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Der SPD-Vizechef Ralf Stegner.
© dpa/ Carsten Rehder
Update

Nominierung zur EU-Kommissionspräsidentin: SPD will von der Leyen die Stimme verweigern

SPD-Vize Ralf Stegner zufolge werden die SPD-Europaabgeordneten nicht für von der Leyen stimmen. Zum Bruch der Großen Koalition soll das aber nicht führen.

SPD-Vize Ralf Stegner geht davon aus, dass seine Parteikollegen im EU-Parlament geschlossen gegen Ursula von der Leyen (CDU) als neue EU-Kommissionspräsidentin stimmen werden. „Die sozialdemokratischen Abgeordneten haben keinerlei Grund für Frau von der Leyen zu stimmen“, sagte der Fraktionsvorsitzende in Schleswig-Holstein am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk. „Am Ende ist das ja eine geheime Wahl, aber ich gehe davon aus, dass jedenfalls die deutschen Sozialdemokraten sich so verhalten.“ Das wisse er aus Gesprächen mit seinen Kollegen.

Stegner kritisierte die Nominierung der jetzigen CDU-Verteidigungsministerin deutlich. Jetzt solle jemand ins Amt gehoben werden, der nicht auf den Wahlplakaten stand, sagte der Politiker. Hinzu komme: „Frau von der Leyen gehört jetzt nicht gerade zu den Leistungsträgern in der großen Koalition, sie hat einen Untersuchungsausschuss an der Backe und sie hat keine besonders gute Arbeit abgeliefert.“ Die Aktion trage zur Politikverdrossenheit bei. Gerade Union und SPD könnten sich sowas am allerwenigsten erlauben.

Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann wertete es als Belastung für von der Leyen, dass sie davon profitieren könnte, dass rechtsregierte EU-Staaten wie Ungarn den bisherigen Vizepräsidenten der EU-Kommission, Franz Timmermans, als Chef verhindert hatten. „Das ist eine schwere Hypothek“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Von der Leyen war am Dienstag auf dem EU-Gipfel als Kommissionspräsidentin nominiert worden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) musste sich in Brüssel enthalten, weil die SPD den Vorschlag nicht mittragen wollte. Von der Leyen muss im EU-Parlament gewählt werden; ihr Erfolg ist nicht sicher. An diesem Donnerstag sollte sie vom scheidenden EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker empfangen werden.

Malu Dreyer lehnt Koalitionsbruch ab

Der Streit um die Nominierung von der Leyens belastet auch die große Koalition in Berlin. Einen Bruch lehnt die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer allerdings ab. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin wies damit am Donnerstag die Aufforderung zum Bruch von Ex-SPD-Chef Sigmar Gabriel zurück. Dagegen sagte der Juso-Chef Kevin Kühnert, dass er die Koalition zwar nicht sofort verlassen würde, aber davon ausgehe, dass die Wahrscheinlichkeit sinke, dass die Koalition noch bis 2020 halte.

CSU-Chef Markus Söder befand in der „Passauer Neuen Presse“: „Das ist kein formaler Koalitionsbruch, weil die Personalentscheidung in der Koalition so nicht vereinbart worden war. Aber natürlich wieder eine neue Belastung für die große Koalition.“ Die SPD habe Deutschland blamiert, weil sie mit ihrem Nein zu von der Leyen Kanzlerin Angela Merkel gezwungen habe, auf dem EU-Sondergipfel als Einzige nicht zuzustimmen und sich zu enthalten, hatte er bereits der Deutschen Presse-Agentur gesagt. „Das ist einfach nur destruktiv“, fügte er nun hinzu.

„Nationalen Regierungen geben wieder den Ton an“

Wie die SPD hatten aber auch alle anderen Bundestagsparteien die Art und Weise der Kür von der Leyens kritisiert. Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“: „Dass nun doch wieder die nationalen Regierungen den Ton angeben und mit dem Prinzip der Spitzenkandidaten brechen, halte ich für ein fatales Signal für die europäische Demokratie, ganz unabhängig von der Person.“

Wie Oppermann kritisierte auch Luxemburgs sozialdemokratischer Außenminister Jean Asselborn, dass der Spitzenkandidat seiner Parteienfamilie, Timmermans, auf dem EU-Gipfel von einem Staatenblock aus Ungarn, Polen, Tschechien, der Slowakei und Italien blockiert worden war. Jene Länder, „die sich in der Migrationspolitik am stärksten gegen die Solidarität in der EU stellen und die Rechtsstaatlichkeit verbiegen wollen, sind jetzt die Sieger“, sagte er dem RND (Donnerstag).

Allerdings hatten die Sozialdemokraten zuvor ihrerseits dem EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber (CSU) die Unterstützung versagt, obwohl dessen Parteienfamilie als stärkste Kraft aus der Europawahl hervorgegangen war. Asselborn räumte das ein. Ihr Umgang mit Weber sei „nicht das klügste Vorgehen“ gewesen, sagte er.

Auch der frühere SPD-Chef und einstige EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sieht das inzwischen so. „Als einzelne Fraktion - auch meine eigene Fraktion - hinzugehen und zu sagen „Den wählen wir auf keinen Fall“ war falsch“, sagte er am Mittwochabend im ZDF. „Ich glaube, Herr Timmermans und Herr Weber hätten sich zusammensetzen müssen und eine Mehrheit im Parlament hinter dem einen oder anderen gemeinsam versammeln müssen. Dann wäre eine völlig andere Ausgangslage da gewesen“, erklärte Schulz. (dpa)

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