Ex-Umweltminister zu Sondierungen: Trittin: "Für die Grünen steht es 0:10"
Der Ex-Umweltminister spricht von einer ernüchternden Woche bei den Sondierungen. Die Kanzlerin bemüht sich beim Klimaschutz um einen Brückenschlag.
Vor der entscheidenden Woche der Jamaika-Sondierungen haben die Grünen eine kritische Bilanz der Verhandlungsfortschritte gezogen. „Diese Woche war für uns ernüchternd“, sagte Ex-Umweltminister Jürgen Trittin dem Tagesspiegel. „Wenn heute Grünen-Parteitag wäre, müsste ich sagen: Von unserem Zehn-Punkte-Programm ist noch kein einziger Punkt umgesetzt. Für die Grünen steht es 0:10.“
Bei einigen Themenfeldern habe es sogar Rückschritte gegenüber einer früheren Annäherung der Partner gegeben, klagte Trittin. So habe FDP-Chef Christian Lindner am Freitag die zuvor erzielte Verständigung wieder infrage gestellt, wonach Deutschland konstruktiv auf die Europa-Reformvorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron eingehen werde. Zugleich verwies der Grünen-Politiker aber darauf, dass die Sondierung weitergehe. Noch seien die Verhandlungen nicht zu Ende, sagte er.
Trittin machte deutlich, dass die Grünen kein Regierungsbündnis eingehen werden, wenn dessen Grundlagen nicht stimmen. Formelkompromisse reichten nicht. „Ich bin da ganz ruhig“, sagte der Ex-Parteichef. „Ich glaube, wir Grünen müssen am wenigsten Angst vor Neuwahlen haben. CSU und CDU brauchen diese Koalition viel mehr als wir.“
Grüne fordern Entgegenkommen der Partner
Wie Trittin verlangte auch Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner ein Entgegenkommen der Partner. „Am Ende der Woche haben wir verbale Aufgeschlossenheit bei weitgehender Verhaltensstarre der anderen Parteien“, sagte Kellner der Nachrichtenagentur AFP. „Das reicht noch nicht.“
Zum Ende der Beratungen am Freitag hatten die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen von Fortschritten gesprochen, obwohl es bei den zahlreichen Streitthemen nach wie vor keinen Durchbruch gab. Am Sonntag wollen die Parteichefs und Verhandlungsführer zu einem Spitzentreffen im kleinen Kreis zusammenkommen. Abgeschlossen werden sollen die Sondierungen am Donnerstag.
Die Grünen-Verhandlungsführerin Katrin Göring-Eckardt forderte in einem am Freitagabend veröffentlichten Video ebenfalls mehr Entgegenkommen der drei übrigen Jamaika-Parteien CDU, CSU und FDP. „Jetzt muss auch von den anderen mal ein Kompromissangebot kommen“, sagte sie. „Man kann keine Brücke nur von einer Seite bauen.“
Die Grünen hatten zu Wochenbeginn bei den Streitthemen Kohleenergie und Verbrennungsmotor Zugeständnisse in Aussicht gestellt. „Zurückgekommen ist nicht sehr viel“, kritisierte Göring-Eckardt. Mit Blick auf die nächste Woche fügte sie hinzu: „Da ist noch ein riesiger Berg Arbeit vor uns.“
Merkel plädiert für ein Miteinander von Klimaschutz und Wirtschaft
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bemühte sich unterdessen um einen Brückenschlag beim strittigen Thema Klimaschutz. Wirtschaftliche Entwicklung und Klimaschutz müssten Hand in Hand gehen, erklärte sie. „Wenn Stahlwerke, Aluminiumwerke, Kupferhütten, wenn die alle unser Land verlassen und irgendwohin gehen, wo die Umweltvorschriften nicht so gut sind, dann haben wir für das Klima auf der Welt auch nichts gewonnen“, warnte sie.
Die CDU-Chefin plädierte für ein Miteinander von Klimaschutz und Wirtschaft. Es müssten Regeln gefunden werden, „dass einerseits die Arbeitsplätze erhalten werden können – und trotzdem unsere Wirtschaft Vorbildcharakter entwickelt für die Entwicklung der Weltwirtschaft“. (mit Reuters)