Krieg in Syrien: Tödlicher Angriff auf Dorf bei Aleppo erfolgte durch US-Luftwaffe
Dutzende sterben bei einem Bombardement im Norden Syriens. Aktivisten sprechen von Toten in einer Moschee. Die sei intakt, sagen die Vereinigten Staaten. Ziel sei ein Al-Kaida-Treffen in der Nähe gewesen.
Die US-Streitkräfte haben die Verantwortung für einen tödlichen Angriff in Syrien übernommen, bei dem nach Angaben von Aktivisten eine Moschee getroffen wurde. Das zuständige US-Zentralkommando (Centcom) erklärte in der Nacht zu Freitag, Ziel des Angriffs sei ein Treffen von Extremisten des Terrornetzwerks Al-Kaida gewesen. Ein Gotteshaus sei nicht gezielt angegriffen worden. Nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden mindestens 42 Menschen getötet.
"Wir haben keine Moschee angegriffen, aber das Gebäude, auf das wir gezielt haben - wo das Treffen stattgefunden hat - ist etwa 15 Meter von einer Moschee entfernt, die noch steht", sagte Centcom-Sprecher John Thomas. Vorwürfen, wonach es bei dem Angriff "zivile Opfer" gegeben habe, würden überprüft. Das Centcom ist das Zentralkommando der US-Truppen im Nahen und Mittleren Osten.
In der Centcom-Erklärung hieß es, dass die "US-Streitkräfte einen Luftangriff auf eine Versammlung von Al-Kaida in der Provinz Idlib ausgeführt haben, bei dem mehrere Terroristen getötet wurden". Der Sprecher erläuterte anschließend, dass der genaue Ort des Luftangriffs unklar sei, dass es sich aber wohl um denselben Angriff handele, der die Moschee im Dorf Al-Dschinnah in der Nachbarprovinz Aleppo getroffen habe.
Gläubige waren gerade beim Abendgebet
Bei dem Luftangriff im Norden Syriens starben Aktivisten zufolge mindestens 42 Menschen. Bei den meisten Opfern handele es sich um Zivilisten, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstagabend mit. Dutzende Menschen seien verletzt worden. Viele von ihnen lägen noch unter den Trümmern des Gebäudes. Aktivisten sprachen noch einer noch höheren Zahl an Todesopfern.
Getroffen wurde demnach eine Moschee in dem von Rebellen kontrollierten Ort Al-Dschinnah westlich von Aleppo, während dort Gläubige zum Abendgebet zusammengekommen waren. Aktivisten berichteten, es seien etwa 300 Menschen in der Moschee gewesen. Bilder zeigten Leichen auf dem Boden des Gebäudes. In der Region sind zahlreiche Vertriebene untergekommen, die im vergangenen Jahr aus dem heftig umkämpften Aleppos geflohen war.
Ehe das US-Zentralkommando die Verantwortung übernahm, war unklar, wer den Angriff ausgeführt hatte. In der Region fliegen regelmäßig Jets der syrischen und russischen Luftwaffe Angriffe. Sie bekämpfen dort bewaffnete Gegner der Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Auch die US-geführte internationale Koalition greift in Syrien immer wieder extremistische Gruppen an. Dazu zählt die Al-Kaida-nahe Miliz Tahrir-al-Scham-Front (Ex-Al-Nusra-Front), die im Norden und Nordwesten Syriens Stellungen hat. Seit Anfang des Jahre sind bei Luftschlägen Dutzende Anführer der Gruppe getötet worden.
Immer wieder Luftangriffe trotz Waffenruhe
Im Bürgerkriegsland Syrien gilt eigentlich seit Ende Dezember eine Waffenruhe. Trotzdem kommt es immer wieder zu Luftangriffen gegen Rebellen. Ausgenommen von der Waffenruhe sind neben der Tahrir-al-Scham-Front auch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Die Opposition war in dieser Woche neuen Verhandlungen über eine Stärkung der Waffenruhe in der kasachischen Hauptstadt Astana ferngeblieben. Sie protestierte damit gegen Verstöße gegen die Feuerpause, die sie der Regierung und ihrem Verbündeten Russland vorwerfen.
Erst am Mittwoch waren in der von Rebellen kontrollierten Stadt Idlib im Nordwesten Syriens bei einem Luftangriff 26 Menschen ums Leben gekommen, darunter 14 Kinder. Die Menschenrechtsbeobachter gingen davon aus, dass dafür russische Flugzeuge verantwortlich waren.
Der Syrien-Konflikt hatte sich in dieser Woche zum sechsten Mal gejährt. Er war im März 2011 mit Protesten gegen die autoritäre Regierung ausgebrochen. In dem Bürgerkrieg sind mindestens 400 000 Menschen ums Leben gekommen. (AFP, dpa)
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