zum Hauptinhalt
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
© imago images/SNA

Kein Durchbruch bei Nato-Russland-Treffen: Stoltenberg sieht „echtes Risiko eines bewaffneten Konflikts“

Nach fünf Stunden Verhandlungen sieht der Nato-Generalsekretär noch keine Lösung im Ukraine-Konflikt. Auch Russland spricht von großen Differenzen.

Nach dem ersten Treffen des Nato-Russland-Rats seit mehr als zwei Jahren bleiben die Fronten verhärtet. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Mittwoch nach fast fünfstündigen Beratungen in Brüssel, es bestünden nach wie vor "erhebliche Meinungsverschiedenheiten" mit Moskau im Ukraine-Konflikt. Der Kreml sprach seinerseits von "grundsätzlichen" Differenzen.

Nach Angaben Stoltenbergs wiesen die 30 Nato-Staaten die Forderungen Moskaus nach umfangreichen Sicherheitsgarantien zurück. "Wir werden keine Kompromisse bei unseren Grundprinzipien machen", sagte der Norweger. So habe Russland "kein Vetorecht in der Frage, ob die Ukraine Nato-Mitglied werden kann".

Bei den Gesprächen mit dem russischen Vize-Außenminister Alexander Gruschko habe sie deutlich gemacht, dass "jedes Land das hoheitliche Recht hat, seinen eigenen Weg zu wählen", erklärte US-Vize-Außenministerin Wendy Sherman auf Twitter. Russland müsse nun entscheiden, "ob es ihm wirklich um Sicherheit geht" oder "alles nur ein Vorwand war", sagte sie nach den Beratungen.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Gruschko sagte seinerseits, die Gespräche seien "tiefgreifend" und "offen" gewesen. Es seien jedoch "eine große Anzahl von Meinungsverschiedenheiten in grundlegenden Fragen" zutage getreten. Für Deutschland nahm Außen-Staatssekretär Andreas Michaelis am Nato-Russland-Rat teil.

Mangels Annäherung bestehe weiter "ein echtes Risiko eines bewaffneten Konflikts in Europa", räumte Stoltenberg ein. Die Nato wirft Russland vor, an der Grenze zur Ukraine rund 100.000 Soldaten und schweres Gerät zusammengezogen zu haben. "Russland ist der Aggressor", betonte der Nato-Generalsekretär.

Das Bündnis stehe für weitere Verhandlungen aber bereit, sagte er. Als erstes Zeichen des Entgegenkommens will die Nato demnach die russische Vertretung im Brüsseler Hauptquartier wieder öffnen sowie das Büro des Bündnisses in Moskau. Nach dem Auffliegen mutmaßlicher russischer Spione in der Nato-Zentrale im Herbst waren beide geschlossen worden.

Beliebt auf Tagesspiegel Plus:

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte Hoffnungen auf eine Annäherung zuvor gedämpft: Mit der Osterweiterung gehe die Nato einen Weg der "Konfrontation", sagte er in Moskau. Ob der Kreml weiteren Treffen des Nato-Russland-Rats zustimmt, blieb laut Stoltenberg offen.

Russland fordert von den USA und der Nato in dem Konflikt umfassende Sicherheitsgarantien. Der Kreml will damit die Errichtung von US-Armeestützpunkten in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre verhindern sowie eine Osterweiterung des Militärbündnisses um die Ukraine, Georgien oder Finnland.

[Lesen Sie auch: Spion, Hoffnungsträger, Killer - Wie tickt Wladimir Putin? (T+)]

Der Nato-Russland-Rat war 2002 ins Leben gerufen worden. Er hatte im Juli 2019 letztmals getagt. Am Donnerstag soll es weitere Gespräche mit Russland im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geben.

Am Mittwochabend wurde Stoltenberg im westfranzösischen Brest erwartet, wo er mit den EU-Verteidigungsministern über die Spannungen beraten wollte. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nimmt an den informellen Gesprächen per Videoschalte teil.

Zu Wochenbeginn waren bereits Verhandlungen zwischen den USA und Russland über den Ukraine-Konflikt ohne erkennbare Annäherung zu Ende gegangen. Nach Angaben der neuen US-Botschafterin bei der Nato, Julianne Smith, sicherte Washington den Gesprächspartnern aus Moskau zu, keine Offensivwaffen in der Ukraine stationieren zu wollen.

In der Ostukraine bekämpfen sich seit der Krim-Annexion 2014 prorussische Milizen und die ukrainische Armee. Insgesamt wurden bereits mehr als 13.000 Menschen getötet. Nach Angaben der Ukraine kam am Dienstag erneut einer ihrer Soldaten bei Kämpfen mit den Rebellen ums Leben. (AFP)

Zur Startseite