Krise der Sozialdemokraten: SPD will mit "mehr Haltung statt Zaudern" aus dem Tief
Die SPD-Spitze berät über den Weg aus ihrer Krise und die Haltung zur großen Koalition. Der Vorstand gibt Parteichefin Andrea Nahles Rückendeckung.
Das SPD-Präsidium hat zum Auftakt der zweitägigen Klausurtagung über die Lage der Partei nach den Wahlschlappen in Bayern und Hessen beraten. „Wir haben über alle Inhalte miteinander gesprochen. Heute sind keine Beschlüsse gefallen, wir haben morgen Parteivorstand“, sagte SPD-Bundesvize Ralf Stegner nach dem Treffen am Sonntag kurz vor Mitternacht in Berlin. Über Ergebnisse wolle die Partei am heutigen Montag sprechen.
Mit der Klausurtagung sucht die SPD nach ihren schweren Wahlniederlagen einen Ausweg aus der Krise. Angesichts der Stimmenverluste bei den Wahlen in Hessen und Bayern und dem bundesweiten Umfrageabsturz stehen Parteichefin Andrea Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz unter Druck, eine Wende herbeizuführen.
Stärkeres Rückgrat und mehr Kompromisslosigkeit: Mit dieser Haltung will die SPD aus ihrer tiefen Krise finden. Die Partei brauche "mehr Selbstbewusstsein statt Selbstbeschäftigung, mehr Haltung statt Zaudern", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas am Sonntagabend vor dem Krisenberatungen. "Wegen der Lust am eigenen Untergang ist noch niemand gewählt worden."
In der SPD wachsen Ratlosigkeit und die Kritik an der weiteren Beteiligung an der großen Koalition. Aber auch Parteichefin Nahles gerät immer stärker unter Druck. Sie führe die Partei mit all ihrer "Kraft, Leidenschaft und Zuversicht", sagte Nahles der "Süddeutschen Zeitung". "Wenn jemand meint, es schneller oder besser zu können, soll er sich melden."
Rückendeckung erhielt Nahles von Teilnehmern der Krisenklausur in der SPD-Zentrale. Die häufigen Wechsel der Vorsitzenden in der Vergangenheit seien "nicht immer schlau" gewesen, sagte Stegner. "Insofern sollten wir uns auf die Sacharbeit konzentrieren."
Maas: "Was wir davon haben, das erleben wir heute"
Maas lehnte eine Debatte um Nahles ebenso ab, wie die Forderung von Juso-Chef Kevin Kühnert, den für den Herbst kommenden Jahres geplanten Bundesparteitag vorzuziehen. "Die SPD hat in den letzten 15 Jahren ihre Probleme immer zu Macht- und Personalfragen gemacht, was wir davon haben, das erleben wir heute", sagte Maas. "Deswegen hoffe ich, dass es diesmal anders wird. Wenn nicht, wird nichts besser." Auch die baden-württembergische SPD-Vorsitzende Leni Breymaier sprach sich gegen eine Debatte über die Parteivorsitzende aus.
In Meinungsumfragen fällt die SPD nahezu von Woche zu Woche: Einer Forsa-Umfrage für RTL und n-tv zufolge sackten die Sozialdemokraten auf ein neues Rekordtief von 13 Prozent, weit hinter CDU/CDU und Grünen und gleichauf mit der AfD. Demnach verbesserten sich die Grünen stark auf 24 Prozent, die Union leicht auf 27 Prozent. Eine Emnid-Umfrage für die "Bild am Sonntag" sagte für die Sozialdemokraten 14 Prozent vorher. Dies bedeutet laut Emnid Platz vier hinter CDU/CSU, Grünen und AfD. (AFP)