Syriza und "Unabhängige Griechen": Tsipras geht mit der Koalition ein enormes Risiko ein
In mancher Hinsicht liegt der Vergleich mit einem Bündnis der deutschen Linkspartei und der Alternative für Deutschland nahe. Doch es gibt ein verbindendes Element, das in Deutschland fehlt: der Protest gegen einen gemeinsamen Gegner.
Einen Tag nach der Griechenland-Wahl ist die Irritation in Deutschland und anderen EU-Staaten groß. Nicht nur hat das griechische Linksbündnis mit großem Abstand die Wahl gewonnen, sie geht auch noch eine Koalition mit einer Partei ein, die am anderen Rand des politischen Spektrums steht. Die "Unabhängigen Griechen" sind eine rechtspopulistische Partei, die in vielen Punkten den linken und eher progressiven Haltungen der Syriza-Partei entgegensteht. Sie ist stark kirchen- und religionsorientiert, erzkonservativ und in mancher Hinsicht liegt wohl der Vergleich mit einem Bündnis der deutschen Linkspartei und der Alternative für Deutschland nahe.
Doch es gibt ein verbindendes Element, das in Deutschland fehlt. Für Syriza ist entscheidend: Die "unabhängigen Griechen" haben sich 2012 aus Protest gegen die Troika-Verträge in Griechenland gegründet. Sie sind von den potenziellen Partnern diejenigen, die dem zukünftigen Premier Alexis Tsipras in seinen Neuverhandlungsplänen am nächsten stehen - und diejenigen, die gemeinsam mit Syriza von den etablierten Parteien im Vorfeld der Wahl für ihre Haltungen am heftigsten attackiert wurden. Auch die Kritik an "den korrupten Eliten" kann vereinen, da als gemeinsames Ziel die "Bekämpfung der Oligarchen" ausgerufen wurde. Darin und in den Verhandlungen mit der EU sieht Syriza den Auftrag seiner Wähler.
Vermutlich wird Tsipras versuchen, zusätzlich mit anderen Parteien, wie der zentral ausgerichteten Potami, Vereinbarungen zu treffen, gemeinsam Themen voranzubringen, denen die "Unabhängigen Griechen" nicht zustimmen werden. So könnte sich Tsipras doppelt absichern, seinen Wählern nicht zu viel zuzumuten, das diese als rückwärtsgewandt oder gar fremdenfeindlich empfinden würden. Es ist im Fall von Griechenland etwas zu einfach gesagt, dass sich rechts und links näher stehen, als gemeinhin angenommen wird. Entscheidend ist, dass rechts und links in diesem Fall ein gemeinsames Projekt gefunden haben. Tsipras geht ein enormes Risiko mit dieser Verbindung ein, denn außerhalb dieser gemeinsamen Linie klaffen extreme Unterschiede. Er geht die Gefahr ein, eine reine "Anti-Koalition" zu bilden. Trotzdem scheint er zu glauben, so glaubwürdiger bei der eigenen Strategie bleiben zu können. Mag sie nun aufgehen oder nicht.
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