten im Gefängnis. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt der EU-Beitrittskandidat Türkei auf Platz 155 von 180. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat dagegen erst im vergangenen Monat wieder erklärt, sein Land sei Vorreiter der Pressefreiheit. (AFP, dpa)

Zur Startseite