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Werden sie zu teuer? Mietwohnungen in Berlin.
© dpa

SPD-Bundestagsfraktion schwenkt auf Berliner Kurs ein: Sozialdemokraten wollen Mietpreisbremse zügig verbessern

Kritiker sehen in der Mietpreisbremse kein wirksames Instrument. Nun fordert auch die SPD-Fraktion im Bundestag, das Gesetz schnell zu verschärfen. Die Union weist das zurück.

Die Mietenpolitik wird vor der Abgeordnetenhauswahl in Berlin immer stärker auch zum Konfliktthema in der großen Koalition im Bund. Am Donnerstag übernahm die SPD-Bundestagsfraktion Forderungen nach einer Verschärfung der Mietpreisbremse, die zuvor der Berliner Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel erhoben hat.

Dabei geht es vor allem um eine Auskunftspflicht der Vermieter über die Höhe der vorherigen Miete – die im Gesetz bisher nicht vorgesehen ist. Stattdessen müssen Mieter, die in eine neue Wohnung ziehen, diese Auskunft verlangen oder sie sogar einklagen, was jedoch nach den bisherigen Erfahrungen nicht häufig geschieht.

Die Mietpreisbremse deckelt die Erhöhung der Mieten bei einer Neuvermietung auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Nach einer noch nicht veröffentlichten Studie im Auftrag des Berliner Mietervereins liegen in der Hauptstadt die Neumieten jedoch um 30 Prozent über dem zulässigen Grenzwert. Neubauten und Wohnungen, die umfassend modernisiert wurden, sind von der Mietpreisbremse ausgenommen.

Kritiker sehen in der vor einem Jahr eingeführten Mietpreisbremse, die seit Anfang des Jahres in Berlin im gesamten Stadtgebiet gilt, einen Flop.

"Vorvertragliche Pflicht"

Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, sagte am Donnerstag, es müsse dringend nachgebessert werden. Die SPD wolle in den anstehenden Verhandlungen innerhalb der Koalition über eine Erweiterung des Mietrechts „eine grundsätzliche vorvertragliche Pflicht der Vermieter“ verlangen, „die Miethöhe ausführlich darzulegen und auch über die tatsächliche Vormiete zu unterrichten“.

Zudem sollten Mieter einen vollständigen rückwirkenden Anspruch auf Rückzahlung einer zu hohen Miete bekommen. Bisher gilt das erst ab dem Zeitpunkt einer Rüge gegen die Miethöhe. Laut Fechner hat die Union diese erweiterten Auskunfts- und Rückzahlungspflichten der Vermieter in den Verhandlungen zur Mietpreisbremse im vorigen Jahr abgeblockt.

Das müsse jetzt geändert werden, "damit die Mieter die Mietpreisbremse tatsächlich effektiv ziehen können".Der Vorstoß der SPD würde bedeuten, dass Vermieter und Makler wohl schon in ihren Annoncen die Vormiete nennen müssten. Im Vorstoß von Fechner steckt auch eine Kritik am zuständigen Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD).

In dessen Gesetzgebungspaket, das seit einigen Wochen vorliegt, ist eine Änderung der Mietpreisbremse nichtenthalten. Das Ministerium will erst darüber reden, wenn die vereinbarte Bewertung der Mietpreisbremse im kommenden Jahr auf dem Tisch liegt. Einen Konflikt zwischen Union und SPD im Bundestag gibt es auch beim Vorhaben der steuerlichen Mietwohnungsförderung.

Hier lehnt die Union die Forderung der SPD nach einer Mietobergrenze bei geförderten Projekten ab.

CDU: Hü und Hott der SPD

Der CDU-Rechtspolitiker Jan-Marco Luczak wies die SPD-Forderung zur Mietpreisbremse zurück. "Die vorschnellen Rufe der SPD nach gesetzlichen Änderungen halte ich für Wahlkampfgetöse", sagte der Berliner Bundestagsabgeordnete dem Tagesspiegel. "Aufgrund einer einzelnen, noch unveröffentlichten Studie gesetzliche Nachbesserungen zu fordern, hat mit solider und verlässlicher Politik nichts zu tun."

Das zuständige Bundesjustizministerium habe noch vor zwei Tagen erklärt, dass die Mietpreisbremse wirke. "Dieses Hü und Hott der SPD birgt die Gefahr, Investitionen in den Neubau im Keim zu ersticken." Wohnungsmarkt und Investitionsbereitschaft vertrügen keine Schnellschüsse.

Die Union setze sich ebenfalls für bezahlbaren Wohnraum ein und wolle nicht, dass Mieter aus ihren angestammten Wohnungen verdrängt würden. "Deswegen wollen wir etwa gezielt gegen missbräuchliche Modernisierungen vorgehen, wo Mieter bewusst herausmodernisiert werden."

Laut Luczak soll das in dem Mietrechtspaket umgesetzt werden, über das gerade mit der SPD verhandelt werde.

Weitere Forderung

Die SPD-Fraktion will allerdings noch eine weitere Verbesserung für Mieter durchsetzen. Es geht dabei um den Paragraphen 5 im Wirtschaftsstrafgesetz, der zu hohe Mieten verbietet. Demnach ist von einer Mietpreisüberhöhung auszugehen, wenn eine Miete um 20 Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegt und der Vermieter dabei ein geringes Angebot an vergleichbarem Wohnraum ausnutzt, um diese überhöhte Miete zu verlangen.

Da der Bundesgerichtshof das Gesetz so ausgelegt hat, dass Mieter das Ausnutzen der Situation nachweisen müssen (was in der Praxis kaum möglich ist), läuft diese Regelung zum Mieterschutz seit Jahren ins Leere. Fechner regt nun auch hier eine Nachbesserung an.

Wie die konkret aussehen soll, ist noch unklar. Doch hat der Hamburger Senat schon vor drei Jahren einen Vorstoß im Bundesrat gemacht, den toten Paragraphen wieder zu beleben. In dem Entwurf wurde der Tatbestand des „Ausnutzens“ von Wohnraummangel gestrichen, stattdessen wurden Mieten als unangemessen eingestuft, die „bei Vorliegen eines geringen Angebots“ in einer Gemeinde um mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Eine solche Regelung könnte eine erhebliche Wirkung entfalten, weil sich Mieter unter Umständen auf die Ausweisung von angespannten Wohnungsmarktlagen im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse berufen könnten.

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