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Donald Trump hat Probleme mit dem Inventar. Hier ein Lautsprecher in Gestalt seiner Skulptur. Zum Inventar zählt sich aber auch sein früherer Butler Anthony Senecal, der mit Mordaufrufen gegen Präsident Obama von sich reden macht.
© Aly Song / REUTERS

Verrohung der Sprache in der US-Politik: Trumps Ex-Butler ruft zu Mord an Obama auf

Ein langjähriger Vertrauter des republikanischen Bewerbers für das Weiße Haus postet Lynch-Phantasien gegen den US-Präsidenten und seine Frau.

Morddrohungen gegen den Präsidenten der USA kommen leider regelmäßig vor. Der Umgang damit fällt normalerweise in die Verantwortung des Secret Service. Öffentlich werden sie selten, um nicht Nachahmer einzuladen.

Nun erregt freilich ein Lynch-Aufruf gegen Barack Obama breites Aufsehen in den USA. Denn er stammt von einem langjährigen Vertrauten des Mannes, der Obamas Nachfolger im Weißen Haus werden möchte, Donald Trump. Anthony Senecal, der Trump 17 Jahre lang als Butler diente, postete am Mittwoch dieser Woche über Obama auf Facebook: "Dieser Typ, den ich eine Null nenne, hätte von unserem Militär aus dem Weg geräumt und schon in der ersten Amtszeit als feindlicher Agent erschossen werden müssen."

Senecal bekennt sich zur Serie von Hass-Postings

Es handelt sich um keine einmalige Entgleisung. David Corn, der White-House-Korrespondent des Magazins "Mother Jones", hat die Facebook-Einträge des inzwischen 84 Jahre alten Anthony Senecal über mehrere Jahre zurückverfolgt und listet eine Reihe von Postings mit Morddrohungen gegen den Präsidenten auf. Corn hat Senecal damit konfrontiert, und dieser habe ihm bestätigt: "Ja, das ist von mir." Immer wiederkehrende Themen: Obama sei ein Muslim, ein Kenianer, kein US-Bürger, nur durch Betrug an der Macht und ein Verräter der nationalen Interessen.

Der Vorfall löst mehrere Fragen aus: Gibt es Ähnlichkeiten zwischen Senecals und Trumps Denken? Trump hat bei Wahlkampfveranstaltungen mitunter den Eindruck erweckt, er billige physische Gewalt gegen politische Gegner. Als seine Anhänger Störer mit Fäusten traktierten, sagte er: Davon wollen wir mehr sehen. Woher kommen der Hass und die Verrohung der Sprache? Und was sind die Folgen für den Präsidentschaftswahlkampf 2016 und die US-Politik generell? Ähnliches wurde auch nach Massakern mit Schusswaffen immer wieder gefragt.

"Wir müssen den NIG... lynchen"

Senecal zetert in einer hasserfüllten Gossensprache, die man gar nicht in allen Details zitieren möchte. "Wir müssen diesen NIG(ger) JETZT lynchen!", schimpfte er im September 2015. Und im Mai 2015: "Ich spüre, dass es Zeit für eine zweite amerikanische Revolution ist. Der einzige Weg, diese verlogene Regierung zu ändern, besteht darin, sie herunter zu spülen. Mit dem kenianischen Betrüger an der Macht ist jetzt der richtige Moment. Bis zu meinem letzten Atemzug werde ich helfen, unsere Regierung vom Abschaum zu befreien. Und wenn es dazu gehört, diesen eierlosen Schlappschwanz aus der Weißen Moschee zu zerren und ihn ... am Säulengang aufzuhängen, könnt Ihr auf mich zählen."

Auch Michelle Obama und "Killary" Clinton will er henken

Die Drohungen richten sich auch gegen Michelle Obama, die Senecal verächtlich "Sasquatch" nennt: ein menschenähnliches, stark behaartes Tier aus der Sagenwelt Nordamerikas. "Wenn er gehängt wird, dann passiert das auch mit Sasquatch", postete er im Mai 2015. Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton nennt Senecal "Killary" und schreibt, sie sei eine "lügende Hure", die "im Gefängnis sitzen auf darauf waren sollte, gehängt zu werden".

Ein Sprecher Donald Trumps distanzierte sich von Senecal und seinen Aussagen. "Dieses Individuum hat seit Jahren nicht mehr in Mar-a-Lago gearbeitet." Mar-a-Lago ist ein luxuriöses Freizeit-Resort in Florida, das Trump 1985 für sein Immobilienimperium erworben hatte. Damals arbeitete Senecal dort bereits, seit 1959. "Ich gehörte zum Inventar", kommentiert er. Die Beziehung zu Trump wurde bald enger, von 1992 an diente er 17 Jahre lang als dessen Butler. Senecal wollte diese Anstellung 2009 aufgeben. Trump bat ihn, in anderer Funktion zu bleiben: als Haus-Historiker der Freizeit-Anlage. Senecal ist nicht mehr formal bei Trump angestellt. Doch er verdiene sich regelmäßig Geld in Mar-a-Lago, indem er Besucher durch das weitläufige Privatanwesen führe, schreibt "Mother Jones".

Skepsis gegen "Guilt through association"

Die US-Medien sind zurückhaltend, den Präsidentschaftsbewerber Trump in die Nähe der Gedankenwelt seines ehemaligen Butlers zu rücken. "Guilt through association" - der Versuch, Prominente ins Zwielicht zu stellen, weil sie jemanden kennen, der etwas eindeutig Kritikwürdiges getan hat - gilt als eine problematische Taktik im politischen Dialog der USA. Zurückhaltend war auch die generelle Reaktion, als der Präsidentschaftsbewerber Barack Obama 2008 mit extremen Aussagen seines Pfarrers Jeremiah Wright konfrontiert wurde, zum Beispiel: "Gott verdamme Amerika!" - und politische Gegner Obamas Gedankenwelt mit Wright's gleich zu setzen versuchten.

Andererseits erwartet die Öffentlichkeit eine klarere Stellungnahme vom Trump als den Hinweis eines Sprechers,. Senecal sei kein offizieller Angestellter Trumps mehr. Er galt als langjähriger Vertrauter. Die "New York Times" hatte ihn kürzlich in einem schmeichelhaften Porträt als einen Schlüssel zu Trumps Alltagswelt vorgestellt: "Wenige Menschen können Mr. Trumps Wünsche und Begierden besser vorhersagen. ... Er ist mit seinen Schlafgewohnheiten vertraut und wie er sein Steak haben möchte." So wie es dem Kodex seriöser US-Zeitungen entspricht, unterschlägt die "New York Times" dies in ihrer aktuellen Berichterstattung über die Hass-Postings nicht, sondern verweist darauf.

Sprache der Gewalt

Ob Senecals Äußerungen strafrechtliche Konsequenzen haben können, ist umstritten. Das Recht auf "free speech" wird in den USA viel weiter ausgelegt als in Deutschland. Der Vorfall wird aber wohl die Debatte um die fortschreitende Verrohung der Sprache erneut beleben, die nicht nur, aber vor allem im rechten Spektrum der USA zu beobachten ist. Das Attentat auf eine Wählerversammlung der demokratischen Abgeordneten Gabby Giffords im Januar 2011 in Tucson, Arizona, fiel in eine Zeit, in der sich Sarah Palin und andere Republikaner gezielt der militärischen Sprache und Rhetorik im Wahlkampf bedienten. Die Wahlkreise und selbst die Fotos demokratischer Konkurrenten wurden mit einem Fadenkreuz versehen. Kandidaten luden ihre Wähler ein, gemeinsam ganze Gewehrmagazine leer zu schießen. Freilich waren auch damals viele Medien und Wissenschaftler in den USA zurückhaltend, eine direkte kausale Verbindung zwischen dieser Rhetorik und tatsächlichen Gewaltakten zu ziehen.

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