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Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu am Samstag bei seiner Ankunft zum Treffen der Nato-Außenminister.
© John MACDOUGALL / AFP)

Finnland und Schweden unterstützten „Terrororganisationen“: Türkei äußert Bedenken gegen Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens

In Berlin kommen die Nato-Außenminister zu informellen Beratungen zusammen. Die Türkei zeigt sich zurückhaltend bezüglich der Erweiterungspläne.

Die Türkei hat ihre Vorbehalte gegen eine Aufnahme Finnlands und Schwedens in die Nato bekräftigt, aber Gesprächsbereitschaft signalisiert. Sein Land sei immer für eine „Politik der offenen Tür“ gewesen, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Samstagabend zum Auftakt von informellen Beratungen mit den anderen Außenministern der Bündnisstaaten in Berlin.

Finnland und Schweden unterstützten aber „Terrororganisationen“ wie die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Kurdenmiliz YPG in Syrien.

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Bereits am Vortag hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan gesagt, skandinavische Länder seien geradezu „Gasthäuser für Terrororganisationen“. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich irritiert über die Positionierung der Türkei.

Russlands Präsident Wladimir Putin drohte Finnland für den Fall eines Nato-Beitritts mit Konsequenzen. In einem Telefonat mit Finnlands Präsident Sauli Niinistö bezeichnete er die Pläne als Fehler. Von Russland gehe keine Bedrohung für das Nachbarland aus, betonte Putin nach Kremlangaben bei dem Gespräch am Samstag. Finnlands Abkehr von der traditionellen Neutralität werde zu einer Verschlechterung der bislang guten nachbarschaftlichen Beziehungen führen.

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Finnlands Außenminister Haavisto und dessen schwedische Amtskollegin Ann Linde nehmen als Gäste an den Nato-Beratungen in Berlin teil. Finnland und das benachbarte Schweden sind enge Partner der Nato, offizielle Mitglieder aber nicht.

Russlands Einmarsch in die Ukraine hatte in beiden Ländern eine intensive Nato-Debatte ausgelöst. Beide Länder stehen nun kurz davor, einen offiziellen Aufnahmeantrag zu stellen.

Haavisto sagte in Berlin: „Ich bin mir sicher, dass wir für diese Sache eine Lösung finden werden.“ Er könne allerdings nicht versprechen, dass alles in einer Nacht gelöst werden könne. Zu den Vorwürfen der Türkei sagte der Finne, der Kampf gegen den Terrorismus sei ein sehr wichtiges Thema für sein Land. Als einen Beleg nannte er unter anderem Finnlands Beteiligung an der internationalen Koalition gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS).

Baerbock hatte bereits am Mittag gesagt, ihrer Ansicht nach müsste jedes demokratische Land eigentlich erfreut sein, wenn Demokratien mit starken Verteidigungsfähigkeiten das gemeinsame Bündnis stärker machten. Sie würde den Beitritt Finnlands und Schwedens „sehr, sehr unterstützen“, sagte sie zum Abschluss von Beratungen mit ihren Kolleginnen und Kollegen der Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen (G7) an der Ostsee. Auch Bundeskanzler Scholz hatte seine Unterstützung bekräftigt.

Die deutsche Außenministerin betonte, nicht die Nato dränge Finnland und Schweden zum Beitritt, sondern das Agieren Putins. Die beiden Länder seien gefestigte Demokratien, die seit Jahrzehnten mit all ihren Nachbarn in Frieden lebten.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn rief die Türkei in Berlin auf, ihren Widerstand gegen eine mögliche Aufnahme von Schweden und Finnland aufzugeben. „Wenn beide Länder das wollen, und das scheint ja in diese Richtung zu gehen, dann darf keines der 30 Länder sich dagegenstellen“, sagte er mit Blick auf die Mitgliedsstaaten der Nato. Asselborn betonte: „Die Nato entwickelt sich vom Hirntod 2019 zu einer Wiedergeburt 2022 - dank Putin.“

Asselborn spielte damit auf Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron an. Dieser hatte das Verteidigungsbündnis mehrfach öffentlich als „hirntot“ bezeichnet und bis zum Ukraine-Krieg keinen Zweifel daran gelassen, dass er langfristig eher auf den Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion als auf eine Stärkung der Nato setzt.

Der niederländische Außenminister Wopke Hoekstra rief zu Einigkeit und Ruhe auf. „In solchen Fällen ist es immer wichtig, cool und gelassen zu bleiben“, sagte er. „Das ist ganz klar eine Zeit, in der Geschlossenheit gefragt ist.“ Grundsätzlich zeigte er sich aber optimistisch.

Er sei sicher, dass man beim Thema Einigkeit werde liefern können, sagte er. Norwegens Außenministerin Anniken Huitfeldt sprach mit Blick auf die Beitrittsabsichten von Finnland und Schweden von einem „historischen Moment“. (dpa)

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