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US-Präsident Donald Trump verkündete am Mittwoch, dass er die Sanktionen gegen die Türkei aufhebt, weil sie einen dauerhaften Waffenstillstand einhalten will.
© imago images/ZUMA Press

Trump reklamiert Waffenruhe-Erfolg für sich: Türkische Streitkräfte stoppen Offensive in Nordsyrien

Der US-Präsident hat der Türkei den Syrien-Einmarsch ermöglicht. Das Ende der Offensive schreibt er sich selbst zu - und hebt die Türkei-Sanktionen auf.

Die Türkei hat nach Angaben von US-Präsident Donald Trump eine dauerhafte Waffenruhe in Nordsyrien verkündet. Trump sagte am Mittwoch im Weißen Haus, die türkische Regierung habe seine Regierung darüber informiert, dass sie den derzeit zeitlich begrenzten Waffenstillstand „dauerhaft“ machen werde. Die türkischen Streitkräfte würden ihre Offensive in Nordsyrien stoppen.

Trump kündigte zudem an, dass die vergangene Woche wegen der Offensive gegen die Türkei verhängten US-Sanktionen wieder aufgehoben würden. Falls die Türkei ihren Verpflichtungen allerdings nicht nachkommen werde, könnten die Sanktionen wieder eingeführt und deutlich verschärft werden. Der US-Präsident nannte dabei ausdrücklich den Schutz religiöser und ethnischer Minderheiten.

Trump hatte der am 9. Oktober begonnenen türkischen Offensive durch den Abzug von US-Truppen aus Nordsyrien den Weg bereitet. Die Operation der Türkei richtete sich gegen die Kurdenmiliz YPG, die ein Verbündeter der US-Streitkräfte im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) war. Trump war vorgeworfen worden, die YPG im Stich gelassen zu haben. Der Präsident argumentierte, er wolle die US-Soldaten aus den „endlosen Kriegen“ abziehen.

Trump sagte am Mittwoch: „Lasst jemand anderen um diesen seit langem blutgetränkten Sand kämpfen.“ Er nahm für die USA in Anspruch, nun den „Durchbruch für eine bessere Zukunft für Syrien und den Nahen Osten“ erzielt zu haben. „Das ist ein Ergebnis, das von uns, den Vereinigten Staaten, und von keiner anderen Nation erzielt wurde.“ Er fügte hinzu: „Zahllose Leben werden jetzt als Ergebnis unserer Verhandlungen mit der Türkei gerettet. Ein Ergebnis, das erzielt wurde, ohne einen Tropfen amerikanischen Blutes zu vergießen.“

Die Kurden danken Trump

US-Vizepräsident Mike Pence hatte vergangene Woche in Ankara einen temporären Waffenstillstand ausgehandelt, der einen Rückzug der YPG aus dem Grenzgebiet vorsah. Am Dienstagabend vereinbarten der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der russische Präsident Wladimir Putin eine gemeinsame Kontrolle der nordsyrischen Grenzgebiete. Sie drohten der YPG mit Angriffen, falls diese nicht aus dem Grenzgebiet abziehen sollte. Einheiten der russischen Militärpolizei rückten am Mittwoch Richtung Nordostsyrien vor.

Trump sagte, er habe auch mit dem Kommandeur der von der YPG dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, gesprochen. Maslum sei „dankbar“ für das Engagement der USA. „Wir haben die Leben vieler, vieler Kurden gerettet.“ Trump schrieb auf Twitter, er freue sich auf ein baldiges Treffen mit General Maslum. Nähere Einzelheiten zu einer möglichen Zusammenkunft nannte er nicht.

Die syrischen Kurden lobten Trumps Rolle bei der Vereinbarung einer Waffenruhe im Norden des Landes. „Wir danken Präsident Trump für seine unermüdlichen Bemühungen“, die den „brutalen Angriff“ der Türkei und „dschihadistischer Gruppen“ gestoppt haben“, erklärte Maslum nach Angaben von SDF-Sprecher Mustafa Bali. Demnach sagte Maslum weiter, Trump habe ein Festhalten an der Partnerschaft mit den SDF sowie langfristige Unterstützung versprochen.

Trump sagte, auch andere Staaten hätten ihre Unterstützung in Nordsyrien angeboten. „Und wir denken, dass das großartig ist.“ Trump nannte keine Länder namentlich. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hatte am Montag in einem dpa-Interview überraschend eine Sicherheitszone in Nordsyrien im Grenzgebiet zur Türkei vorgeschlagen, die bis zu 450 Kilometer lang und 30 Kilometer breit sein könnte. Am Mittwoch erläuterte die Ministerin, sie wolle diese Zone von einer UN-Truppe schützen lassen.

Im Verteidigungsausschuss des Bundestags sagte die CDU-Vorsitzende am Mittwoch nach Angaben von Teilnehmern, dass es für den Einsatz ein Mandat der Vereinten Nationen geben müsse und die Truppe auch von den UN geführt werden sollte. Inwieweit die Bundeswehr sich daran beteiligen könnte, ließ sie demnach aber offen. Für ein UN-Mandat ist die Zustimmung Russlands im Sicherheitsrat notwendig.

Trump sagte am Mittwoch: „Durch die Schritte, die wir unternommen haben, erreichen wir eine viel friedlichere und stabilere Gegend zwischen der Türkei und Syrien, einschließlich einer 20 Meilen (32 Kilometer) breiten Sicherheitszone.“ Er fügte hinzu, die Ölfelder im Osten Syriens seien durch die USA gesichert worden. „Und deshalb wird eine kleine Anzahl von US-Truppen in den Gegenden bleiben, wo sie das Öl haben. Und wir werden es beschützen und wir werden entscheiden, was wir damit in Zukunft machen werden.“

Trump sagte, SDF-Kommandeur Maslum habe ihm versichert, dass die gefangenen IS-Kämpfer in Nordsyrien weiterhin unter Kontrolle seien. Nur verhältnismäßig wenige IS-Kämpfer seien entkommen. „Und sie sind mehrheitlich wieder gefasst worden.“ Der US-Sonderbeauftragte für die Anti-IS-Koalition, James Jeffrey, sagte dagegen am Mittwoch im US-Repräsentantenhaus, mehr als 100 IS-Angehörige seien entkommen. „Wir wissen nicht, wo sie sind.“

Wegen der türkischen Offensive hatte die US-Regierung am Montag vergangener Woche zwei Ministerien und drei Minister in der Türkei mit Sanktionen belegt und weitere Schritte angedroht. Wegen der „destabilisierenden Handlungen der Türkei in Nordost-Syrien“ wurden auch Strafzölle auf Stahlimporte aus der Türkei auf 50 Prozent angehoben. Trump hatte außerdem angekündigt, Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit der Türkei abzubrechen.

Die russisch-türkische Vereinbarung vom Dienstagabend läuft ebenfalls auf einen Stopp der Kämpfe im Grenzgebiet heraus. Die USA spielen bei dieser Vereinbarung allerdings keine Rolle mehr. Putin unterstützt den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, er unterhält aber auch gute Beziehungen zu Erdogan. Putin und Erdogan vereinbarten zudem, dass nach dem Abzug der YPG gemeinsame Patrouillen in einem zehn Kilometer tiefen Grenzstreifen beginnen sollen. In dem Gebiet zwischen den Städten Tall Abjad und Ras al-Ain soll der „Status quo“ erhalten bleiben. Dort war die Türkei einmarschiert.

Die Türkei sieht in der YPG den syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die PKK steht in der Türkei, aber auch in der EU und in den USA auf der Liste der Terrororganisationen. (dpa)

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