Bürgerkrieg in Libyen: Terror, Krieg und Menschenhandel
In Libyen soll der militante Islamist Mokhtar Belmokhtar getötet worden sein. Das Land versinkt im Chaos und zieht Kriminelle wie Radikale an.
Einer der gefährlichsten Terroristen Nordafrikas soll in Libyen getötet worden sein. US-Kampfflugzeuge griffen in der Nacht zu Sonntag ein Gehöft rund 160 Kilometer westlich von Bengasi an, in dem sich Mokhtar Belmokhtar aufgehalten haben soll. Libysche Vertreter bestätigten jetzt seinen Tod. Doch der gebürtige Algerier war schon mehrmals für tot erklärt worden, 2013 meldete die Armee des Tschad, sie habe Belmokhtar in Mali zur Strecke gebracht. Der 43-Jährige führte lange das Al-Qaida-Netzwerk im Maghreb, war dann aber mit einer eigenen Gruppe aktiv. Zuletzt gab es widersprüchliche Berichte über eine mögliche Kooperation mit dem sogenannten Islamischen Staat (IS). Belmokhtar gilt als Drahtzieher des Angriffs auf ein algerisches Gasfeld, bei dem vor zwei Jahren 38, zumeist westliche Geiseln getötet wurden. Auch an der Entführung westlicher Saharatouristen 2003 war er beteiligt.
Zufluchtsort für Radikale
Dass sich Belmokhtar nach Libyen abgesetzt hatte, überrascht nicht. Seit dem Sturz von Diktator Muammar al Gaddafi 2011 ist das Land Schritt für Schritt ins Chaos abgeglitten – was auch dazu führte, dass es zur Drehscheibe im Flüchtlingsverkehr zwischen Afrika und Europa wurde. Inzwischen herrscht in Libyen Bürgerkrieg. Beteiligt sind zwei rivalisierenden Regierungen mit Sitz in Tripolis beziehungsweise Tobruk, die jeweils von unterschiedlichen militanten, teilweise radikalislamistischen Gruppen unterstützt werden. „Wenn Algerien in der Vergangenheit die zentrale Rolle für Nordafrikas dschihadistische Bewegungen gespielt hat, so liegt deren Zukunft in Libyen“, heißt es in einer Lageanalyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).
Terrortouristen kehren zurück
Unter Gaddafi hätten libysche Dschihadisten jahrzehntelang im Untergrund agiert oder seien ins Ausland abgewandert, schreibt SWP-Experte Wolfgang Lacher weiter. Viele sammelten Kampferfahrungen in Afghanistan, Tschetschenien oder im Irak und kehrten nach dem Tod Gaddafis in ihr Heimatland zurück. Drei Generationen dschihadistischer Kämpfer hat Lacher in Libyen ausgemacht. Die letzte diente dem selbst ernannten „Islamischen Staat“ (IS) in Syrien und gewinnt mit einem IS-Ableger in Libyen immer mehr an Einfluss.
Wende bei den Friedensverhandlungen?
Die von den UN moderierten Friedensverhandlungen in Marokko waren unter diesen Umständen zunächst kaum vorangekommen. Die Hauptakteure setzten sich nicht einmal an einen Tisch. Der UN-Sondergesandte Bernardino Léon musste zwischen den Delegationen pendeln. Doch nun scheint Bewegung in die Gespräche zu kommen. In der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung die 23 libyschen Verhandlungsführer sowie Vertreter der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China), der EU, der UN und der Mittelmeeranrainer Spanien und Italien nach Berlin eingeladen. Hier gelang es, die Libyer zu direkten Gesprächen zu bewegen. Sie willigten außerdem ein, Leóns Vorschlag zur Bildung einer Einheitsregierung zur Grundlage für weitere Verhandlungen zu machen. In dieser Woche wollen sich die Parlamente der konkurrierenden Regierungen damit befassen. „Eine handlungsfähige libysche Einheitsregierung ist auch in unserem Interesse, nicht nur als Ansprechpartner bei der Bekämpfung krimineller Schleuserbanden“, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Nur mit vereinten Kräften könne auch die Bedrohung durch Terrorgruppen wie den „Islamischen Staat“ eingedämmt werden.
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