US-Präsident und "Time"-Magazin: Trumps Besessenheit von der "Person des Jahres"
Das "Time"-Magazin wolle ihn wohl wieder zur "Person des Jahres" küren, twitterte der US-Präsident. "Schwachsinn", antwortete das Magazin. Die Posse amüsiert viele - und macht etliche nachdenklich.
US-Präsident Donald Trump ist um Eigenlob nie verlegen. Über Twitter verbreitet er ständig Superlative über sich und seine Leistungen. Am Freitag verkündete Trump, das "Time"-Magazin habe ihm mitgeteilt, es werde ihn "WAHRSCHEINLICH" wieder zu Person des Jahres küren, er müsse aber einem Interview und einem großen Fotoshooting zustimmen. Doch "wahrscheinlich" reiche ihm nicht, twitterte Trump. "Ich habe abgelehnt."
"Time", das den Titel jeweils an diejenige Persönlichkeit verleiht, die "zum Guten oder zum Schlechten am meisten beigetragen hat, um die Ereignisse des Jahres zu beeinflussen", reagierte ebenfalls auf Twitter mit einer höflichen Replik. "Der Präsident hat nicht korrekt wiedergegeben, wie wir die Person des Jahres auswählen", ließ das Magazin wissen. Vor der Verkündung am 6. Dezember kommentiere "Time" die Wahl nicht. Zum Wahrheitsgehalt von Trumps Tweet äußerte sich "Time" hingegen nicht.
Deutlicher wurde Alan Murray, verantwortlich für die redaktionellen Inhalte bei "Time". An der Sache sei nichts Wahres dran, twitterte er zunächst. Später dann wurde er noch konkreter: "Total BS", schrieb er. "BS" ist die Abkürzung für "Bullshit" ("Schwachsinn").
Trumps Tweet nebst der Reaktion von "Time" sorgte natürlich für Häme im Netz. Das "Time"-Magazin habe ihn zur "Person des Jahres" ernennen wollen, twitterte etwa Stephen King, Bestsellerautor von Horrorromanen. "Aber ich habe abgelehnt. Ich wollte nicht mit dem Clown Pennywise auf dem Schoß fotografiert werden", schrieb King weiter in Anspielung auf eine Figur aus seinem Roman "Es".
Tennisstar Andy Murray imitierte Trumps Tweet und schrieb, er habe die Ehre abgelehnt, "wahrscheinlich zur Sportpersönlichkeit des Jahres" ernannt zu werden.
Fixierung auf Anerkennung durch "Time"
Dan Pfeiffer, ein früherer Berater des Ex-Präsidenten Barack Obama, verwies auf einen ernsteren Hintergrund der Posse. "Dieser Tweet ist so traurig", twitterte er über Trumps Ankündigung. "Stell Dir mal vor, du bist superreich und Präsident der USA - und trotzdem noch immer so bedürftig nach Anerkennung."
CNN-Journalist Chris Cillizza spricht gar von einer "Fixierung" Trumps auf den "Time"-Titel, von einer Besessenheit, die schon aus der Zeit Trumps vor der Präsidentschaft stamme.
So twitterte Trump im Oktober 2012, dass das "Time"-Magazin "jegliche Glaubwürdigkeit verloren hat", weil es ihn nicht in die Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten aufgenommen habe.
Ein paar Monate später twitterte Trump, "die Liste ist ein Witz und der Werbegag eines Magazins, das, wie Newsweek, bald tot sein wird. Schlechte Liste!"
Im August 2015 empfand es Trump dann als "große Ehre", zumindest auf dem Titel von "Time" gelandet zu sein.
Allerdings mäkelte er dann wieder, als nicht er, sondern Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Rennen als "Person des Jahres" machte. Es sei ja klar gewesen, dass "Time" ihn, "den großen Favoriten", nicht ausgewählt habe. "Sie haben die Persönlichkeit gewählt, die Deutschland ruiniert", twitterte Trump.
Als Trump dann 2016 - aus seiner Sicht endlich - nach seiner Wahl zum Präsidenten zur "Person des Jahres" gekürt wurde, bedanke er sich artig. Dass "Time" auf dem Titel Trump "Präsident der gespaltenen Staaten von Amerika" nannte, ließ dieser unerwähnt.
Falsche "Time"-Cover im Golfclub
CNN-Autor Cillizza führt Trumps "Time"-Manie auf dessen Ansicht zurück, der Titel und das eigene Konterfei auf dem Titelbild signalisierten die Zugehörigkeit zur Elite und die Anerkennung, nach der Trump sein ganzes Leben trachte. Dass der jetzige US-Präsident in seinen Golfclubs zum Teil gefälschte "Time"-Cover mit seinem Bild aufhänge, nennt Cillizza als weiteren Beleg für Trumps fixe Idee.
Und was bedeuten nun die "Jo-Jo-Tweets", wie Cillizza die wechselnden Ansichten Trumps zu "Time" bezeichnet, sowie die aktuelle Äußerung? "Trump nimmt 'Time' und das Cover so wichtig, dass er Dich glauben machen will, dass es ihm gar nicht wichtig sei", schreibt Cillizza. "Glaub das nicht."
Trump selber hat bislang nicht direkt auf die Abfuhr von "Time" regiert. Am Sonntag machte er bei Twitter in gewohnter Art weiter. Er verbreitete den Tweet eines ihm wohlgesonnenen Kanals weiter, der eine Liste von Leistungen des US-Präsidenten führt. "Wow, selbst mir war nicht bewusst, dass wir so viel geschafft haben", schrieb Trump. "Wünsche mir, die 'Fake News' würden darüber berichten!"