Gipfel in Hanoi: Trump nennt Kim seinen „Freund“
Mit Spannung wird das Treffen des US-Präsidenten mit Nordkoreas Machthaber erwartet. Denkbar wäre eine Friedenserklärung. Aber will Kim wirklich abrüsten?
Vor seinem Gipfel mit Kim Jong Un in Hanoi hat US-Präsident Donald Trump sein gutes persönliches Verhältnis zu Nordkoreas Machthaber betont. Auf Twitter nannte er Kim am Mittwoch sogar seinen „Freund“. Zugleich stellte er dem kommunistischen Land wirtschaftliche Entwicklung und Wohlstand in Aussicht, sollte es sein Arsenal an Atomwaffen und Raketen abrüsten. „Das Potenzial ist FANTASTISCH, eine großartige Gelegenheit für meinen Freund Kim Jong Un, wie kaum eine andere in der Geschichte“, schrieb Trump.
Kurz vor seinem Treffen mit Kim kündigt Trump per Twitter an, sie würden sehr hart für ein atomwaffenfreies Korea arbeiten. Dann könne man Nordkorea auch zu einem wirtschaftlichen Kraftzentrum machen.
Das zweitägige Treffen in Vietnams Hauptstadt findet acht Monate nach einem Gipfel in Singapur statt. Die erste Zusammenkunft ist nach Angaben des Weißen Hauses um 18.30 Uhr Ortszeit geplant. Nach der Begrüßung im Hotel „Metropole“ wollen Trump und Kim ein 20-minütiges Gespräch unter vier Augen führen. Dann wollen beide Seiten in kleiner Runde zu einem etwa eineinhalbstündigen Abendessen zusammenkommen. Am Donnerstag sind weitere Gespräche geplant.
Trump traf am Vormittag zunächst mit Vietnams Präsident Nguyen Phu Trong zusammen. Er ist zugleich Generalsekretär der Kommunistischen Partei und damit der starke Mann des südostasiatischen Landes. Die Umgebung des Hotels „Metropole“, wo sich Kim und Trump am Abend treffen, wurde weiträumig abgeriegelt. In der Umgebung sind auch Panzerfahrzeuge und bewaffnete Soldaten postiert. Kim verbrachte den Vormittag in seinem Hotel.
Über die möglichen Ergebnisse des Gipfels wird viel spekuliert. Viele erwarten eine Erklärung zum formellen Ende des Korea-Kriegs (1950-53). Auch über eine Schließung des nordkoreanischen Atomkomplexes Yongbyon sowie die Zulassung von Atom-Inspekteuren, die Einrichtung von Verbindungsbüros zwischen den USA und Nordkorea und die Wiederaufnahme innerkoreanischer Wirtschaftsprojekte wird gemutmaßt.
Trotz der bereits in Singapur bekräftigten grundsätzlichen Bereitschaft zur „Denuklearisierung“ wird kein Durchbruch zur Beseitigung der nordkoreanischen Atomwaffen und Raketen erwartet. Beide Seiten haben nach US-Angaben nicht einmal ein gemeinsames Verständnis, was mit „Denuklearisierung“ genau gemeint ist. Auch scheint Nordkorea bislang nicht bereit, eine Liste seiner Atom- und Raketenstätten zur Verfügung zu stellen.
Mehr als 60 Jahre nach dem Koreakrieg wäre eine Friedenserklärung ein erster, symbolischer Schritt auf dem Weg zu einem Friedensvertrag. Daran müssten eigentlich auch andere wie Südkorea und China beteiligt werden. Die USA und Nordkorea befinden sich völkerrechtlich noch im Kriegszustand, weil es bis heute nur einen Waffenstillstand gibt.
„Denuklearisierung“ gegen glaubwürdige Sicherheitsgarantien
Für Pjöngjang wäre ein Friedensvertrag ein Baustein für eine neue Sicherheitsarchitektur für die Region. Die stalinistische Führung will von den USA als Voraussetzung für eine „Denuklearisierung“ glaubwürdige Sicherheitsgarantien.
Im Korea-Krieg wurden von 1950 bis 1953 schätzungsweise mehr als 3,2 Millionen Menschen getötet. Mit dem Waffenstillstandsabkommen, das den 38. Breitengrad als Grenze zwischen dem kommunistischen Norden und dem westlich orientierten Süden bestätigte, endete der Konflikt nach 37 Monaten.
Die Vorgeschichte geht auf die Kapitulation der Japaner am Ende des Zweiten Weltkriegs zurück, die Korea erobert hatten. Der Süden des Landes wurde von US-Truppen, der Norden von sowjetischen Truppen besetzt. Die Nordkoreaner marschierten am 25. Juni 1950 in den Süden ein und überrannten die kaum vorbereiteten Südkoreaner.
Mitte September 1950 begann die Gegenoffensive der UN-Truppen unter amerikanischem Kommando, die die nordkoreanischen Truppen zurückdrängten. Schließlich stabilisierte sich die Front nahe des 38. Breitengrades. Der Waffenstillstand wurde am 27. Juli 1953 geschlossen. Den Vertrag unterzeichneten Nordkorea, die USA sowie China, das mit „Freiwilligen“ an Nordkoreas Seite gekämpft hatte.
Schließung seines wichtigen Atomkomplexes
Ob sich Nordkorea tatsächlich zur bereits vorher angebotenen Schließung seines wichtigen Atomkomplexes Yongbyon und die Zulassung ausländischer Inspekteure verpflichtet, muss sich zeigen. Dafür verlangt Kim „korrespondierende“ Gegenleistungen der USA - vermutlich eine Lockerung der Sanktionen, unter denen sein isoliertes Land leidet.
Spekuliert wurde darüber, dass die USA im Gegenzug zumindest die innerkoreanischen Wirtschaftsprojekte wieder zulassen würden. Konkret geht es um die Wiedereröffnung des Industrieparks in Kaesong an der innerkoreanischen Grenze sowie die Wiederaufnahme des Reiseprogramms für südkoreanische Touristen im Kumgang-Gebirge an der Ostküste Nordkoreas.
Die Eröffnung von Verbindungsbüros der USA und Nordkorea im jeweils anderen Land wäre ein erster Schritt für eine Normalisierung der Beziehungen. Beide unterhalten keine diplomatische Beziehungen. Die USA lassen sich in Nordkorea von Schweden vertreten. Bisher haben beide Länder auch über Kanäle in den Vereinten Nationen kommuniziert. (dpa)