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Gegen Ende der Legislaturperiode wird der Zwist zwischen Michael Müller und Frank Henkel immer größer.
© Gregor Fischer/dpa
Update

Innenminister der Union gehen in der Offensive: Müller: "Solche Positionen haben im Berliner Senat keinen Platz"

Die Forderungen der Unions-Innenminister sind weitreichend: eine Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, ein Burka-Verbot und mehr Befugnisse für Nachrichtendienste. Die SPD reagiert bereits mit Kritik.

Die Innenminister der Union wollen die Sicherheitsgesetze in Deutschland zur Terrorbekämpfung verschärfen und die Rechte von Muslimen in Deutschland einschränken. Das geht aus dem Entwurf für die "Berliner Erklärung", der dem Tagesspiegel vorliegt, hervor. Die eingeforderten Maßnahmen reichen von der Aufstockung der Polizeikräfte über ein Burka-Verbot und die strengere Kontrolle von Moschee-Finanzen bis hin zur Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft. Die Erklärung wird von den Unions-Innenministern getragen und ist auch eng mit der Berliner Innenverwaltung von Frank Henkel (CDU) abgestimmt.

Dem Vernehmen nach gibt es von Henkel keinen Korrekturbedarf an dem Entwurf. "Ich halte ein Burka-Verbot für absolut wünschenswert", sagte Henkel dem Tagesspiegel. Der Berliner CDU-Parteichef befürwortet auch die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft. Niemand sei gezwungen, seine Kultur völlig abzugeben, nur weil man sich für einen Staat entscheide. Das zeigten auch die vielen Migranten in Amerika. Offiziell wird die Erklärung auf der Innenministerkonferenz am 18. August in Berlin vorgestellt. Gastgeber ist Henkel. Bereits am Donnerstag will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eigene Vorschläge vorstellen.

Im Prolog der Erklärung heißt es: "Die Glaubensfreiheit ist ein zentrales Grundrecht. Für religiösen Extremismus und den Missbrauch religiöser Symbole ist in Deutschland jedoch kein Platz." Außerdem wird eine Rückbesinnung auf bürgerliche Werte eingefordert. "Meinungsfreiheit ist für uns nicht verhandelbar. Die Verrohung unserer Sprache und Hassbotschaften insbesondere in den sozialen Medien werden wir jedoch nicht akzeptieren. Wir brauchen eine Rückbesinnung auf bürgerliche Tugenden. Respekt, Höflichkeit und gegenseitige Rücksichtnahme sind die Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben."

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will Sicherheitsgesetze vershärfen.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will Sicherheitsgesetze vershärfen.
© AFP

Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft gefordert

Die Innenminister betonen verschiedenste Sicherheitsrisiken in Deutschland, dazu zählten die terroristische Bedrohung durch Islamisten aber auch durch linken und rechten Terror, Banden- und Cyberkriminalität. Vor allem die Zuwanderung sehen sie als Problem. "Eine unkontrollierte Zuwanderung und die damit verbundene Schleuserkriminalität verunsichern die Bevölkerung und erleichtern Straftätern und islamistischen Gewalttätern den heimlichen Zugang nach Europa. Durch das EU-Türkei-Abkommen und das Schließen der Balkanroute ist der Flüchtlingszuzug stark reduziert worden. Die weitere Entwicklung ist jedoch kaum vorherzusehen. Und auch die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene gestaltet sich schwierig", heißt es in der Erklärung.

Wer in der Öffentlichkeit stets eine Burka trägt, entzieht sich permanent der normalen zwischenmenschlichen Kommunikation im öffentlichen Raum bzw. - sofern die Burka zwangsweise getragen wird - wird dieser Kommunikation entzogen.

schreibt NutzerIn kommentino

Die Innenminister setzen auf ein umfangreiches Maßnahmenpaket. Dazu zählt mehr Personal bei der Polizei, mehr Befugnisse für die Nachrichtendienste, schnellere Verfahren bei der Justiz und eine raschere Abschiebung. Einer der umstrittensten Punkte wird die Forderung nach einer Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft sein. Diese wurde unter Rot-Grün eingeführt. In der Erklärung heißt es: "Die doppelte Staatsbürgerschaft ist ein großes Integrationshindernis. Wir lehnen diese gespaltene Loyalität ab. Wer sich für die Politik ausländischer Regierungen engagieren will, dem legen wir nahe, Deutschland zu verlassen. Wir fordern eine bewusste Entscheidung für die Werte unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung und keinen Staatsangehörigkeitsautomatismus."

Kritik von der SPD

Vor allem an dem Punkt gibt es bereits Kritik vom Koalitionspartner. Menschen mit ausländischen Wurzeln, die ganz überwiegend friedlich in Deutschland leben, dürften keinem Generalverdacht ausgesetzt werden, erklärte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. "Gedankenspiele aus CDU-Kreisen, die doppelte Staatsangehörigkeit aufzuweichen, gehören dazu! Die CDU erweist sich mal wieder als Integrationsbremse", kritisierte Müller. Das sei Wahlkampf "à la Roland Koch" und bereite Rechtspopulisten das Feld. "Eine solche Position hat im Berliner Senat keinen Platz", so Müller. Der Regierende kritisierte zwar ebenfalls den Personalabbau bei der Polizei in den vergangenen Jahren, sprach sich aber gegen Schnellschüsse aus. "Was nicht gefragt ist, ist wilder Aktionismus, der heute Soldaten zu Hilfspolizisten machen will und morgen die doppelte Staatsangehörigkeit hinterfragt", erklärte Müller.

Auch SPD-Vize Ralf Stegner sprach sich klar gegen eine Abschaffung der doppelten Staatsangehörigkeit aus. "Die doppelte Staatsbürgerschaft ist ein großer Fortschritt und darf nicht durch symbolpolitische Kraftmeierei in Frage gestellt werden", sagte Stegner dem Tagesspiegel. Über Verbesserungen der bestehenden Sicherheitsgesetze könne man im Einzelnen reden, fügte Stegner hinzu. Grundsätzlich sei der Ansatz, Gesetze zu verschärfen und gleichzeitig die Bedingungen für Integration zu verschlechtern, aber falsch . "Wir brauchen mehr Integration und zu unserer Sicherheit mehr Polizei", sagte Stegner. Auslöser für eine neuerliche Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft war auch eine Pro-Erdogan-Demonstration vor wenigen Tagen in Köln.   

Teil des Maßnahmenpakets ist auch die Forderung nach einem Verbot der Vollverschleierung. Verstöße dagegen müssten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, heißt es in der Erklärung. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) unterstützt diese Forderung. "Ich halte ein Burka-Verbot für absolut wünschenswert", sagte er dem Tagesspiegel. Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, unterstützt diese Forderungen ebenfalls. Eine Vollverschleierung der Frau halte er für „kein Zeichen einer offenen demokratischen Gesellschaft“, sagte Schuster am Mittwoch im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Er kenne auch keinen namhaften Islamwissenschaftler, der erklären könne, „aufgrund welcher zwingenden religiösen Vorschrift eine Burka zu tragen ist“.

Also das Verbot, etwas zu tun, was man selber tun möchte, gehört zu den Rahmenbedingungen eines selbstbestimmten Lebens? [...] Ich meine, der Weg zur Selbstbestimmung erwachsener Menschen führt nicht über Verbote.

schreibt NutzerIn 13ryce

Zu den konkreten Maßnahmen zählt eine Personalaufstockung um 15.000 zusätzliche Polizisten bei Bund und Ländern zwischen 2015 und 2020. Mehr Geld für die Bewaffnung der Polizei, mehr Videoüberwachung, ein Cyberabwehrzentrum beim Bundeskriminalamt, ein Waffenverbot für Extremisten gehören ebenfalls dazu. Zudem soll es eine bundeseinheitliche Regelung geben, sodass die Verfassungsschutzämter bei Jugendlichen bereits ab 14 Jahren ermitteln können. Integrationsverweigerung soll bis hin zur Ausweisung geahndet werden. Außerdem sollen nicht-deutsche Hassprediger umgehend ausgewiesen werden.

Kritik an der Erklärung kommt von der Linkspartei. Die Ideen der Länderminister stellten keinen Sicherheitsgewinn dar, sondern seien nur Wahlkampf, sagte der Linken-Innenpolitiker Frank Tempel am Mittwoch im Deutschlandfunk. So bediene die Forderung nach einer Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft die Gefühle an deutschen Stammtischen. In Wahrheit trage gerade der doppelte Pass zur Integration bei. Auch ein Burka-Verbot ziele nur auf die AfD-Wähler und habe nichts mit Terrorbekämpfung zu tun, sagte Tempel. Richtig sei dagegen der Plan, die Zahl der Polizisten in den nächsten Jahren um 15.000 aufzustocken. Damit werde ein Fehler der Vergangenheit korrigiert.

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