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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) denkt offenbar über eine eigene Kanzlerkandidatur nach.
© Fabrizio Bensch/REUTERS

„Sagt das in Gesprächen auch ganz eindeutig“: Spahn sondierte Chancen für eigene Kanzlerkandidatur

Als Manager der Coronakrise steht der Gesundheitsminister im Fokus der Öffentlichkeit. Das öffnet offensichtlich das Tor für Gedankenspiele.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) prüft laut mehreren Medienberichten seine Chancen für eine eigene Kanzlerkandidatur.

Laut einem Bericht des „Spiegel“ sondierte er dazu im vergangenen Monat die Lage innerhalb der Partei. Ein halbes Dutzend CDU-Mitglieder bestätigten dem Magazin, dass sich Spahn in Telefonaten an Landtagsabgeordnete, Fraktionskollegen und Landesfunktionäre wandte, um deren Haltung zu einer möglichen Kanzlerkandidatur von ihm zu ergründen.

Ein Vorsitzender eines CDU-Landesverbandes sagte der „Bild“-Zeitung, Spahn denke „sehr offen darüber nach, zu kandidieren und sagt das in Gesprächen auch ganz eindeutig“.

Auch ein CDU-Landes-Fraktionschef bestätigte die Überlegung des Gesundheitsministers. „Jens Spahn hat mir gegenüber klargemacht, dass er für eine Kanzlerkandidatur offen ist, wenn seine Umfragewerte im März wesentlich besser sind als die von Laschet.“

Spahn bisher im Team mit Laschet

Beim Rennen um den CDU-Vorsitz unterstützt Spahn bislang Armin Laschet. In einem Team wollen sie sich für die Parteispitze bewerben, Spahn überlässt Laschet aber die Kandidatur für den Vorsitz im Rennen um die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbauer. Der Parteitag findet am 15. und 16. Januar statt. Als Kanzlerin will Angela Merkel nicht mehr antreten.

Laut „Bild“-Zeitung sagte Spahn nach Auskunft mehrerer CDU-Vertreter in verschiedenen Telefonaten, dass er über eine Kanzlerkandidatur auch dann nachdenke, wenn Laschet den CDU-Vorsitz übernehmen sollte. Spahn sprach demnach auch immer wieder mit CDU-Kreisvorsitzenden, um für sich an der Basis zu werben.

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Spahn hatte erst kurz vor Weihnachten im Podcast von „Media Pioneer“ gesagt: „Ich traue mir den CDU-Vorsitz zu, aber auch alles, was daraus folgt.“ Er ergänzte: „Ich will nicht, dass wir den Kanzlerkandidaten stellen, sondern den Kanzler“ – und setzte noch eine Spitze gegen Laschet hinzu: „Wahlkampf heißt auch deswegen so, weil die Partei sehen will, dass man kämpft.“

Auf eine Anfrage der „Bild“-Zeitung an Spahn, ob er in Telefonaten Chancen auf eine Kanzler-Kandidatur sondiert habe, ließ er von seinem Sprecher erklären: „Nein, das stimmt nicht. Der Minister tauscht sich ständig mit Parteimitgliedern aus. Dabei geht es selbstverständlich auch um die Stimmung vor dem Parteitag und das Werben für das Team mit Armin Laschet.“

Gute, aber wackelige Umfragewerte

Spahn, der als Gesundheitsminister einer der politischen Hauptakteure in der Coronakrise ist, konnte im Dezember noch auf seinen Umfragestatus als beliebtester Politiker Deutschlands verweisen. Laut der repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar für die „Bild am Sonntag“ hofften 52 Prozent der Menschen in Deutschland für das kommende Jahr auf eine „möglichst große Wirkung“ Spahns in der Politik – ein Spitzenwert.

Doch die Werte erscheinen wackelig: Im neuen ARD-„Deutschlandtrend“ fällt Spahn zu Jahresbeginn um acht Prozentpunkte auf den niedrigsten Zufriedenheitswert seit Mai 2020. In dieser Umfrage liegt der Zuspruch für ihn bei 56 Prozent. Zum Vergleich: Sehr zufrieden oder zufrieden mit der Arbeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sind laut „Deutschlandtrend“ 72 Prozent der Menschen. Das ist ein Prozentpunkt mehr als im Dezember.

Die SPD wirft dem CDU-Hoffnungsträger Spahn derweil ein Impfversagen vor. Vergangene Woche verschickte Vizekanzler und SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz einen saftigen Katalog mit 24 Fragen an Spahn und das Kanzleramt verschickt. Darin wird unter anderem gefragt, warum die EU-Kommission „so wenig Impfdosen vorbestellt“ habe und warum „nicht Teile der von der EU nicht in Anspruch genommenen Dosen (...) für Deutschland bestellt“ würden. In dem Papier wird auch gefragt, warum die EU höhere Lieferangebote von Biontech und Moderna ausgeschlagen habe.

Probleme könnten Spahn auch seine Immobiliengeschäfte bereiten. 2019 machte der Minister Markus Leyck Dieken zum Chef-Digitalisierer im Gesundheitswesen – nachdem er dem Ex-Pharma-Manager eine Wohnung für 980.000 Euro abgekauft hatte. Die Personalie rief damals Kritik hervor, da Spahn die Mitgesellschafter mit seiner Entscheidung auf Grundlage der neuen Bundes-Mehrheit von 51 Prozent offenbar überrumpelte.

Zudem hatte Spahn im Corona-Sommer ein „Baudenkmal in Bestlage“ in Berlin-Dahlem erworben. Das Grundbuchamt nennt zwar den Kaufpreis für die Millionen-Villa. Spahn selbst aber hat Unterlassungsklagen gegen Presseberichte über seinen Hauskauf angestrengt.

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