US-Wahl: Trump will Freitag seinen Vize küren
Gingrich, Christie, Ernst, Fallin - oder doch eine Überraschung? Präsidentschaftskandidat Donald Trump macht es bei der Auswahl seines Stellvertreters spannend.
Die Spannung unter den Republikanern steigt. Wen wird Donald Trump als Vize nominieren? In der Nacht zu Donnerstag (MEZ) gab seine Kampagne bekannt, er werde am Freitag, 11 Uhr vormittags US-Ostküstenzeit (17 Uhr MEZ) bekannt geben, wer sein "Running Mate" wird. Auch in vergangenen Wahljahren geschah das kurz vor dem Parteitag; der beginnt am Montag in Cleveland, Ohio. 2008 hatte John McCain die Öffentlichkeit ebenfalls am Freitag vor dem Parteitag mit dem Namen Sarah Palin überrascht. 2012 benannte Mitt Romney seinen Vize Paul Ryan am Sonnabend vor der Convention.
In Trumps Fall ist die Neugier besonders groß. Erstens, weil er die Erfahrungsregeln amerikanischer Wahlkämpfe schon mehrfach bewusst ignoriert hat. Zweitens, weil es gar nicht so leicht ist, einen seriösen Partner zu finden, der sich der Trumpschen Unberechenbarkeit aussetzen möchte.
Normalerweise fällt die Wahl auf eine Person, die etwas kompensieren kann, was dem Präsidentschaftskandidaten fehlt - um so Wählergruppen anzusprechen, die er alleine nicht erreicht. Ein Macho kann sich für ein weibliches Korrektiv entscheiden, eine weiße Frau aus dem Nordosten für einen Latino aus dem Südwesten.
Fünf Favoriten werden genannt
Häufig blicken Bewerber um das Weiße Haus auf die Wahlkarte und wählen als Vize den Gouverneur oder die Senatorin eines Bundesstaates, in dem sie in den Umfragen zurückliegen, den sie aber dringend brauchen, um auf die 270 Wahlmänner zu kommen, die im US-System für den Wahlsieg erforderlich sind.
Als Favoriten handeln die US-Medien fünf Namen: Chris Christie, Joni Ernst, Mary Fallin, Newt Gingrich, Mike Pence. Es ist unklar, ob diese Favoritenliste Trumps Segen hat oder ein Name eher durch Selbstanpreisung darauf gelangt ist. Von Trump heißt es, er suche eine Person mit verlässlich konservativem Image und Attraktivität für religiöse Wähler; diese Person solle Erfahrung mit dem nationalen Regierungssystem haben. Ihm als Seiteneinsteiger aus der Wirtschaft fehlen die Insider-Verbindungen, die durch jahrelanges Agieren in Washington entstehen. Barack Obamas Vize Joe Biden ist so ein Strippenzieher dank seiner vielen Jahre als Senator von Delaware. Am Mittwoch traf sich Trump in Indianapolis nochmals mit einigen dieser Favoriten.
Chris Christie, der Gouverneur von New Jersey, hatte den Wahlkampf als Konkurrent begonnen und Trump in einer TV-Debatte hart attackiert. Von ihm stammt der gute Rat, wenn immer Trump etwas verspreche, solle man nur eine Gegenfrage stellen: "How?" Wie wolle Trump Mexiko dazu bringen, die Mauer zu bezahlen, die Trump bauen wolle? Und wie China dazu, neue Handelsverträge zu schließen, die gut für die USA aber schlecht für Peking sind?
Eine Frau als Alternative
Als Christies Chancen auf die Nominierung sanken, wurde er rasch zu einem tatkräftigen Unterstützer Trumps. Es heißt, er wolle unbedingt weg aus New Jersey, da ihm dort politisches Ungemach drohe. Trump hat ihn sogar beauftragt, die Suche nach dem Vize zu betreuen. Es gibt da ein Vorbild. George W. Bush hatte Dick Cheney mit der Suche beauftragt. Am Ende wurde es Cheney. Trump hat zudem gesagt, Christie werde "eine Rolle in meiner Regierung" spielen. Eine Anforderung kann Christie nicht erfüllen: Er ist kein Washington-Insider.
Joni Ernst, Senatorin von Iowa, war zeitweise der Geheimtipp. Eine Frau aus dem Mittleren Westen, die auch religiöse Wähler anzieht, aber nicht als zu weit rechtsaußen gilt. Trump traf die 46-Jährige am Montag und sagte anschließend: "Wir werden uns wiedersehen." Ernst dämpfte jedoch die Erwartungen: Sie wolle sich ganz auf ihre Arbeit für Iowa konzentrieren.
Eine mögliche Alternative, wenn Trump eine Frau als VP möchte, um seine eklatante Schwäche bei weiblichen Wählern auszugleichen, wäre Mary Fallin, die Gouverneurin von Oklahoma. Der 61-Jährigen fehlt allerdings ein Netzwerk in Washington.
Oder ein Politiker mit Regierungserfahrung
Die größten Fantasien, aber auch Zweifel weckt Newt Gingrich. Er ist eine Figur von vorgestern, war als "House Speaker" der Gegenspieler Bill Clintons Mitte der 1990er Jahre, und wirkt mit seinen 73 Jahren zu alt. Zudem ist er hoffnungslos selbstverliebt und oft selbst die Quelle, wenn sein Name für eine prestigeträchtige Position genannt wird. US-Medien, die Gingrich zu den Favoriten rechnen, berufen sich freilich auf Mitarbeiter Trumps, die aufzählen, wie oft Trump und er sich getroffen haben und wie sehr sie sich als Berater schätzen. In der Tat ist Gingrich ein geistreicher und oft gut informierter Gesprächspartner.
Ernsthafter wirkt der Name Mike Pence, Gouverneur von Indiana. Er wäre ein seriöser Politiker mit Regierungserfahrung. Für ihn wäre das Risiko, sich von Trump verpflichten zu lassen, aber auch größer als für die anderen. Es würde seinem Renommee schaden, wenn Trump undisziplinierte Tiraden loslässt und Pence gezwungen wäre, ihn zu verteidigen. Andererseits würden seine eigenen Aussichten, in vier oder acht Jahren für die Präsidentschaft zu kandidieren, als VP wachsen.
Pence und seine Frau haben sich Anfang Juli mit Trump in dessen Golfclub in Bedminister, New Jersey, getroffen. Bis Freitag muss Pence erklären, ob er erneut als Gouverneur von Indiana kandidiert. Das erzeugt Zeitdruck. "Wir brauchen einen Anführer, der unser Militär unterstützt, der die Wirtschaft in Gang und konservative Richter an den Supreme Court bringt", sagte Pence in einem Interview am Montag. "Ich bin bereit, das überall im Land zu vertreten, wenn Donald Trump das will."
So wie man Trump kennt, wäre es ihm aber auch eine diebische Freude, alle zu überraschen und eine Person als VP zu wählen, die nicht auf der Favoritenliste war.