US-Präsident Donald Trump: Der Machtkampf um die Seele der Republikaner
Immer mehr gemäßigte republikanische Politiker in den USA werden durch Trumpisten ersetzt. Steht dahinter eine Strategie? Eine Analyse.
Während Donald Trump um die Welt tourte, spielte sich zu Hause in den Vereinigten Staaten, in Washington, Arizona, Virginia, Alabama, Tennessee und an vielen anderen Orten, ein zähes Ringen ab. Die Frage, wer am Ende obsiegt, könnte erhebliche Auswirkungen für das Land und die Welt haben. Es ist das Ringen um die Seele der Grand Old Party (GOP), der Republikanischen Partei.
Spaltung der Partei wird immer deutlicher
In den vergangenen Wochen und Monaten ist die Spaltung der Partei in mindestens zwei, wenn nicht drei Lager immer deutlicher geworden. Da ist zum einen der „gemäßigte“ Flügel des republikanischen Establishments, das Lager der „Trumpisten“ und schließlich Trumps ehemaliger Berater und Chefdemagoge Steve Bannon mit seiner Hausmacht "Breitbart" und seinen Unterstützern. Überall im Land laufen derzeit die Vorwahlen und Vorwahlkämpfe für die Halbzeitwahl Ende 2018, wenn das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt werden, eine Wahl, die als Seismograph für die politische Stimmung und den Stand des Präsidenten gilt. In gleich mehreren Staaten haben nun in den vergangenen Wochen und Monaten gemäßigte republikanische Kandidaten, die als gesetzt galten, den Wahlkampf hingeschmissen, weil sie sich gegen die Meinungsmacht Bannons und Trumps keine Chancen mehr ausrechneten - und weil sie ihre Basis schwinden sehen. Davon profitieren radikalere „Trumpisten“ oder Kandidaten, die Bannon unterstützt.
In Arizona war das Opfer Jeff Flake, ein gemäßigter Kandidat für den Senat. Flake hatte sich schon 2016 geweigert, den Kandidaten Trump offiziell zu unterstützen. Er kritisierte Trump mehrfach in den Medien und wurde dafür im Gegenzug vom Präsidenten als „giftig“ und als „flake“, als Schneeflocke, geschmäht. Flake erklärte Ende Oktober, er ziehe sich aus dem Vorwahlkampf zurück – das Rennen ist nun wieder offen. Eine der verbliebenen Kandidatinnen ist Kelli Ward. Sie wurde bis vor kurzem von Mitarbeitern des Steven Bannon-Blogs „Breitbart“ beraten. Trump unterstützt sie zwar nicht offiziell, lobte sie aber mehrfach auf Twitter.
In Tennessee war es der erfahrene Senator Bob Corker, der sich gegen Trump nicht halten konnte und auf eine Wiederwahl verzichtet. Er zog sich zurück, nachdem er Trump im September öffentlich kritisiert hatte, weil dieser sich weigerte, den rechtsextremen Anschlag in Charlottesville eindeutig zu verurteilen.
In Alabama heißt der erzkonservative Kandidat Roy Moore. Er gilt als Kandidat von Steve Bannon, wird sich aber wohl nicht mehr lange halten können. Mittlerweile haben fünf Frauen Vorwürfe gegen ihn erhoben, weil er sie in den 70er Jahren sexuell belästigt haben soll – als sie noch Teenager waren. Trump hatte, wenn auch ein bisschen halbherzig, zunächst den moderateren Kandidaten Luther Strange unterstützt. Als dieser unterlag, schwenkte er um, Pro-Strange-Tweets verschwanden von seinem Account. In Alabama wird im Dezember außerplanmäßig gewählt.
Trumpisten übernehmen zentrale Versatzstücke der präsidialen Ideologie
In Virginia wiederum hat in der vergangenen Woche ein Republikaner, der als Trumpist gilt, die Gouverneurswahl verloren – allerdings nach einer etwas mäandernden Kampagne, in der er einerseits auf Trump-Themen setzte, sich aber auch mit Größen der republikanischen Mitte wie George Bush und Condoleezza Rice zeigte. Trump und Bannon interpretierten den Verlust denn auch als Folge des Verrats an der reinen Lehre.
Alle diese Fälle sind im Detail sehr unterschiedlich. Die Trump- und Bannon-Kandidaten zeichnen sich jedoch alle durch die Übernahme zentraler Rhetorik-Bausteine der Trump-Kampagne aus: das Stichwort „MAGA“ – „Make America Great Again“, eine extreme Abwehr gegen Einwanderung, der gegen die Washingtoner Politik gerichtete Slogan „Drain the swamp – Trocknet den Sumpf aus“ und den Slogan „America first“. Sie treiben ihren Wahlkampf über polit-kulturelle Themen wie den Streit über Footballspieler, die aus Protest gegen Gewalt gegen Minderheiten bei der Nationalhymne knien oder für den Erhalt von Statuen konföderierter Generäle.
Sind Steve Bannon und Donald Trump die Königsmacher?
Aber steckt dahinter eine Strategie? Steckt dahinter der Versuch, die republikanische Partei längerfristig zu kapern – die Trump-Präsidentschaft auch nach 2020 zu sichern? Oder ergibt sich die Vielzahl der Fälle einfach durch die Regeln des politischen Opportunismus? Amerikanische Medien rätseln darüber, wie viel Steve Bannon hinter der Unterstützung für besonders konservative Kandidaten steht - und ob er und Donald Trump überhaupt die gleiche Linie verfolgen. In manchen Fällen, etwa in Arizona und Alabama, unterstützten Trump und Bannon jeweils andere Kandidaten. Unklar ist auch, ob ihre Macht in den Bundesstaaten überhaupt so direkt wirkt, dass sie als „Königsmacher“ gelten können.
Dennoch ist es nur logisch, dass Trump versucht, den Kongress zu einer Trumpisten-Versammlung zu machen. Er liefert sich beinahe täglich eine Fehde mit dem gemäßigten republikanischen Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell und ist dringend auf mehr Kooperation der Abgeordneten angewiesen, will er endlich legislative Erfolge vorweisen.
Steve Bannon wiederum sieht den Wandel in der republikanischen Partei als Teil seines gegen das Establishment gerichteten Volksaufstandes. In der vergangenen Woche gab er Jeremy Peters von der New York Times ein Interview. In diesem Interview legt Bannon noch einmal dar, als was er Trumps Präsidentschaft sieht, nämlich als ersten Schritt einer „Revolte der Arbeiterklasse beider Parteien“ gegen Washington und seine Institutionen, um sich „ihre Regierung wiederzuholen“. Peters fragt, ob nach Trumps Wahl zum Präsidenten der zweite Schritt dieser Bewegung die konservativ-populistische Übernahme des Kongresses sei. „Yes. Absolutely“, antwortet Bannon. Im Oktober hatte er auf Fox gesagt, er werde jeden einzelnen amtierenden Senator angreifen, mit Ausnahme von Ted Cruz. „Niemand ist sicher“, sagte er.
Wichtige Teile der Basis stehen zu Trump
Doch egal, ob die Ereignisse einer zentral gesteuerten Strategie folgen, wie Bannon behauptet: Der Machtkampf innerhalb der republikanischen Partei ist schon real – und richtungsweisend. Die Meinungsforscher des renommierten Pew Research Centers folgerten kürzlich in einer Studie zu den Einstellungen innerhalb der beiden Parteien: „Es gibt Anzeichen dafür, dass die Gräben innerhalb der beiden Parteien genauso entscheidend sein könnten, wie die Gräben zwischen den beiden Parteien.“
In der republikanischen Partei hat Trump noch immer eine insgesamt breite Basis – allerdings zeigt die Studie von Pew Research, dass es erhebliche Unterschiede zwischen republikanischen Wählern unterschiedlicher Einstellungstypen gibt. Besonders konservative republikanische Wähler stehen quasi geschlossen hinter Trump – und viele in diesen Gruppen sind politisch besonders aktiv und schon fest entschlossen, den Kongress in die eigene Hand zu bekommen. Trump ist innerparteilich gut aufgestellt, auch, wenn seine leidenschaftlichsten Unterstützer zahlenmäßig keine überragende Mehrheit in der republikanischen Partei darstellen. Trump und Bannon können in solchen Staaten angreifen, in denen "ihre" Republikaner stark sind.
Das Ringen um die Seele der Partei dehnt sich unterdessen auch auf die Geldgeber aus. Am Montag teilte nun ein Großspender der Republikaner, der Casino-Besitzer Sheldon Adelson, mit, er unterstütze Mitch McConnell (und damit die Fraktion der Gemäßigten ) zu „100 Prozent“.
Am Ende könnte Bannons düstere Ideologie eine sich selbsterfüllende Prophezeiung werden. Sein Agitieren gegen gemäßigte Kandidaten und die Abwehrreaktion der republikanischen Gemäßigten gegen Trump, schafft genau das, was Bannon zum Kern seiner Ideologie gemacht hat: Einen Kampf des Establishments in Verbindung mit dem Geld gegen Trump und das Volk. Das sind keine guten Aussichten für die Mid-term-Wahlen im Jahr 2018. Und keine guten Aussichten für 2020. Einen Hoffnungsschimmer aber gibt es: Die Demokraten könnten von der Spaltung der Republikaner und den radikaleren und extravaganten Kandidaten profitieren. In Alabama etwa, eine traditionell roten Staat, lag zuletzt der demokratische Kandidat vorn.