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Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lässt Todkranke weiter warten. Das Urteil aus Karlsruhe binde ihn nicht, hieß es.
© Virginia Mayo/AP/dpa
Exklusiv

Trotz Urteils aus Karlsruhe: Spahn lehnt Anträge auf Sterbehilfe weiter ab

Die Regierung hält daran fest, keine tödlichen Medikamente freizugeben, heißt es in einer Auskunft an das Parlament. Man wartet auf das nächste Urteil.

Trotz Liberalisierung der Sterbehilfe durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts weigert sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), schwerkranken Patienten den Erwerb tödlicher Medikamente zu gestatten. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der FDP-Bundestagsabgeordneten Katrin Helling-Plahr hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. „Die Auslegung des Betäubungsmittelrechts und insbesondere die Frage, ob das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte den Erwerb eines tödlich wirkenden Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung erlauben muss, war nicht Gegenstand des Verfahrens“, heißt es darin.

Sechs weitere Patienten haben sich nach dem Richterspruch gemeldet

Das Verfassungsgericht hatte das Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe vergangene Woche gekippt und das Recht auf einen selbstbestimmten Tod gestärkt. Das Spahn unterstellte Bundesinstitut wurde allerdings schon 2017 vom Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, im Ausnahmefall tödlich wirkende Medikamente an leidende Sterbenskranke herauszugeben. Der Minister wies die Behörde jedoch an, entsprechende Anträge abzulehnen. Mehr als hundert Patienten haben seitdem Absagen bekommen. Spahn hatte angekündigt, die Praxis nach dem Karlsruher Urteil prüfen zu wollen, hält aber nun offenbar an ihr fest. Auch das Bonner Bundesinstitut bestätigt, dass Anträge keine Aussicht auf Erfolg hätten. Dennoch haben sich seit dem Urteil nach Angaben der Behörde weitere sechs Patienten gemeldet und um eine Erwerbserlaubnis gebeten. 24 sind in der Wartezeit verstorben.

„Die Antwort ist ignorant“

„Die Antwort der Bundesregierung war erwartbar, ist ignorant und enttäuschend“, sagte die FDP-Politikerin Helling-Plahr. Statt sich klar zur Selbstbestimmung am Lebensende, zum Recht auf Suizid und der Inanspruchnahme von Suizidbeihilfe zu bekennen, führe Spahn seine Hinhaltetaktik weiter.

In ihrer Antwort weist die Regierung auf ein weiteres Verfahren in Karlsruhe hin: Das Verwaltungsgericht Köln hat dem Verfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob das Betäubungsmittelgesetz im Hinblick auf den Ausschluss von Selbsttötungen mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Offenbar will Spahn nun das nächste Urteil abwarten.

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