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In Griechenland will die Syriza-Regierung ein Referendum zu den Reformen ansetzen.
© dpa

Griechenland-Referendum: Syriza setzt auf volle Konfrontation

Der griechische Premier Alexis Tsipras will die Bürger über die Reformforderungen der Gläubiger abstimmen lassen - und riskiert damit schwere politische Verwerfungen. Dabei war zuletzt nur noch von "minimalen Differenzen" die Rede. Wie konnte es soweit kommen?

Eigentlich sollten es die finalen Tage einer Einigung zwischen den internationalen Geldgebern und Griechenland werden - doch nun eskaliert die Situation. Der griechische Premierminister Alexis Spiras hat für den 5. Juli ein Referendum über das Gläubiger-Angebot ausgerufen und Syriza wird sich auf die "Nein"-Seite stellen (die Tsipras-Ansprache im Wortlaut). Es wird in Griechenland zwar betont, dies sei keine Abstimmung über den Euro-Verbleib oder einen Austritt, aber diese Deutung wird die Regierung wohl kaum halten können.

Denn welche Folgen hätte ein "Ja"? Den Rücktritt Syrizas und die Zustimmung zu einem Programm, auf das heute schon das ganze Land schimpft. Die Oppositionsparteien müssten sich klar auf die Seite der Geldgeber stellen, dabei haben auch sie die bisherigen Angebote aus Brüssel kritisiert. Diese Seite wird also - wenn sie sich zum "Ja" bekennt - versuchen, dieses Ergebnis als ein Pro-Europa und Anti-Syriza-Ergebnis als Alternative zum "Grexit" umzudeuten.

Und welche Folgen hätte ein "Nein"? Syriza bliebe an der Regierung und hätte nach eigenen Angaben ein "robusteres Mandat", um mit den Gläubigern weiter zu verhandeln. Es solle nicht den Abbruch der Gespräche bedeuten. Aber ob die Gläubiger dann noch verhandeln wollen? Nachdem ihnen Erpressung vorgeworfen wurde und der Plan, Syriza zu brechen?

Syriza hatte fast alle Vorgaben der Kreditgeber bereits akzeptiert

Wie konnte es eigentlich soweit kommen, wo doch von Geberseite am Tag zuvor nur noch über "minimale Differenzen" gesprochen wurde? Die Wahrscheinlichkeit für einen Kompromiss läge bei mehr als 50 Prozent, hieß es, bereits am Samstag wolle man sich im Rahmen der Finanzminister einigen. Und dann das. Alles also ein einziger großer Irrtum? Sicher ist: Die Vorschläge beider Seiten lagen nicht mehr weit auseinander, was die Sparmaßnahmen anging. Syriza hatte fast alle Vorgaben der Kreditgeber bereits akzeptiert, was Rentenkürzungen oder Mehrwertsteuerregeln betraf. Dafür hatte sich die andere Seite mehr oder weniger damit abgefunden, dass die Griechen bei ihren Bemühungen eher auf Steuererhöhungen als auf Streichungen bauen wollten.

Doch der große Dissens war ein ganz anderer. Tsipras und sein Finanzminister Yanis Varoufakis haben von Anfang an gesagt, sie würden keinen Kompromiss unterschreiben, der nicht auch einen Plan zur Schuldenumstrukturierung enthalte. Das Ziel der Syriza-Regierung war von Anfang an klar: möglichst schnell wieder möglichst eigenständig handeln zu können, die Troika-Aufsicht loswerden. Kein weiteres Milliardenprogramm zur Schuldentilgung auflegen, sondern eine andere und leichter zu bedienende Schuldenstruktur mit längeren Laufzeiten oder ganz klaren Schnitten herauszuverhandeln. Schluss zu machen mit der Troika-Ära.

Für Syriza wäre dies Verlängerung des Status Quo ein politischer Selbstmord

Die Geldgeber - und dabei vor allem Mitgliedsstaaten wie Deutschland - aber dachten gar nicht daran, Griechenland hier entgegenzukommen. Gegen die Position des Internationalen Währungsfonds wurde den Griechen am Freitag vielmehr Folgendes präsentiert: Das bisherige Programm solle bis November verlängert, die Tranchen in kleinen Stücken ausgezahlt und an klare Bedingungen gekoppelt werden. Und danach? Danach brauche Griechenland ein drittes Bail-Out-Paket im Stil der bisherigen. Mehr neue Milliarden, um alte Schulden zu bedienen.

Für Syriza aber wäre diese Verlängerung des Status Quo auf ungewisse Zeit ein politischer Selbstmord. Die Partei geht nun lieber auf volle Konfrontation. Auch wenn weder in Griechenland noch im Rest von Europa jemand wirklich sagen kann, wohin das führen wird. Auch wenn es im eigenen Land eine Spaltung hervorrufen wird zwischen Gegnern und Befürwortern, von der niemand weiß, wie tief sie sein wird.

Heute wird das griechische Parlament diskutieren, danach wird in der Euro-Gruppe verhandelt und am Abend wieder in Athen über das Referendum abgestimmt. Eigentlich endet das europäische Kreditprogramm für Griechenland am Dienstag, den 30. Juni. Da muss das Land auch dem IWF 1,6 Milliarden Euro zahlen. Die es nicht hat. Die Europäische Zentralbank muss sich zudem entscheiden, ob sie den griechischen Banken tatsächlich die Nothilfe abdreht, wie sie es angedroht hatte. Auch für diese Seite geht es um die eigene Glaubwürdigkeit.

Verteidigungsminister Panos Kammenos ließ sich am Samstag bereits zitieren: Wenn die Gläubiger das griechische Angebot akzeptierten, dann bräuchte es auch kein Referendum. Laut Medienberichten bilden sich die ersten Schlangen vor Bankautomaten in Athen. Es ist an diesem Samstagmorgen noch vieles unklar.

"Wir haben rote Linien überschritten" - Lesen Sie hier ein Interview mit dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis.

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