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Marie-Agnes Strack-Zimmermann spricht beim FDP-Bundesparteitag.
© Michael Kappeler/dpa

„Womöglich im falschen Moment am falschen Platz“: Strack-Zimmermann stellt Scholz’ Führungskompetenz infrage

Die FDP-Verteidigungsexpertin wirft dem Kanzler eine mutlose Ukraine-Politik vor. Als indirekte Rücktrittsforderung will sie die Kritik nicht verstanden wissen.

Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat in ihrem öffentlich ausgetragenen Disput mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über Waffenlieferungen nachgelegt und dem Regierungschef mangelnde Führungskompetenz sowie unredliches Verhalten gegenüber Verbündeten vorgeworfen.

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Deutschland müsse mit Blick auf den Ukraine-Krieg wirtschaftlich wie militärisch eine Führungsrolle einnehmen. „Die, die diese Rolle nicht annehmen wollen, sitzen womöglich im falschen Moment am falschen Platz“, sagte Strack-Zimmermann am Sonntag im ZDF.

Damit spielt die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses auf Scholz an, dessen Regierungskurs parteiübergreifend vielen als zu zögerlich gilt. Konkret kritisierte Strack-Zimmermann dem ZDF zufolge, dass das Handeln von Kanzler Scholz von Mutlosigkeit bestimmt sei.

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Die 64-Jährige hatte seit einer Reise in die Ukraine Mitte April mehrmals die zögerliche Haltung des Kanzlers in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine kritisiert. Nun forderte sie abermals die Lieferung schwerer Waffen – auch in dem Bewusstsein limitierter Bundeswehrbestände: Es gehe „um ein Bekenntnis, auch den Mut zu haben, angesichts der dramatischen Lage auch schwere Waffen zu liefern“. Als mögliche Rüstungslieferungen nannte sie Panzerfahrzeuge vom Typ Dingo.

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Zudem warf Strack-Zimmermann dem Chef der Ampel-Regierung, der auch ihre Partei angehört, unredliches Verhalten gegenüber Bündnispartnern vor. „Der Kanzler hat gesagt, dass die Welt sozusagen macht, was wir machen. Da kann ich nur sagen: Gott sei Dank nicht!“, sagte sie. Damit bezog sie sich auf eine Aussage von Scholz nach den G7-Beratungen zu Wochenbeginn.

Mit Blick auf die Lieferungen schweren Kriegsgeräts von Nato-Partnern wie den USA, den Niederlanden oder Tschechien monierte Strack-Zimmermann die deutsche Ausnahmerolle. „Die Verbündeten sagen, so kennen wir Deutschland, so sind sie eben. Immer zögerlich, immer mal gucken, wie weit man gehen kann. Das Problem ist das Zögern, das Zaudern, das nicht mutig sein, das nervt die Leute“, sagte die FDP-Politikerin.

Als eine indirekte Forderung von Scholz’ Rücktritt oder eine Kritik an der Ampel-Koalition möchte Strack-Zimmermann ihre Äußerungen ausdrücklich nicht verstanden wissen. „Die Ampel ist richtige Regierung zum richtigen Zeitpunkt – nicht nur angesichts mangelhafter Alternativen“, schrieb sie am Sonntagmittag auf Twitter. Der Bundesparteitag der FDP sich für größtmögliche Unterstützung der Ukraine ausgesprochen, was die Ampel gemeinsam umsetzen werde.

FDP-Chef Lindner nimmt Scholz in Schutz

Am Samstagabend hatte sich der FDP-Bundesparteitag in Berlin klar hinter die Forderung nach Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gestellt. Mit sehr großer Mehrheit stimmten die Delegierten am Samstagabend einem entsprechenden Antrag des Bundesvorstands zu. Zuvor hatte Strack-Zimmermann eindringlich für die Annahme des Antrags geworben. „Das Gebot der Stunde ist, den Ukrainern auch schwere Waffen zu liefern“, sagte sie. Die Devise für die deutsche Ukraine-Politik müsse lauten: „Nicht zaudern, nicht zögern - Kühnheit und Mut.“

Auch FDP-Chef Christian Lindner warb für die Lieferung schwerer Waffen, nahm aber Bundeskanzler Scholz gegen Kritik in Schutz. „Olaf Scholz ist eine verantwortungsvolle Führungspersönlichkeit, die sorgsam abwägt“, sagte der Finanzminister. „Der Bundeskanzler hat das Vertrauen der FDP und auch ihrer Fraktion im Deutschen Bundestag.“ Lindner war digital aus Washington zugeschaltet, wo er sich wegen einer Corona-Infektion in Quarantäne befindet.

Zugleich warnte Lindner vor Versuchen, die Ampel-Koalition in dieser Frage zu spalten. Auch wenn in der Debatte der FDP-Delegierten viel Unmut über Scholz laut wurde, richtete der Parteichef seine Kritik vor allem an die Union, die im Bundestag einen Antrag zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine einbringen will. Der CDU/CSU gehe es offenkundig darum, „die Regierungskoalition in Schwierigkeiten zu bringen und die Regierung zu destabilisieren“, sagte Lindner. (Tsp, AFP)

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