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US-Präsident Donald Trump (am 17. April im Weißen Haus)
© AFP/Jim Watson
Update

Wahlleute besiegeln Bidens Sieg: Trumps eigene Senatoren fordern ihn zum Einlenken auf

Das „Electoral College“ bestätigt, das Joe Biden neuer US-Präsident ist. Nun hat sogar der einflussreichste Republikaner McConnell Bidens Sieg anerkannt.

Der künftige US-Präsident Joe Biden hat den abgewählten Amtsinhaber Donald Trump zur Anerkennung von dessen Wahlniederlage aufgefordert – und auch Senatoren aus Trumps Lager äußern inzwischen deutlicher ihren Unmut über den Präsidenten, der immer noch von Wahlbetrug spricht und seine Niederlage nicht einräumen will.

Der Demokrat Biden verwies in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware darauf, dass ihm die Wahlleute in den Bundesstaaten bei ihren Abstimmungen am Montag (Ortszeit) 306 der 538 Stimmen zukommen ließen. Das entspricht exakt derselben Mehrheit, die Trump vor vier Jahren als „Erdrutschsieg“ bezeichnet hatte. „Diese Zahlen haben damals einen klaren Sieg dargestellt, und ich schlage respektvoll vor, dass sie das auch jetzt tun“, sagte Biden.

Knapp sechs Wochen nach der Wahl waren am Montag die 538 Wahlleute in den 50 US-Bundesstaaten und im Hauptstadtbezirk Washington zusammengekommen. Sie stimmten stellvertretend für das Volk ab, weil der Präsident in den USA indirekt gewählt wird. Biden kam auf die nach den Ergebnissen der Wahl vom 3. November erwarteten 306 Stimmen, Trump auf 232. Die Schwelle für einen Wahlsieg liegt bei 270.

„In diesem Kampf um die Seele Amerikas hat die Demokratie gesiegt“, sagte Biden. „Die Flamme der Demokratie wurde in dieser Nation vor langer Zeit entzündet. Und wir wissen jetzt, dass nichts - nicht einmal eine Pandemie oder ein Machtmissbrauch - diese Flamme auslöschen kann.“

Das Wahlergebnis wird offiziell am 6. Januar verkündet. Biden soll am 20. Januar vereidigt werden. An dem Tag endet Trumps Amtszeit nach der Verfassung automatisch – selbst wenn er seine Niederlage auch bis dahin nicht eingestehen sollte.

„Es muss einen Sieger geben und einen Verlierer“

Trump sieht sich durch Wahlbetrug um seinen Sieg gebracht. Doch weder er noch seine Anwälte haben Beweise dafür vorgelegt. Dutzende Klagen wurden abgeschmettert.

In Trumps eigenen Reihen mehren sich daher inzwischen auch die lauten Stimmen, die den Präsidenten dazu bewegen wollen, die Niederlage einzugestehen.

Der führende Republikaner Mitch McConnell hatte lange geschwiegen, um jetzt doch den Wahlsieg Bidens anzuerkennen. Ein wegweisender Schritt, schließlich ist McConnell der Mehrheitsführer der Trump-Partei im Senat. „Seit diesem Morgen hat unser Land offiziell einen gewählten Präsidenten und eine gewählte Vize-Präsidentin“, sagte der einflussreiche Senator zu CNN.

Der republikanische Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, hat Joe Biden zum Wahlsieg gratuliert.
Der republikanische Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, hat Joe Biden zum Wahlsieg gratuliert.
© Imago

Das Electoral College habe entschieden. „Heute will ich dem gewählten US-Präsidenten Joe Biden gratulieren“, so McConnell weiter. Bereits zuvor waren einige Republikaner viel deutlich geworden und hatten Trump direkt aufgefordert.

Senator John Thune aus South Dakota, die Nummer Zwei in der Führungsriege der Republikaner, sagte der „New York Times“ zufolge: „Es gibt einen Punkt, an dem man sich den Tatsachen stellen muss. Wenn das Electoral College heute die Sache besiegelt, wird es für alle Zeit, den Blick nach vorn zu richten.“

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Senator John Cornyn aus Texas stellte sich ebenfalls gegen Trump. „Es kommt eine Zeit, in der man anerkennen muss, trotz seiner besten Bemühungen keinen Erfolg gehabt zu haben. Das liegt nun einmal in der Natur dieser Wahlen. Es muss einen Sieger geben und einen Verlierer“, sagte Cornyn, ein Vertrauter McConnells.

Ein anderer enger Mitstreiter McConnells, Senator Lamar Alexander aus Tennessee, sagte, die Präsidentschaftswahl sei vorbei. „Bundesstaaten haben die Ergebnisse verifiziert. Gerichte haben Konflikte bereinigt. Die Wähler haben abgestimmt. Ich hoffe, dass Präsident Trump das Land an erste Stelle stellt“, zitiert ihn die „New York Times“.

Auch Senator Lindsey Graham aus South Carolina, der Trumps Kampf gegen den angeblichen Wahlbetrug unterstützt hatte, sagte nun der „New York“ Times zufolge, er sehe nur noch „einen sehr, sehr schmalen Pfad für den Präsidenten.“

Republikaner Mitchell verlässt die Partei – aus Abscheu vor Trump

Der Republikaner Paul Mitchell, der Michigan als Abgeordneter im Repräsentantenhaus vertritt, wurde besonders deutlich. In einem Brief an die Anführer der Republikaner machte er seine Abscheu über Trumps Verhalten und auch über das der Führung seiner Partei klar. Als Konsequenz kündigte Mitchell an, aus der Partei auszutreten und nicht weiter als Republikaner geführt werden zu wollen, sondern als Unabhängiger.

Er habe die Politik Trumps und seiner Regierung bei den Abstimmungen im Kongress zu 95 Prozent unterstützt, schreibt Mitchell in seinem Brief.

„Wenn jemand in die Politik geht, muss er Sieg und Niederlage mit Anstand und Reife akzeptieren. Aus persönlicher Erfahrung von Siegen und auch Niederlagen weiß ich, dass Letzteres brutal sein kann“, schreibt er weiter.

Präsident Trump habe von seinem Recht Gebrauch gemacht, Nachzählungen von Wählerstimmen zu beantragen und zu klagen. Das alles habe keine Unregelmäßigkeiten ergeben.

„Es ist nicht hinnehmbar, dass ein politischer Kandidat unser Wahlsystem wie das eines Dritte-Welt-Landes behandelt und Misstrauen sät in etwas so Unantastbares wie unsere Wählerstimme“, schreibt Mitchell. Es sei auch nicht akzeptabel, wenn der Präsident das Oberste Gericht attackiert, weil es nicht in seinem Sinne urteilt.

Und es schade der Nation, „wenn sich die Führung der Republikaner zurücklehnt und unbegründete Verschwörungstheorien zulässt“, fährt Mitchell fort. Der Parteiführung und der Führung der Republikaner im Kongress wirft er vor, zum Teil aktiv an der Diskreditierung der Wahl beteiligt gewesen zu sein.

Als Konsequenz erklärt Mitchell dann seinen Austritt bei den Republikanern und bittet zudem darum, bis zum Ende seiner Amtszeit nun als Unabhängiger geführt zu werden. „Das mag symbolisch sein, sicher, aber wir alle wissen, dass Symbole wichtig sind“, beendet Mitchell seinen Brief. (mit dpa)

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