Bei Merkel-Rückzug: SPD-Politiker schließen Wahl von Kramp-Karrenbauer zur Kanzlerin aus
Mehrere Sozialdemokraten lehnen für den Fall eines vorzeitigen Rückzugs von Angela Merkel eine Wahl der CDU-Vorsitzenden zur Kanzlerin ab.
Es ist nur ein politisches Wenn-Dann-Szenario, doch die Botschaft hat es in sich: Im Falle eines vorzeitigen Rücktritts von Bundeskanzlerin Angela Merkel würden die Sozialdemokraten die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer nicht zur Regierungschefin wählen. Das kündigten am Freitag gleich mehrere wichtige SPD-Politiker an.
„Wenn Frau Merkel versuchen sollte, ihre Kanzlerschaft an Frau Kramp-Karrenbauer zu übergeben, gäbe es sofort Neuwahlen", sagte der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, dem „Spiegel“. Einen solchen Wechsel würde „niemand in der SPD mitmachen“, betonte der Bundestagsabgeordnete Kahrs. „Allein wir Seeheimer würden Amok laufen.“ Die CDU habe die Auswahl zwischen drei möglichen Vorsitzenden gehabt, und sie habe "die Niete gezogen. Das hat die Union jetzt davon."
Juso-Chef Kevin Kühnert, der selber nicht im Bundestag sitzt und in vielem eine andere Meinung als Kahrs-Truppe vertritt, stimmte dieser Aussage zu: „Würde Merkel abtreten, wäre das quasi die Aufkündigung der Geschäftsgrundlage dieser Regierung“, sagte er dem Nachrichtenmagazin. „Wir könnten eine solche Machtübergabe definitiv nicht mitmachen.“ Allerdings ist Kühnert dafür bekannt, dass er – anders als die Seeheimer – das Bündnis zwischen Union und SPD generell ablehnt.
Stegner: Merkel hat noch keine Amtsmüdigkeit erkennen lassen
SPD-Vize Ralf Stegner wandte sich gegen solche Szenarien. Die Frage, ob und wie sich die Sozialdemokraten bei einer Amtsübergabe von Merkel auf Kramp-Karrenbauer verhielten, stelle sich nicht, sagte er dem Tagesspiegel. Union und SPD hätten im Koalitionsvertrag eine Revisionsklausel vereinbart, man werde zur Hälfte der Legislatur nochmal überprüfen, ob die Vereinbarungen eine Basis dafür seien, das Bündnis fortzusetzen. "Darauf konzentrieren wir uns. Alle weiteren Fragen beantworten wir, wenn sie anstehen." Die Bundeskanzlerin habe bislang keine Amtsmüdigkeit erkennen lassen.
Der nordrhein-westfälische SPD-Landeschef Sebastian Hartmann erinnerte gleichwohl daran, dass man „einen Koalitionsvertrag mit Frau Merkel als Kanzlerin unterzeichnet“ habe. Die Sozialdemokraten, so sagte er, würden „sicher nichts unternehmen, um die Führungskrise der CDU zu befrieden. Schon gar nicht werden wir ihr bei irgendeiner Erneuerung helfen. Da sollten wir als SPD die Nerven bewahren“.
Unionsfraktion will sich nicht dazu äußern
Im politischen Berlin gibt es immer wieder Spekulationen, Merkel könne das Kanzleramt womöglich noch vor dem Ablauf der Legislaturperiode im Jahr 2021 an Kramp-Karrenbauer übergeben, um dieser für den dann anstehenden Bundestagswahlkampf eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen. Dafür müsste die Saarländerin im Bundestag allerdings mit einer absoluten Mehrheit zur neuen Kanzlerin gewählt werden. Merkel selbst hatte angekündigt, für die nächste Legislaturperiode nicht erneut antreten zu wollen.
Die Spitze der Unionsfraktion lehnte eine Stellungnahme zu den Äußerungen ab. Und Kahrs legte per Twitter wenig später noch eins drauf. „Wer seit Jahren Lesben und Schwule diskriminiert, kann CDU-Vorsitzende werden, nicht Bundeskanzlerin mit meiner Stimme“, schrieb er. (mit dpa)