Konflikt zwischen dem Iran und den USA: Trump hofft auf „Regime Change“ von innen – für seinen Wahlkampf
Trump sichert den Demonstranten Unterstützung zu, die gegen die Mullahs aufbegehren. Der Unmut nach dem Flugzeugabsturz hilft dem US-Präsidenten. Eine Analyse.
John Bolton ist sich ganz sicher. "Regime Change liegt in der Luft. Die Menschen im Iran können es sehen", twitterte der frühere Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump am frühen Sonntagmorgen. Nun ist es so, dass in diesen Tagen jede von Boltons Äußerungen besonders verfolgt wird. Immerhin gilt der 71-Jährige doch als ein möglicher – und äußerst interessanter – Zeuge im Amtsenthebungsverfahren des Kongresses gegen Trump.
Interessant sind die Wortmeldungen des von Trump – auch wegen Differenzen in der Iran-Politik – Entlassenen aber auch, weil sich hier ein Iran-Hardliner in die Karten schauen lässt. Wie er hoffen derzeit viele in Washington, dass das iranische Regime nach dem Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine bei Teheran ins Wanken gerät. Lobt Bolton die Ergebnisse Trump'scher Außenpolitik, die mit der Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani vor einer Woche eine neue Wendung genommen hat, ist das eine Nachricht.
Trump wollte nicht als Zauderer dastehen
Es ist Wahljahr in den USA, und Trump will am 3. November als Sieger dastehen. Dazu braucht er die volle Rückendeckung aller seiner Anhänger, also auch von außenpolitischen Falken wie Bolton. Als Zauderer darf er nicht wirken, auch wenn er seinen Wählern versprochen hat, Militäreinsätze im Ausland zu beenden.
Nachdem er eine Reihe von Provokationen Teherans unbeantwortet ließ, etwa den Abschuss einer US-Drohne, entschied sich der Präsident nun zu einer Machtdemonstration. Die USA hätten sich mit der Tötung Soleimanis lediglich selbst verteidigt, erklärte er anschließend, und nannte angeblich unmittelbar bevorstehende Anschläge auf vier US-Botschaften als Begründung für den Luftangriff.
Nicht unwichtig ist auch, dass Trump auf viele jüdische, aber auch evangelikale Wähler hofft, indem er sich als Schutzmacht Israels darstellt, das sich von dem Regime in Teheran und dessen nuklearen Bestrebungen besonders bedroht sieht. Der US-Präsident bekräftigte gerade erst wieder, er werde es dem Iran niemals erlauben, an Atomwaffen zu gelangen.
Worauf Bolton nun am Sonntag Bezug nahm, als er von der "Regime Change"-Stimmung im Iran schwärmte, sind die neuen Massenproteste in mehreren iranischen Städten. Der Abschuss des Passagierflugzeugs durch die iranischen Revolutionsgarden, bei dem 176 Menschen ums Leben kamen, sowie das späte Schuldeingeständnis des Mullah-Regimes haben die Menschen auf die Straße getrieben.
Trump ließ es sich nicht nehmen, den Demonstranten seine Unterstützung zuzusichern. Er schickte Tweets auf Englisch und Farsi an das "tapfere, leidgeprüfte Volk" im Iran. "Ich stehe seit Beginn meiner Präsidentschaft an Ihrer Seite, und meine Regierung wird Ihnen auch weiterhin zur Seite stehen", schrieb er. "Wir beobachten Ihre Proteste sehr genau und lassen uns von Ihrem Mut inspirieren."
Teheran müsse es Menschenrechtsorganisationen erlauben, "die anhaltenden Proteste des iranischen Volkes" zu beobachten. "Es kann weder ein weiteres Massaker an friedlichen Demonstranten noch eine Abschaltung des Internets geben. Die Welt sieht zu."
Der US-Präsident registriert die Proteste im Iran mit Genugtuung
Hatte es unmittelbar nach der Tötung Soleimanis noch so ausgesehen, als schweiße das die Iraner zusammen, so nimmt die US-Regierung diese Proteste nun mit Genugtuung zur Kenntnis. Der Trump-Vertraute und US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, teilte wie viele andere am Sonntag ein Video auf Twitter.
Darin ist zu sehen, wie Demonstranten an der Beheshti Universität in Teheran einen Bogen um auf den Boden gemalte Flaggen der USA und Israels machen. "Das iranische Volk läuft um die amerikanische und die iranische Flagge herum – anstatt über sie hinwegzulaufen", kommentierte er.
Für Trump kommen die Proteste zur rechten Zeit – zumindest nutzen sie ihm im Streit mit der Opposition, die im vorwirft, die Spannungen unnötig verschärft und die Kriegsgefahr im Nahen Osten erhöht zu haben.