Johnsons Chefberater plant für den Brexit: Talentierte „Spinner“ willkommen
Der Chefberater des britischen Premiers Johnson, Dominic Cummings, plant für die Zeit nach dem Brexit. Die Beamtenschaft will er radikal umbauen.
Mit der Ausbildung in Großbritannien ist es so eine Sache. Bekanntlich besuchte Premierminister Boris Johnson das Elite-Internat Eton, wo man einen Abschluss erwerben und, was noch wichtiger ist, Verbindungen fürs Leben herstellen kann. Auch die Queen bekam im Mädchenalter von einem Herrn namens Henry Marten, einem früheren stellvertretenden Schulleiter des Eton College, einen Einzelunterricht. Der beschränkte sich allerdings im Wesentlichen auf verfassungsrechtliche Fragen. Trotzdem ist aus Elizabeth II. eine recht erfolgreiche Frau geworden.
Wenn in der britischen Arbeitswelt etwas geschätzt wird, dann ist das nicht selten jene Art von Spezialwissen, wie es die Queen in Verfassungsfragen besitzt. Dieses Prinzip will nun einer auf die Spitze treiben, von dem einige Beobachter meinen, er sei eigentlich wichtiger als Premier Johnson – nämlich dessen Chefberater Dominic Cummings.
Cummings war es, der 2016 die „Leave“-Kampagne leitete, die damals beim EU-Referendum erfolgreich war. Der Mann scheute sich seinerzeit nicht, mit der Wahrheit etwas sparsam umzugehen, wie eine britische Redensart besagt. Der berüchtigte Bus, mit dem die Brexit-Befürworter durchs Land tourten, war seine Idee. Auf dem Gefährt konnte man lesen, dass Großbritannien pro Woche 350 Millionen Pfund für die EU ausgebe – eine frei erfundene Zahl.
Johnsons Wahlsieg geht auch auf das Konto des 48-Jährigen
Cummings hatte im vergangenen Monat als Wahlkampfmanager auch einen entscheidenden Anteil daran, dass Johnson weiterhin von der Downing Street aus das Vereinigte Königreich regiert.
Nachdem Cummings und Johnson mit dem Austritt aus der EU Ende des Monats absehbar das Ziel ihrer Träume erreichen werden, soll nun offenbar der nächste Streich folgen. Cummings plant nichts Geringeres als einen radikalen Umbruch in der britischen Beamtenschaft, die dem Rechtsintellektuellen wegen der parteipolitischen Zurückhaltung ein Gräuel ist. Johnsons Chefberater sieht den „civil service“ zudem als einen Hort der EU-Freundlichkeit.
Cummings veröffentlicht in seinem Blog eine Stellenanzeige
Mit dem geplanten Umbau anfangen will Cummings schon einmal in seinem unmittelbaren Wirkungskreis in der Downing Street. Für die Zeit nach dem Brexit veröffentlichte der 48-Jährige in seinem Blog eine etwas ungewöhnliche Stellenanzeige für Datenwissenschaftler, Projektmanager und Politikexperten. Aber auch talentierte „Spinner und Außenseiter mit ungewohnten Fähigkeiten“ sind willkommen. Absolventen englischer Elite-Universitäten mit einem Abschluss in englischer Literatur wolle er hingegen nicht sehen, schrieb Cummings. Der Mann genoss übrigens eine Universitätsausbildung in Oxford.