Brexit-Gespräche: Treffen von Juncker und Johnson endet ohne Ergebnis
Nach dem Treffen des britischen Premiers mit dem EU-Kommissionschef scheint die Lage unverändert. Eine anschließende Pressekonferenz ließ Johnson platzen.
Ein Brexit-Treffen des britischen Premierministers Boris Johnson mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat am Montag zunächst keine greifbaren Ergebnisse gebracht. Juncker erklärte anschließend, es sei an Großbritannien, umsetzbare und mit dem bereits fertigen Austrittsabkommen vereinbare Vorschläge zu unterbreiten. "Solche Vorschläge sind noch nicht gemacht worden", fügte er hinzu.
Juncker wiederholte anschließend, es sei an Großbritannien, umsetzbare und mit dem Austrittsabkommen vereinbare Vorschläge zu unterbreiten. "Solche Vorschläge sind noch nicht gemacht worden", betonte Juncker. Johnson gab bekannt, man sei sich einig, die Gespräche zu intensivieren und demnächst jeden Tag zu führen.
Die EU-Kommission werde rund um die Uhr verfügbar bleiben, hieß es weiter. In dem Verfahren werde der EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober ein wichtiger Meilenstein. Die 27 bleibenden EU-Länder blieben geeint, betonte Juncker. Er werde dem Europaparlament am Mittwoch in Straßburg Bericht erstatten.
Die Kommission erklärte nach dem Treffen, Juncker habe den britischen Premier daran erinnert, "dass es in der Verantwortung des Vereinigten Königreichs liegt, rechtswirksame Lösungen zu finden, die mit dem Austrittsabkommen vereinbar sind".
Johnson lässt gemeinsame Pressekonferenz mit Bettel ausfallen
Der britische Premierminister Boris Johnson hat bei seinen Brexit-Gesprächen in Luxemburg eine geplante Pressekonferenz mit Regierungschef Xavier Bettel ausfallen lassen. Bettel trat nach einem Treffen mit Johnson am Montagnachmittag alleine vor die Mikrofone, nachdem sich am Ort der Pressekonferenz eine Gruppe lautstarker Brexit-Gegner eingefunden hatte.
Bettel äußerte sich darauf alleine an einem der beiden vorbereiteten Pulte vor der britischen, der EU- und der luxemburgischen Flagge. Er zeigte sich empört, dass sechs Wochen vor dem geplanten Brexit auf britischer Seite weiter keine Klarheit herrsche. Er forderte Johnson auf, endlich Vorschläge vorzulegen. "Die Uhr tickt. Nutzen Sie Ihre Zeit weise", sagte Bettel.
Johnson hatte in Luxemburg zuvor EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker getroffen. Die EU-Kommission erklärte danach, die britische Seite habe bisher keine umsetzbaren Vorschläge zur Lösung der umstrittenen Nordirland-Frage unterbreitet. Aus London hieß es, beide Seiten hätten aber vereinbart, dass es bald täglich Gespräche mit der EU geben werde.
"Der Brexit ist nicht meine Entscheidung", sagte Bettel, der sich regelrecht in Rage redete und immer wieder Applaus der Brexit-Gegner bekam. "Ich bedauere ihn zutiefst." Die Briten könnten jetzt aber nicht die EU dafür verantwortlich machen, "dass sie aus dieser Situation nicht herauskommen". Später sprach Bettel von "Chaos".
Juncker vorab vorsichtig optimistisch
Johnson hatte am Montag in Luxemburg zu seinen Erwartungen an das Treffen gesagt, er sei "vorsichtig". Juncker zeigte sich "vorsichtig optimistisch". Für Österreichs Regierung ist das Treffen die letzte Chance, um vor dem Brexit Ende Oktober in wirkliche Verhandlungen mit London einzusteigen. Sonst drohe ein chaotischer Austritt ohne Abkommen.
An dem Treffen in Luxemburg nahmen auch EU-Brexit-Verhandlungsführer Michel Barnier und der britische Brexit-Minister Stephen Barclay teil. Geplant war ein Arbeitsessen in einem Restaurant. Trotz der vollkommen festgefahrenen Situation nur gut sechs Wochen vor dem Brexit-Termin sagte Juncker, Europa verliere "nie die Geduld".
Die finnische EU-Ratspräsidentschaft erklärte, die Mitgliedstaaten seien weiter grundsätzlich zu Verhandlungen bereit. Dazu müsse London aber "einen richtigen Vorschlag" vorlegen, sagte die finnische Europaministerin Tytti Tuppurainen in Brüssel, deren Land derzeit den EU-Vorsitz innehat. Bisher habe sie aber keinen Plan Londons gesehen, der die umstrittene Auffanglösung für Nordirland ersetzen könnte.
"Je wütender Hulk wird, desto stärker wird Hulk"
Johnson bekräftigte vor dem Treffen seine Absicht, Großbritannien notfalls ohne Abkommen am 31. Oktober aus der EU zu führen. Wenn es Fortschritte in den kommenden Tagen gebe, wolle er am EU-Gipfel am 17. Oktober teilnehmen "und eine Vereinbarung abschließend aushandeln", sagte er dem "Daily Telegraph" (Montagsausgabe). "Aber seien Sie versichert, wenn wir keinen Deal bekommen (...) dann wird Großbritannien trotzdem austreten."
Am Wochenende hatte der Premier Großbritannien beim Brexit mit dem Superhelden Hulk verglichen. "Je wütender Hulk wird, desto stärker wird Hulk", sagte er. "Und er ist immer davon gekommen, ganz gleich, wie eng es für ihn aussah - und das trifft auf dieses Land zu".
Das britische Unterhaus hatte ein von Johnsons Vorgängerin Theresa May mit der EU ausgehandeltes Abkommen mehrfach abgelehnt und zuletzt der Regierung auferlegt, den Austritt erneut auf Ende Januar zu verschieben, falls es keine Einigung auf ein neues Abkommen mit der EU gibt. Johnson lehnt eine neuerliche Verschiebung des Brexit jedoch ab.
Dramatische Auswirkungen im Falle des No-Deal-Brexit erwartet
Juncker hatte Johnson am Wochenende vorgeworfen, keine alternativen Vorschläge für die umstrittene Auffanglösung für Nordirland vorgelegt zu haben. Sie soll verhindern, dass Grenzkontrollen zwischen der britischen Provinz und dem EU-Mitglied Irland nach dem Brexit eingeführt werden. Mit Johnsons Vorgängerin May wurde deshalb vereinbart, dass Großbritannien notfalls insgesamt in einer Zollunion mit der EU bleibt. Dies lehnen aber die Brexit-Hardliner ab.
Wenn Johnson in Luxemburg nicht "mit etwas Neuem im Gespräch" komme, "dann ehrlich gesagt gibt es auf unserer Seite keinen Bedarf mehr" für Verhandlungen, sagte Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg in Brüssel. "Dann wird es einen 'Hard Brexit' geben." Gemeint ist damit ein Austritt Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen mit der Gemeinschaft.
Im Falle eines No-Deal-Brexit werden dramatische Auswirkungen erwartet. Diese reichen von Staus an den britischen Häfen wegen wiedereinführter Zollkontrollen bis zu Lebensmittel- und Medikamenten-Engpässen in Großbritannien. (mja, mit Agenturen)