GroKo-Impfkrach vor Corona-Gipfel: SPD greift Jens Spahn an - Fragenkatalog zu Impfstrategie übergeben
Erst ein Fragenkatalog, nun die Forderung eines Untersuchungsausschusses: Die SPD geht die CDU an, sie habe die Impfstoff-Beschaffung „Dilettanten anvertraut“.
Vor den ersten Beratungen von Bund und Ländern im neuen Jahr an diesem Dienstag über die Corona-Pandemie zeichnet sich nicht nur eine Fortsetzung des Lockdowns bis mindestens Ende Januar ab – sondern auch ein explosiver Streit innerhalb der Großen Koalition. Die SPD wirft der Union ein Impfversagen vor. Damit nimmt sie vor allem einen Mann ins Visier: Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
Vizekanzler und SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz hat einen saftigen Katalog mit 24 Fragen an ihn und das Kanzleramt verschickt. Das Dokument liegt dem "Tagesspiegel" vor. Darin wird unter anderem gefragt, warum die EU-Kommission „so wenig Impfdosen vorbestellt“ habe und warum „nicht Teile der von der EU nicht in Anspruch genommenen Dosen (...) für Deutschland bestellt“ würden. In dem Papier wird auch gefragt, warum die EU höhere Lieferangebote von Biontech und Moderna ausgeschlagen habe.
Besonders pikant: Der Fragenkatalog war laut „Bild“ von Scholz ganz offiziell auch im Namen der SPD-regierten Bundesländer überreicht worden. Falls dem so ist, versucht damit der Kanzlerkandidat der SPD, dem Koalitionspartner CDU die alleinige Verantwortung für die Impfstrategie zuzuschieben. Nach Informationen des RND soll Scholz am Rande einer Sitzung des Corona-Kabinetts am Montag dann auch noch einmal explizit unter Verweis auf den Fragenkatalog nachgehalt haben - und von Spahn Aufklärung über die Versorgung mit Impfstoff verlangt haben.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post fordert zur Aufarbeitung der Probleme bei der Impfstoffbeschaffung bereits einen Untersuchungsausschuss. „Frau Merkel und Herr Spahn haben in ihrem Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Doch beide haben die Impfstoff-Beschaffung den Dilettanten um EU-Kommissionspräsidentin (Ursula) von der Leyen anvertraut“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Unter deren Versagen litten nun Hunderttausende Alte und Pfleger in Deutschland, die auf ihren Impfstoff warten müssten. „Dieser Skandal muss in Untersuchungsausschüssen im Bundestag und im EU-Parlament aufgeklärt werden.“
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Tatsächlich sind hierzulande nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bislang erst knapp 265.000 Menschen geimpft, es kommen etwa 22.000 jeden Tag hinzu. Die Impfrate liegt damit aktuell bei 0,29 Prozent pro 100 Einwohner.
Im ARD-Morgenmagazin verteidigte sich Spahn am Dienstag. „Wir haben immer alle Informationen auch mit dem Corona-Kabinett, dem Bundestag und der Öffentlichkeit geteilt. Aber wo es weitere Fragen gibt, werden wir sie auch beantworten“, sagte er.
Beim Impfen entwickelten sich die Dinge so, wie es seit Wochen mit dem Parlament und dem Corona-Kabinett besprochen worden sei. „In dieser echt schweren Phase der Pandemie erwarten die Bürger zur Recht Geschlossenheit und Entschlossenheit ihrer Regierung. Und da funktioniert in einer solchen Phase nicht gut, gleichzeitig Regierung und Opposition sein zu wollen „sagte Spahn. „Irgendwie hat das auch seit 20 Jahren für die SPD nicht gut funktioniert. Ich glaube nicht, dass das jetzt im Wahljahr besser läuft.“
Auch CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer wies die SPD-Kritik zurück. Zwar gebe es berechtigte Fragen und auch Verbesserungsbedarf in den Abläufen. Die SPD-Kritik sei aber „der billige Versuch, inmitten der Pandemie Wahlkampf zu machen“. Die Entscheidungen seien von der Bundesregierung aus Union und SPD zusammen getroffen worden, entweder gemeinsam im Corona-Kabinett oder im Bundeskabinett. „Mir scheint die SPD da mehr mit dem Kampf um eigene Umfragewerte beschäftigt zu sein als mit dem Kampf gegen die Pandemie. Das spricht für sich.“
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak bezeichnete Kritik aus den Reihen der SPD als plump. „Die Angriffe von OlafScholz auf Jens Spahn sind billige Manöver im Superwahljahr“, twitterte er. „Das ist unwürdig für die einst staatstragende Partei SPD und das Gegenteil von Verantwortung.“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) warf der SPD ebenfalls parteipolitische Profilierungsversuche im Superwahljahr vor und warnte vor einer Aufkündigung des überparteilichen Zusammenhalts in der Corona-Krise. „Deutschland hat sich in dieser Pandemie von anderen Ländern unterschieden, indem die Krise nicht parteipolitisch aufgeladen wurde. Das hat nur ein Akteur gemacht - die AfD“, sagte Kretschmer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Alle anderen Parteien hätten zusammengehalten. „Diesen Pfad sollte die SPD jetzt nicht verlassen.“
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