Eskalation in der Straße von Hormus: Trotz allem eine Chance für die Diplomatie
Der Angriff des Iran auf einen Öltanker wird zur Kriegsgefahr. Es braucht eine Lösung, bei der die beiden Hauptgegner ihr Gesicht wahren können. Ein Kommentar.
Der iranische Angriff auf den britischen Öltanker „Stena Impero“ rückt den Nahen Osten näher an einen Krieg heran. Die USA, bereits mit starken Marine- und Luftwaffenverbänden am Golf vertreten, verstärken ihre Truppenpräsenz weiter. Und doch bietet die gefährliche Lage eine Chance für die Diplomatie.
Sie liegt darin begründet, dass weder Teheran noch Washington einen großen Krieg wollen. Die Führung der Islamischen Republik weiß, dass ein regionaler Konflikt die Existenz des Regimes gefährden würde. Auch Trump hat kurz vor dem Wahljahr 2020 kein Interesse an einem neuen Krieg in Nahost. Das ist ein wichtiger Unterschied zu der Situation etwa vor dem amerikanischen Angriff auf den Irak im Jahr 2003.
Damals ging es der US-Regierung um den Sturz von Saddam Hussein – als Teil eines neokonservativen Traums von einem pro-westlichen Nahen Osten. Heute dagegen will Trump die Mullahs nicht stürzen, sondern zu einem Deal zwingen. Wenn er ihn bekommt, sinkt die Kriegsgefahr.
Und der Iran will ein Ende der US-Sanktionen und hat die Zustimmung zu strikteren Atomkontrollen angedeutet. Die Regierung braucht jedoch Zugeständnisse der USA, um einen solchen Schritt innenpolitisch rechtfertigen zu können. Hier können internationale Vermittler wie Frankreich oder Deutschland ansetzen.
Den Groll zurückstellen
Die Kunst der Diplomatie liegt in einer Lösung, bei der beide Seiten das Gesicht wahren können, auch Trump: Es darf jetzt keine Rolle spielen, dass es der US-Präsident war, der der Welt die Suppe überhaupt erst eingebrockt hat, indem er das funktionierende Atomabkommen aufgekündigte. Das fällt den Europäern nicht leicht, aber sie müssen ihren Groll erst einmal zurückstellen. Schwierig genug wird eine Vermittlung ohnehin. Auch wenn niemand einen großen Krieg will, gehen Planer im Iran wie in Amerika möglicherweise doch davon aus, dass ein bewaffneter Konflikt beherrschbar und schnell wieder vorüber wäre und deshalb in Kauf genommen werden kann.
Doch Kriege lassen sich nur selten schnell, leicht und billig wieder beenden. Das sollten alle Akteure bei ihren waghalsigen Manövern im Hinterkopf behalten.