Rücktrittsforderungen an CSU-Chef: Stoiber verteidigt Seehofer: "Ein echtes CSU-Kaliber"
Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber warnt vor Rücktrittsforderungen an Parteichef Seehofer. Doch in den Bezirksverbänden wird der Unmut immer deutlicher.
Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hat seine Partei vor Rücktrittsforderungen an Parteichef Horst Seehofer gewarnt. Dem Nachrichtenmagazin „Focus“ sagte der CSU-Ehrenvorsitzende, es gehe zunächst einmal darum, eine stabile Regierung zu bilden. „Das verlangen die Menschen zu Recht. Und nur das schafft Vertrauen.“ Nach der Regierungsbildung werde es einen Parteitag zur Aufarbeitung des Wahlergebnisses geben.
Stoiber erklärte, Seehofer sei „ein echtes CSU-Kaliber, der große Verdienste um die Partei hat“. Die CSU brauche eine geordnete Debatte in der Partei. Bei der Landtagswahl am vergangenen Sonntag war sie auf 37,2 Prozent abgestürzt und hatte damit auch ihre absolute Mehrheit verloren. Gegenwärtig verhandelt die CSU mit den Freien Wählern über eine Koalitionsregierung.
CSU Schwaben fordert Sonderparteitag über "Aufstellung"
Die CSU Schwaben forderte als erster der großen CSU-Bezirksverbände einen Sonderparteitag, bei dem explizit über die „Aufstellung“ für die kommenden Jahre entschieden werden müsse. Das beschloss eine Bezirksvorstandssitzung unter Leitung des CSU-Bezirksvorsitzenden Markus Ferber am Freitagabend einstimmig, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern erfuhr.
Man sei der festen Überzeugung, dass es nach der Landtagswahl kein „Weiter so“ geben dürfe, heißt es in dem Beschluss, der der dpa vorliegt. Man werde das Wahlergebnis auf Orts-, Kreis- und Bezirksverbandsebene analysieren und „hält es für selbstverständlich, dass dieser Prozess bei einem Sonderparteitag seine Fortsetzung und seinen Abschluss findet“. Und weiter: „Dieser Sonderparteitag muss auch über unsere Aufstellung für die kommenden Jahre entscheiden.“
In der Sitzung gab es nach Teilnehmerangaben auch direkte Rücktrittsforderungen an die Adresse Seehofers. Andere hätten darauf verwiesen, dass die Regierungsbildung in Bayern Vorrang habe.
Bei der Oberfranken-CSU war die Stimmung in einer Bezirksvorstandssitzung nach übereinstimmenden Teilnehmerangaben ebenfalls eindeutig. Es müsse einen Sonderparteitag geben und Seehofer müsse abgelöst werden, das sei eigentlich in allen Wortmeldungen deutlich geworden, berichteten Teilnehmer am frühen Samstagmorgen. Allerdings wurde dort, anders als bei der Schwaben-CSU, kein formaler Beschluss gefasst - unter Hinweis auf die laufenden Koalitionsverhandlungen.
Weber verlangt Kurskorrektur
Zuletzt hatte Theo Waigel, früherer Bundesfinanzminister und ebenfalls CSU-Ehrenvorsitzender, personelle Konsequenzen nach dem Wahldebakel verlangt. „Verantwortung und Konsequenzen sind erforderlich: inhaltlich, strategisch und personell“, schrieb er in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ und den „Münchner Merkur“ (Freitag). Den unter Druck geratenen Seehofer erwähnte er nicht namentlich, schrieb aber unmissverständlich zu Seehofers Positionen: „Die Wiederbelebung der Flüchtlingsdebatte hat uns nichts genützt.“
Der Parteivize und Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, verlangte eine Kurskorrektur. Die CSU dürfe keine Ein-Themen-Partei sein, sagte er dem Tagesspiegel. „Wir brauchen Gesichter fürs Soziale, fürs Kirchliche, für Umwelt - Politiker, die für diese Grundüberzeugungen stehen.“ Die große Aufgabe der CSU werde es sein, diese Breite wieder sichtbar werden zu lassen.
Auch die scheidende Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) kritisierte den Kurs ihrer Partei und mahnte personelle Veränderung an der Spitze an. Die CSU habe das Thema Asyl und Flüchtlinge überhöht, sagte Stamm dem Bayerischen Rundfunk. Damit habe die Partei dazu beigetragen, dass die Ängste der Menschen nicht abgebaut worden seien. Jetzt müsse sich die Partei wieder stärker um die politische Mitte kümmern.
Als Nachfolger von Parteichef Horst Seehofer schlug Stamm im „B5-Interview der Woche“ Manfred Weber vor. Nach ihrer Einschätzung wird auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller in der Partei viel zu wenig gesehen, obwohl er bei der Bekämpfung von Fluchtursachen von entscheidender Bedeutung sei.
Stamm, die den Wiedereinzug in den Landtag verpasst hat, forderte zudem, Frauen in der CSU-Spitze stärker zu berücksichtigen. (mes, dpa)