Sergej Lawrow beim US-Präsidenten: Trump hat in Russland-Affäre gleich ein neues Desaster
Die Fotos vom Besuch des russischen Außenministers wollte Donald Trump nicht publiziert sehen. Doch es kam anders. Die Kritik am US-Präsidenten wird schärfer, der Begriff Amtsenthebung macht die Runde.
Manche PR-Desaster lassen tief blicken. Als sich Donald Trump mitten in der Aufregung über die Entlassung von FBI-Chef James Comey mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow traf, wurde die Presse ferngehalten – das Weiße Haus wollte keine Bilder von Trump mit dem Gesandten jenes Staates, der im Zentrum von Comeys Ermittlungen wegen Wahleinmischung stand. Lawrow brachte einen Begleiter mit, der von den Amerikanern zunächst für den offiziellen Fotografen Lawrows gehalten wurde. Doch dann stellte sich heraus, dass er auch für die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass arbeitete: Prompt tauchten weltweit eben jene Fotos von Trump und Lawrow auf, die verhindert werden sollten.
„Sie haben uns reingelegt“, klagten US-Vertreter Medienberichten zufolge. Wie die Fotos belegen, war nicht nur Lawrow bei Trump im Oval Office, sondern auch der russische Botschafter in Washington, Sergey Kisljak – jener Diplomat, dessen enge Kontakte zu Trump-Mitarbeitern die Vorwürfe von Mauscheleien zwischen dem Milliardär und Moskau in den vergangenen Monaten anfachten.
Die Panne am Rande des Skandals um Comey verdeutlicht für Gegner des Präsidenten wieder einmal, wie unfähig und geheimnistuerisch die Trump-Truppe ist: Russland – und nicht das US-Präsidialamt – bestimmt, wer sich dem amerikanischen Staatschef bis auf wenige Meter nähern darf. Die Episode verstärkt bei Kritikern zudem den Eindruck, dass Trump viel zu verbergen hat und dass Comey gehen musste, weil er bei der Untersuchung möglicher Kontakte zwischen dem Trump-Wahlkampf und Moskau der Wahrheit zu nahe kam.
Fest steht inzwischen, dass sich Präsident und FBI-Chef in herzlicher gegenseitiger Abneigung verbunden waren. Als Trump vor einiger Zeit ohne jeden Beweis eine gegen ihn gerichtete Abhöraktion seines Vorgängers Barack Obama beklagte, sagte Comey engen Mitarbeitern, der Präsident sei „verrückt“, wie die „New York Times“ meldete. Trump wiederum hielt Comey für illoyal und regte sich darüber auf, dass der FBI-Chef den Verdacht einer Mauschelei mit Russland im Wahlkampf weiter verfolgte. Mit dem Polizeiboss stimme etwas nicht, soll der Präsident vor wenigen Tagen gesagt haben.
Im Kongress regt sich auch in Trumps Partei deutlicher Unmut. Der von dem Republikaner Richard Burr geführte Geheimdienstausschuss im Senat forderte jetzt unter Strafandrohung bei Trumps früherem Sicherheitsberater Michael Flynn alle Unterlagen an, die zur Aufklärung der Russland-Kontakte der Mitarbeiter des Präsidenten beitragen können. Bisher hatten sich Flynn und Regierungsbeamte geweigert, mit den Senatoren zu kooperieren. Die Strafandrohung des Senats war der erste Schritt dieser Art seit mehr als 15 Jahren.
Immer mehr Wetten auf eine vorzeitige Ablösung Trumps
Doch das heißt nicht, dass sich alle Republikaner abwenden: Die Führung der Partei hält weiter zu ihrem Chef. Der Fraktionschef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, lehnt die Berufung eines Sonderermittlers zur Untersuchung der mutmaßlichen Russland-Connection ab. McConnell will lieber dafür sorgen, Gesetzgebungsvorhaben des Präsidenten wie die Gesundheits- und die Steuerreform durch den Senat zu bringen.
Auch Rufe nach einem Amtsenthebungsverfahren gegen Trump haben derzeit nur wenig Chancen, gehört zu werden. Eine Online-Petition mit dem Ziel, Trump aus dem Weißen Haus zu werfen, hat zwar rund eine Million Unterschriften zusammengebracht; auch registrieren Buchmacher, dass immer mehr Kunden auf Trumps Ablösung vor dem Ende seiner regulären Amtszeit wetten. Doch die Hürden für eine Entlassung des Präsidenten sind so hoch, dass für die Trump- Gegner derzeit kaum Aussicht auf Erfolg besteht.
Laut Verfassung muss die Initiative zur Amtsenthebung vom Repräsentantenhaus ausgehen und im zuständigen Ausschuss und anschließend im Plenum mit absoluter Mehrheit beschlossen werden. Dann kommt der Fall in den Senat, wo eine Art Gerichtsverfahren stattfindet. Am Ende muss der Senat einer Amtsenthebung mit einer Zweidrittel-Mehrheit zustimmen. Da Trumps Republikaner in beiden Häusern des Kongresses die Mehrheit haben, muss sich der Präsident derzeit keine Sorgen machen.
Theoretisch kann sich das in den kommenden Wochen und Monaten ändern. Für Trump könnte es eng werden, wenn sich herausstellen sollte, dass er den FBI-Chef tatsächlich nur deshalb entlassen hat, weil er die Aufdeckung potenziell illegaler Machenschaften verhindern wollte. In diesem Fall sähe sich der Präsident dem Vorwurf einer Strafvereitelung im Amt gegenüber.
Derzeit bewege sich alles darauf zu, sagte der Abgeordnete Ruben Gallego von den Demokraten. Noch aber sei es nicht so weit. Politiker wie er sammeln Material, um es in einem möglichen Verfahren verwenden zu können. Die Basis der Demokraten macht unterdessen weiter Druck auf den Kongress. Mehrere Gruppen fordern das Parlament auf, dem Präsidenten den Prozess zu machen. Die Vergleiche zwischen Donald Trump und dem Watergate-Präsidenten Richard Nixon, der 1974 aus dem Amt gejagt wurde, häufen sich.