Burka-Verbot: Stunde der Scharfmacher
Die Innenminister von CDU und CSU denken über ein Burka-Verbot nach. Ein Blick nach Frankreich zeigt, dass ein Bann der Vollverschleierung vor allem eines bringt: eine Polarisierung der Gesellschaft. Ein Kommentar.
Es war eine groteske Szene. In einem französischen TV-Studio saß im Jahr 2010 der damalige Fraktionschef der konservativen Partei UMP, Jean-François Copé, einer Frau in einer Burka gegenüber. Copé erklärte, warum es nicht sein könne, dass die Frau so gekleidet war: Wenn er jemanden anlächele, müsse er doch wissen, ob sein Lächeln erwidert werde.
Frankreichs Burka-Verbot hat wenig gebracht
Seit 2011 ist es Frauen in Frankreich verboten, in der Öffentlichkeit die Burka zu tragen. Wesentlich zum Burka-Verbot beigetragen hat seinerzeit Jean-François Copé, dessen Partei inzwischen „Les Republicains“ heißt und vom Ex-Präsidenten Nicolas Sarkozy geführt wird. Gebracht hat das Verbot kaum etwas, denn viele Frauen nehmen eher eine Geldstrafe in Kauf, als die Burka abzulegen. Statt dessen hat das Burka-Verbot in Frankreich zu einer Polarisierung der Gesellschaft geführt. Jene, die ihren Ressentiments gegen den Islam schon immer freien Lauf lassen wollten, fühlen sich angesichts des Burka-Verbots nun berechtigt, Frauen auf der Straße anzupöbeln.
Billige Punkte in den Landtagswahlkämpfen
Die Erfahrungen, die Frankreich mit dem Burka-Verbot gesammelt hat, sollten sich all jene in der CDU/CSU vor Augen führen, die gerade einem Verbot der Vollverschleierung das Wort reden. Es stimmt, Burkas sind mit Sicherheit alles andere als ein Symbol der Frauenbefreiung. Aber vermutlich geht es denen, die jetzt innerhalb der Union die Diskussion über ein Burka-Verbot anzetteln, gar nicht so sehr um die Rolle der Frau in der islamischen Welt. Wohl viel eher geht es ihnen darum, vor den anstehenden Abgeordnetenhaus- und Landtagswahlen ein paar Punkte zu sammeln.
Würde ein Burka-Verbot den Praxis-Test bestehen?
Neulich war in einem Freibad in Wilmersdorf folgende Szene zu beobachten: Am Beckenrand stand eine vollverschleierte Frau und beobachtete, wie ihre Tochter schwimmen lernt.
Die Scharfmacher in der Union verengen die Debatte auf die Burka-Trägerin – schon deshalb, weil ein Verbot der Vollverschleierung so schön symbolträchtig wäre. Viel wichtiger wäre es aber, wenn die Politik künftig nicht zuletzt der Tochter die Rahmenbedingungen ermöglichen würde, um nicht nur schwimmen zu lernen, sondern auch sonst ein selbstbestimmtes Leben zu führen.