„Entgrenzung zur Mitte hin“: Thüringens Innenminister sieht „rechtsextremistische Aktivitäten wie noch nie“
Thüringens Innenminister Georg Maier warnt vor der Gefährdung der Demokratie durch den Rechtsextreme. Die CDU will mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Ressortchef Georg Maier (SPD), sieht in Deutschland eine beispiellose Gefahr durch den Rechtsextremismus. „Wir haben rechtsextremistische Aktivitäten wie noch nie“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
„Unsere Demokratie steht tatsächlich unter Druck“, sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz. „Wir sind deshalb aufgerufen, alles in unserer Macht stehende zu tun, um diese Demokratie zu verteidigen. Das ist eine große Aufgabe.“
Maier warnte vor einer „Entgrenzung des Rechtsextremismus zur Mitte hin“. Diese drücke sich in Veranstaltungen ebenso aus wie im Kauf von Immobilien durch Rechtsextremisten. „Der Verfassungsschutz hat dadurch enorm an Bedeutung gewonnen“, betonte der thüringische Innenminister.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thoms Haldenwang, stellen am Donnerstagvormittag den Verfassungsschutzbericht 2019 vor. Es wird erwartet, dass der Rechtsextremismus darin eine zentrale Rolle spielt. Seehofer hatte den Rechtsextremismus bereits die „größte Bedrohung in unserem Land“ genannt.
Anstieg der extremistischen Straftaten
Die Union erwartet in den Verhandlungen über eine Erweiterung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden von der SPD mehr Kompromissbereitschaft. „Wir erleben derzeit eine Stärkung der extremistischen Ränder: Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten ist im vergangenen Jahr um fast zehn Prozent, die der linksextremistischen Straftaten um fast 40 Prozent gestiegen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, der Deutschen Presse-Agentur. Zur wirksamen Bekämpfung von Extremismus gehörten jedoch auch „zeitgemäße Befugnisse“ für die Sicherheitsbehörden.
„Es ist unverständlich, dass gerade die SPD hier eine Verweigerungshaltung einnimmt“, kritisierte der CDU-Politiker. Um etwa rechtsterroristische Straftaten zu verhindern, brauche der Verfassungsschutz die Erlaubnis zur Online-Durchsuchung. Wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst rechtsextremistische Netzwerke aufdecken sollten, müssten sie dafür endlich auch auf verschlüsselte Kommunikation über Messengerdienste wie WhatsApp oder Skype zugreifen können.
Der Streit zwischen Union und SPD über zusätzliche Befugnisse für den Verfassungsschutz dauert bereits seit mehr als einem Jahr an. Im Frühjahr dieses Jahres hatte es zwischenzeitlich so ausgesehen, als könne man sich auf einen Kompromiss einigen. Kurz darauf war dem Vernehmen nach ein neuer Konflikt über die Frage, wer auf welche Form von verschlüsselter Kommunikation zugreifen darf, entbrannt. (AFP, Reuters, dpa)