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Das Regime von Syriens Präsident Baschar al-Assad erhält den Vorsitz in Genf für einen Monat.
© Sana/Reuters

Präsidentschaft in Genf: Syrien erhält Vorsitz im UN-Abrüstungsausschuss

Routine mit Skandalpotential: Turnusmäßig erhält Syrien Ende Mai bei den Genfer Abrüstungsverhandlungen den Vorsitz.

Die diplomatischen Regeln machen es möglich: Das Regime des syrischen Gewaltherrschers Baschar al Assad übernimmt einen herausgehobenen Posten in den Verhandlungen über globale Abrüstung. Vom 28. Mai bis zum 24. Juni wird Syrien die Präsidentschaft der Abrüstungskonferenz (CD) unter dem Dach der Vereinten Nationen übernehmen. So steht es in den Akten der Konferenz. Die Abrüstungskonferenz in Genf ist die einzige permanente internationale Institution, in der das Verbot von Kriegswaffen verhandelt wird.

Die Assad-Präsidentschaft birgt gehörigen Sprengstoff, denn Assad wird vorgeworfen, er trage die Verantwortung für brutale Kriegsverbrechen in Syrien. Der jüngste mutmaßliche Einsatz von Chemiewaffen ist nur ein Beispiel. Aus dem Konferenz-Sekretariat heißt es dazu lediglich, die Präsidentschaft Syriens sei eine „Routine-Rotation“ gemäß englischem Alphabet. Vor Syrien nimmt die Schweiz die Position ein, nach Syrien kommt Tunesien zum Zug. Der syrische Konferenz-Präsident, wahrscheinlich ein Botschafter, wird laut Statuten den anderen 64 Konferenzmitgliedern das Wort erteilen. Der Assad-Mann wird die Institution auch nach außen repräsentieren.

UN Watch fordert zum Sitzungsboykott auf

Angesichts des aufziehenden Skandals appelliert die Nichtregierungsorganisation UN Watch an die USA, Deutschland, Frankreich und Großbritannien: Die Länder sollen Sitzungen unter syrischem Vorsitz boykottieren. Ein Präsident aus der Assad-Gefolgschaft werde die Glaubwürdigkeit der Konferenz und der gesamten Vereinten Nationen „untergraben“, warnt Hillel Neuer von der Organisation UN Watch. Es sei wie „einem Serien-Vergewaltiger das Sagen über eine Frauen-Unterkunft zu geben“.

Die Ende der 70er Jahre von der UN- Vollversammlung gegründete Abrüstungskonferenz und ihre Vorgänger verhandelten wegweisende Abkommen – darunter den Atomwaffensperrvertrag, die Biowaffenkonvention und die Chemiewaffenkonvention.

Nur wenn alle Mitglieder zustimmen, können die Regeln geändert werden

Genau die Chemiewaffenkonvention, die das totale Verbot dieser Kriegswaffe anordnet, verletzt das Assad-Regime unaufhörlich. UN-Ermittler sammelten Beweise, die eine Täterschaft des Regimes zwingend nahe legen. Auch nachdem Assad 2013 der Konvention beitrat und gelobte, keine Giftgase mehr einzusetzen, griffen seine Truppen zu den Massenvernichtungswaffen. Zuletzt sollen Assad-Truppen am vergangenen Wochenende mit Gas Dutzende Menschen in Duma getötet haben.

Eine CD-Präsidentschaft Syriens dürfte sich kaum mehr verhindern lassen. Nötig wäre eine Änderung des CD-Regelwerkes. Das ist nur möglich, wenn alle Konferenz-Mitglieder zustimmen. Syrien selbst und sein Mentor Russland werden wohl neue Prozeduren verhindern.

Jan Dirk Herbermann

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