Amerikas Außenpolitik: Trump auf Schlingerkurs
Iran, Israel, Russland: Die US-Administration sucht nach einer außenpolitischen Linie. Zu erkennen ist sie noch nicht. Eine Analyse.
Donald Trump hält große Stücke auf sein Bauchgefühl. Er habe nichts übrig für vorsichtige Prüfungen von politischen Maßnahmen, sagte der US-Präsident kürzlich dem christlichen Fernsehsender CBN. „Normalerweise tue ich, was richtig ist.“ Doch zwei Wochen nach seiner Vereidigung macht der Basta-Präsident Bekanntschaft mit der komplizierten Realität der internationalen Politik, in der spontane Schritte unvorhergesehene Folgen haben können. Die Folge ist ein Schlingerkurs zwischen Trumps Twitter-Diplomatie auf der einen und Signalen einer konventionelleren Politik auf der anderen Seite.
Mit CBN sprach Trump über den Plan, Amerikas Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Eine solche Entscheidung der USA wäre eine Anerkennung der israelischen Ansprüche auf die ganze Stadt, die auch den Muslimen heilig ist – und eine Provokation für die Palästinenser. Christliche Fundamentalisten in den USA und die israelische Rechte jubilieren schon, doch Trump zögert. Der jordanische König Abdullah beschwor die Trump-Regierung in den vergangenen Tagen bei einem Besuch in Washington, die Botschaft in Tel Aviv zu lassen. Selbst der israelische Geheimdienst befürchte, dass der Umzug die Extremisten stärken werde, soll der König gesagt haben.
Seine Regierungsarbeit an „sehr detaillierten Studien“ über die Botschaftsfrage, sagte Trump, und fügte hinzu: „So etwas passt eigentlich nicht zu mir.“ Doch diese Angelegenheit sei „nicht einfach“ und habe zwei Seiten. Wenige Tage nach Trumps CBN-Interview kritisierte das Weiße Haus außerdem erstmals die israelische Siedlungspolitik. Ein weiterer Ausbau der jüdischen Wohnungen auf palästinensischem Territorium sei möglicherweise nicht hilfreich bei der Suche nach einer Friedenslösung im Nahen Osten, erklärte das Weiße Haus.
100.000 Visa widerrufen
Solche Differenzierungen sind ungewöhnlich für einen Präsidenten, der aufräumen will mit den Einsprüchen und Vorbehalten der außenpolitischen Elite in Washington. Die umstrittenen Einreiseverbote für Muslime und die geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko sind schon mehr nach seinem Geschmack. Mehr als tausend Mitarbeiter des US-Außenamts protestierten in den vergangenen Tagen mit einem Protestbrief gegen diesen Kurs. Wegen des Einreiseverbots sollen laut Medienberichten mehr als 100.000 Visa widerrufen worden sein.
Trump sieht Außenpolitik als eine Reihe von Deals, bei denen er das Beste für Amerika herausholen will, nicht als Bereich einer Vision von internationaler Verständigung und westlichen Bündnissen. Der Präsident drohte dem Iran, er schaue sich „alle Optionen“ – also auch die militärische – beim Umgang mit Teheran an. Per Twitter schob er am Freitag nach, Iran spiele mit dem Feuer und solle sich nicht darauf verlassen, dass er genauso „nett“ zu Teheran sein werde wie sein Vorgänger Barack Obama es gewesen sei.
Selbst Verbündete werden nicht verschont
Wichtige Berater, wie Trumps Chefstratege Stephen Bannon, stehen für diese Linie. Das Telefonat des Präsidenten mit dem australischen Ministerpräsidenten Malcolm Turnbull, bei dem Trump sehr laut geworden sein soll, machte deutlich, dass selbst Verbündete Washingtons nicht vom ruppigen Ton der neuen Regierung verschont bleiben. Auch mit Mexiko hat Trump Krach.
Doch inzwischen mischen sich nicht nur mit Blick auf Israel immer mehr Töne in Trumps Außenpolitik, die eher an die traditionelle Line der USA erinnern als an einen Bildersturm. UN-Botschafterin Nikki Haley kritisierte das russische Vorgehen in der Ost-Ukraine und erklärte, die internationalen Sanktionen gegen Moskau würden nicht aufgehoben, bis Wladimir Putin die Ukraine in Ruhe lasse und die russischen Truppen aus der annektierten Krim abziehe
Haleys Vorwurf „aggressiver Handlungen Russlands“ steht in einem scharfen Gegensatz zu Trumps Kuschelkurs mit Moskau. Selbst US-Geheimdiensterkenntnisse über russische Manipulationsvorwürfe bei der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr haben den Präsidenten nicht zu Kritik an Putin bewegen können.
Auch in der Auseinandersetzung mit dem Iran schickt sich die Trump-Regierung an, ihre eigene scharfe Rhetorik abzuschwächen. Im Wahlkampf hatte der Präsident noch verkündet, er werde das Atomabkommen mit Teheran aufkündigen. Jetzt hat die US-Regierung nach Angaben des Finanzministeriums zwar neue Sanktionen gegen den Iran verhängt, die Strafmaßnahmen der Obama-Zeit ähneln. Sie betreffen 25 Firmen und Einzelpersonen im Iran und in China, die nach Auffassung der USA das iranische Raketenprogramm und die Revolutionsgarden unterstützen. Von einem Ende der Nuklear-Vereinbarung ist bisher nicht die Rede.
Schon bald dürfte sich herausstellen, welches der widersprüchlichen Signale der Trump-Leute verbindliche Politik wird. In der Frage des Botschaftsumzugs in Israel will Trump bald entscheiden – am 15. Februar empfängt er den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. .