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Nicht mehr ganz so zuversichtlich: Donald Trump bei einer Veranstaltung in Florida.
© Gregg Newton/AFP
Update

US-Präsidentschaftswahlkampf: Trump spricht über Niederlage - Clinton veröffentlicht Einkünfte

Trump gibt Probleme im Wahlkampf zu und spricht von einer möglichen Niederlage gegen Clinton. Die erhöht mit der Veröffentlichung ihrer Steuererklärung den Druck.

So viel ist schiefgelaufen für Donald Trump in den vergangenen Wochen, dass er jetzt auf Hilfe von ganz oben hofft. Vor mehreren hundert protestantischen Geistlichen in Florida gestand der Milliardär diese Woche offen Probleme in seinem Wahlkampf ein und rief die versammelten Pastoren auf, ihre Kirchengemeinden am Wahltag zu den Urnen zu bringen, um ihn zu unterstützen. Ob die Gottesmänner dem Appell folgen, ist nicht sicher. Fest steht dagegen, dass sich immer mehr Politiker und Geldgeber seiner eigenen republikanischen Partei von Trump abwenden. Der Immobilienmogul spricht inzwischen öffentlich von einer Niederlage gegen Hillary Clinton im November.

Selbst im Bundesstaat Utah, normalerweise eine Hochburg der Republikaner, laufe es schlecht, sagte Trump laut „New York Times“ vor den Kirchenvertretern. In Ohio, einem besonders umkämpften und für Trump besonders wichtigen Staat, gebe es ebenfalls Probleme: „Wir brauchen Hilfe.“ Im Landesdurchschnitt liegt der Republikaner sechs oder mehr Prozentpunkte hinter Clinton.

Evan McMullin könnte Trump schaden

In Utah hatte vor einigen Tagen ein republikanischer Gegner Trumps seine Kandidatur erklärt. Der frühere CIA-Agent Evan McMullin hat zwar kaum Chancen auf einen Sieg, könnte Trump aber in Utah und anderen konservativen Bundesstaaten schaden. McMullin will seine Bewerbung bis zum kommenden Montag in mindestens 15 Bundesstaaten angemeldet haben.

Unterdessen vergeht fast kein Tag ohne neue Ungeheuerlichkeit von Trump oder neue Enthüllung über ihn. So behauptete er vor Kurzem, Präsident Barack Obama sei der „Gründer“ der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). Als er von den Medien und von anderen Politikern wegen dieser Propagandalüge gerügt wurde, antwortete er, die Bemerkung sei lediglich „Sarkasmus“ gewesen. Diese Art von nachträglicher Distanzierung von kontroversen Aussagen ist ein Muster bei Trump.

Auch in anderen Bereichen wird Trumps Glaubwürdigkeit infrage gestellt. Die „New York Times“ meldete am Freitag, der schwerreiche Unternehmer müsse dank zahlreicher Schlupflöcher und Vergünstigungen möglicherweise keine Einkommensteuer zahlen – keine gute Empfehlung für einen Kandidaten, der sich als Kämpfer für die kleinen Leute präsentiert. Trump verweigert die sonst bei Präsidentschaftsbewerbern übliche Veröffentlichung seiner Steuererklärung.

Clinton und ihr Kandidat für den Vizepräsidenten, Tim Kaine, legten am Freitag alle Zahlen seit 2006 offen. Clinton gab an, mit ihrem Mann Bill 2015 insgesamt 10,6 Millionen US-Dollar eingenommen zu haben. Davon zahlten sie ein gutes Drittel oder 34,2 Prozent Bundessteuern. Der Anteil aller Steuern (unter anderem Bund und Staat) belief sich auf 43,2 Prozent.

Trump hatte zunächst eine Offenlegung angekündigt, war aber dann umgeschwenkt. Er begründete das damit, dass seine Bücher geprüft würden, außerdem gehe das niemanden etwas an. Die Clinton-Kampagne fragte am Freitag: „Was hat er zu verbergen?“

Die demokratische Kandidatin baute unterdessen ihre Führung in vier besonders umkämpften Swing States aus. Nach einer Umfrage des Senders NBC und des „Wall Street Journal“ hält Clinton ihren Konkurrenten in Virginia und Colorado mit jeweils zweistelligem Abstand auf Distanz. In Florida sind es fünf Punkte, in North Carolina neun. Die Swing oder „Battleground States“ sind diejenigen der 50 Bundesstaaten, in denen die Wähler nicht im Vorhinein auf den Kandidaten einer Partei festgelegt sind.

Reiche Sponsoren raten zum Boykott Trumps

Inzwischen wird diskutiert, ob Trump überhaupt noch aufholen kann oder das Rennen schon gelaufen ist. Beobachter raten zur Vorsicht und betonen, dass Clintons Vorsprung angesichts von Trumps Patzern eigentlich viel größer sein müsste. Unumstritten ist aber, dass Trump vor einer riesigen Herausforderung steht und außer einem „Weiter so“ kein erkennbares Konzept hat.

Wie mehrere Medien berichten, ziehen immer mehr Republikaner die Konsequenzen. Reiche Sponsoren der Partei unterstützen laut „Washington Post“ mit ihren Spenden nicht Trump, sondern die Wahlkämpfe von Abgeordneten und Senatoren. Damit soll bei der am 8. November parallel zur Präsidentschaftswahl anstehenden Kongresswahl ein Kollaps der Partei verhindert werden. Andere Medien melden, mehr als 70 Republikaner wollten die Parteiführung auffordern, alle Ressourcen aus dem Trump-Wahlkampf abzuziehen und auf die Kongresswahl zu konzentrieren.

Trump sieht sich als Opfer einer Kampagne der Medien und der politischen Eliten in Washington. Die Kommentatoren in den Medien nannte der 70-Jährige am Freitag auf Twitter „arme, bedauernswerte Leute“. Allerdings sind bei ihm mittlerweile Anzeichen dafür zu erkennen, dass er selbst an einem Sieg über Clinton im November zweifelt. „Entweder klappt’s am Ende, oder ich mache einen sehr, sehr schönen langen Urlaub“, sagte er dem Fernsehsender CNBC. Die von vielen Parteifreunden geforderte grundsätzliche Revision seines Wahlkampfs lehnt er ab. (mit dpa)

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