25 Tage nach der US-Wahl: Trumps auffälliges Interesse an Generälen
Seit Jahrzehnten führen Zivilisten das US-Verteidigungsministerium. Doch der designierte Präsident einen Ex-General. Das ist mehr als ein Verstoß gegen die Etikette.
Eine Woche hochrangiger Personalentscheidungen liegt hinter Donald Trump. Während die Grüne Jill Stein die Neuauszählungsbegehren in Wisconsin, Michigan und Pennsylvania vorantreibt und Trumps Anhänger sich dagegen wehren, hat der "President elect" fünf Wunschkandidaten für seine Regierung benannt. Darunter sind so gewichtige Ressorts wie Finanzen und Verteidigung, aber auch so emotional aufgeladene wie Gesundheit und Handel, dazu das Verkehrsministerium. Die Ankündigung, Präsident Obamas Krankenversicherungsreform rückgängig zu machen und das Freihandelsabkommen mit Asien (TPP) zu blockieren, hatte eine zentrale Rolle in seinem Wahlkampf gespielt.
"Main Street" statt "Wall Street"? Da enttäuscht Trump die Basis
Fast jeder Tag zeigt erneut, dass auch für Trump das „Expectation Management“ zur vordringlichen Aufgabe wird, ähnlich wie 2009 für Barack Obama: Wie lässt sich die Kluft zwischen den hochfliegenden Erwartungen im Wahlkampf und der Realität überwinden? In Trumps Fall gehört dazu der Glaube seiner Wähler, er werde „in Washington aufräumen“ und „den Sumpf austrocknen“ – sprich: die politische Klasse entmachten und Außenseiter in Schlüsselpositionen bringen, die „Main Street“ statt „Wall Street“ vertreten.
Trumps Personalpolitik läuft auf eine bunte Mischung hinaus. Teils bedient er die im Wahlkampf geweckten Emotionen. Gesundheitsminister soll Tom Price (62) werden, ein erklärter Gegner von „Obamacare“, der Krankenversicherungsreform. Teils enttäuscht er die Erwartungen. Seine Kandidaten für Finanzen, Steven Mnuchin (53), und Handel, Wilbur Ross (79), kommen von der Wall Street.
Auf der Flucht vor dem Grundkonflikt fällt sein Blick aufs Militär
Teils weicht er den Konflikten zwischen den beiden Machtpfeilern aus, auf denen seine Präsidentschaft ruht: einerseits die zornigen Wähler, die ihn an die Macht gebracht haben und auf einen Sturz des „Establishments“ hoffen, andererseits die republikanischen Senatoren und Abgeordneten, deren Unterstützung er zum Regieren braucht, die aber zu diesem „Establishment“ gehören. In diesem Kontext fällt Trumps Interesse an ehemaligen Generälen auf. Das Militär ist für beide Pfeiler eine Autorität, die zornige Basis wie die republikanischen Amtsträger.
Gleich zu Beginn hatte Trump Ex-General Michael Flynn (58) als Nationalen Sicherheitsberater gewählt. Nun schlägt er Ex-General James Mattis (66) als Verteidigungsminister vor.
Das ist ein doppelter Verstoß gegen die Etikette. Zum einen führen seit Jahrzehnten Zivilisten das Pentagon, um das Primat der Politik vor dem Militär hervorzuheben. Der letzte Ex-General in der Position war George Marshall 1950-51. Zweitens verlangt das Gesetz, falls ein Ex-Militär Verteidigungsminister werden solle, müsse die letzte Verwendung mindestens sieben Jahre zurückliegen. Mattis ging 2013 in Pension.
Erteilt der Kongress eine Ausnahmegenehmigung?
Der Kongress müsste über eine Ausnahmegenehmigung abstimmen. Mattis hat einflussreiche Fürsprecher im Parlament, darunter Senator John McCain, ein Republikaner. Die Demokratin Kirsten Gillibrand sagt, sie werde nicht für Mattis stimmen, obwohl er geeignet sei. „Die zivile Kontrolle des Militärs gehört zu den Grundprinzipien der Demokratie.“
Der Ex-Kommandeur der Eliteeinheit Marines ist ein schrulliger Charakter, aber hoch angesehen und beliebt unter Soldaten. Einer seiner Spitznamen lautet „Warrior Monk“ (Mönchskrieger). Er ist unverheiratet und übernahm Feiertagsdienste von Familienvätern, damit die bei ihrer Familie sein können. Er ist berühmt für seine umfangreiche Militärbibliothek und erzählt gerne, das Lesen habe ihm „nicht Antworten auf alle Fragen gegeben. Aber es beleuchtet den Weg vor einem, der im Krieg oft im Dunkeln liegt.“
Ein Mann mit Spitznamen: "Kriegermönch" und "Verrückter Hund"
Seinen anderen Spitznamen „Mad Dog“ verdankt Mattis seinem Draufgängertum und seiner deftigen Wortwahl. Nach dem Terrorangriff an 9/11 auf New York führte er die ersten US-Kampfeinheiten in Afghanistan. 2003 befehligte er den Vorstoß der Marines auf Bagdad zum Sturz Saddam Husseins.
Seine Sprüche sind legendär. „Sei höflich, sei professionell, aber stets vorbereitet, dein Gegenüber zu killen.“ Über Islamisten in Afghanistan, die „Frauen verprügeln, weil sie keinen Schleier tragen“, sagte er, „es macht Spaß, auf sie zu schießen“.
Auch gegenüber Präsidenten nimmt er kein Blatt vor den Mund. Trump sagt, Mattis habe ihn überzeugt, dass es nicht sinnvoll sei, in Verhören zu foltern. Präsident Bush kritisierte er dafür, dass der 2006 nicht selbst im Kongress für die Notwendigkeit einer Truppenverstärkung im Irak geworben, sondern dies den Militärs überlassen habe. Auch Obama habe „den Mund nicht aufgemacht, wie die Lage in Afghanistan ist“, sondern das den Generälen überlassen. „Es liegt in der Verantwortung der gewählten Politiker, den öffentlichen Kampf der Argumente zu gewinnen.“