Nach dem US-Regierungswechsel: Teheran bewegt sich – ein bisschen
Iran schlägt Vermittlung der EU im Atomstreit mit den USA vor. Signal aus Washington: Flugzeugträger „Nimitz“ verlässt Persischen Golf.
Die Bundesregierung bereitet sich nach dem Regierungswechsel in den USA auf „eine Phase intensiver Diplomatie“ zur Lösung des Streits um das iranische Atomprogramm vor. Das erfuhr der Tagesspiegel Zeitung aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Erste Gespräche haben demnach bereits stattgefunden. Der Iran will, dass Europa sich als Vermittler engagiert, um die Rückkehr der USA ins Atomabkommen von 2015 und das Ende iranischer Vertragsverstöße zu koordinieren.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell könnte nötige Handlungen für eine Rückkehr beider Seiten zum Atomabkommen koordinieren, sagte Sarif in einem am Montag veröffentlichten Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN. Mit dem Vorschlag rückt Teheran von der bisherigen Forderung ab, die USA müssten den ersten Schritt tun. Die US-Regierung holt als Signal der Entspannung einen Flugzeugträger aus dem Nahen Osten in seinen amerikanischen Heimathafen zurück.
Bisher hatte der Iran darauf bestanden, dass die USA den unter Donald Trump vollzogenen Austritt aus dem Abkommen von 2015 rückgängig machen müssten, bevor iranische Zugeständnisse möglich seien. Der iranische Außenminister Dschawad Sarif gab sich im US-Fernsehsender CNN nun aber kompromissbereit. Sarif sagte, das Timing sei kein Problem. Die USA sollten die von Trump eingeführten Sanktionen aufheben – zur gleichen Zeit könnte der Iran die Vertragsverletzungen beenden.
Biden will zum Atomabkommen zurückkehren
Vor allem wegen einer intensivierten Urananreicherung durch Teheran befürchten der Westen und die Gegner des Iran im Nahen Osten, dass der Iran eine Atombombe entwickeln will. Das sollte durch den Vertrag von 2015 verhindert werden. Trump hatte das Abkommen 2018 aufgekündigt und versucht, den Iran mit strengen Wirtschaftssanktionen zu Zugeständnissen zu bewegen. Nach Ansicht von Trumps Nachfolger Joe Biden ist dieses Vorhaben gescheitert. Der Iran sei heute näher an einer Atombombe als 2015, sagt Bidens Regierung. Damals hätte der Iran etwa ein Jahr benötigt, um eine Bombe bauen zu können, heute seien es nur noch drei oder vier Monate.
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Biden will deshalb zum Atomabkommen zurückkehren, besteht aber darauf, dass sich der Iran zuvor wieder an dessen Regeln hält. Obwohl sich nun beide Seiten wieder zum Vertrag bekennen wollen, sind schnelle Lösungen unwahrscheinlich. Sollte der Iran ankündigen, in den Vertragsrahmen zurückzukehren, werde es einige Zeit dauern, bis die Umsetzung überprüft werden könne, sagte US-Außenminister Antony Blinken. Dagegen fordert der Iran rasche Entscheidungen von Washington. Das von Hardlinern dominierte Parlament in Teheran hatte im vergangenen Jahr ein Gesetz verabschiedet, nach dem vom 21. Februar an keine Inspektoren mehr in iranische Atomanlagen gelassen werden sollen, wenn die USA bis dahin ihre Sanktionen nicht beenden.
US-Langstreckenbomber weiter in der Region
Deshalb könnte die europäische Rolle entscheidend werden. Bidens neuer Iran-Beauftragter Robert Malley hatte nach seiner Ernennung in der vergangenen Woche ersten Kontakt zu Deutschland, Frankreich und Großbritannien aufgenommen. Die drei europäischen Staaten – genannt E3 – zählen zusammen mit der EU, den USA, dem Iran, China und Russland zu den Unterzeichnern des Atomvertrages. Während Trumps Regierungszeit hatten die E3 versucht, den Atomvertrag am Leben zu erhalten.
Nun erwartet die Bundesregierung neuen Schwung für eine Verhandlungslösung. „Die neue US-Regierung ist erklärtermaßen bereit, in das Abkommen zurückzukehren, wenn Iran sich wieder an seine nukleartechnischen Verpflichtungen hält“, hieß es im Auswärtigen Amt. „Dazu fordern wir Iran mit Nachdruck auf und bereiten uns derzeit auf eine Phase intensiver Diplomatie vor.“
Sarif sprach in CNN von einem „Mechanismus, mit dem synchronisiert oder koordiniert werden kann“, wie und wann die USA und der Iran zum Vertrag zurückkehren. Er stellte in Aussicht, dass der Iran seine zuletzt stark vergrößerte Menge an hochangereichertem Uran „in weniger als einem Tag“ abgeben könnte, falls die USA die Sanktionen zurücknähmen.
Bidens neuer Linie in der Iran-Politik folgend, zieht das US-Verteidigungsministerium den Flugzeugträger „Nimitz“ aus der Gegend um den Persischen Golf ab. Erst im Januar war der Einsatz der „Nimitz“ in der Region wegen angeblicher Hinweise auf iranische Angriffe verlängert worden. Wie die „New York Times“ meldete, sollen zur Abschreckung weiter US-Langstreckenbomber zu regelmäßigen Missionen in die Region geschickt werden.