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Aleppo wurde von Assads Truppen völlig zerstört.
© REUTERS
Update

Krieg gegen den IS: Soll Deutschland mit Assad kooperieren?

Um den IS zu besiegen, braucht der Westen Bodentruppen. Womöglich auch die des syrischen Diktators. Deutlich aussprechen will das aber bisher kaum ein Politiker.

An Baschar al Assad scheiden sich die Geister. In der von den USA geführten Allianz gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) wächst die Einsicht, dass die Islamisten ohne Truppen des syrischen Diktators nicht zu besiegen sind. Doch noch spricht das niemand offen aus. Auch nicht Ursula von der Leyen (CDU), die deutsche Verteidigungsministerin, die gerade den Einsatz deutscher Aufklärungsflugzeuge, einer Betankungsmaschine und einer Fregatte für den Kampf gegen den IS in Syrien vorbereitet. Mit der Entscheidung, die Anti-IS-Allianz in Syrien aktiv zu unterstützen, sah aber auch sie sich gezwungen, die Frage zu beantworten, die derzeit viele im Westen umtreibt: Wie halten wir es mit Assad? Leyen beziehungsweise die Bundesregierung tut sich mit der Antwort ähnlich schwer wie die Regierungen in Paris und Washington.

Wie hält es Leyen mit Assad?

In einem Interview mit dem ZDF hatte die Ministerin eine Zusammenarbeit mit syrischen Regierungstruppen gegen den IS nicht ausgeschlossen. Es gebe Teile der Truppen in Syrien, die man „hier auch nehmen kann“, sagte Leyen und sprach sich gleichzeitig für einen politischen Übergangsprozess aus. Eine Zukunft für Assad als Staatschef schloss sie dabei freilich aus. Die Äußerungen reichten dennoch, um eine Debatte in Berlin auszulösen. Kritik erntete die CDU-Politikerin dabei auch aus den eigenen Reihen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), warnte im Deutschlandfunk, eine Kooperation mit den Truppen Assads „würde uns die Legitimität nehmen“. Assad und seine Armee hätten „Hunderttausende auf dem Gewissen“. Leyens Sprecher erklärte schließlich: „Jetzt wird es keine Zusammenarbeit mit Assad geben und auch keine Zusammenarbeit mit Truppen unter Assad.“ Viel klarer ist die Position der Verteidigungsministerin damit nicht, denn was jetzt nicht sein darf, könnte später schließlich sehr wohl notwendig werden.

Auch Frankreich und USA winden sich

Der französische Außenminister Laurant Fabius laviert sich seit Tagen ähnlich mehrdeutig durch die europäische Diplomatie. Mal regt er eine Kooperation mit syrischen Regierungstruppen an, mal nennt er dafür Bedingungen,die kaum erfüllbar sind. Am Montag erklärte Fabius beispielsweise, eine Kooperation sei erst möglich, wenn die syrische Armee nicht mehr von Assad „dirigiert“ würde.
Selbst die USA vermeiden es, klar Stellung zu beziehen. Der US-Botschafter bei der Nato, Douglas Lute, machte das Dilemma der Anti-IS-Allianz am Montag deutlich: „Luftangriffe werden nicht ausreichen, um Daesch (US-Bezeichnung für den IS) zu besiegen“, sagte er in einer Telefonkonferenz mit europäischen Journalisten. Ohne Bodentruppen könnten die Islamisten nicht besiegt werden. „Diese Truppen müssen lokale Truppen sein“, sagte Lute weiter. Der Westen sei nicht bereit, Truppen zu entsenden, außerdem würden Soldaten mit Ortskenntnissen gebraucht, erläuterte er.

Der Frage, ob auch syrische Regierungstruppen aufseiten der Anti-IS-Koalition kämpfen könnten, wich Lute allerdings ebenso aus wie seine europäischen Kollegen. US-Präsident Barack Obama habe nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident François Hollande gesagt, jeder sei willkommen, der gegen Daesch (IS) kämpfe. „Der Fokus des syrischen Regimes liegt aber bisher nicht auf dem Kampf gegen Daesch. Der richtet sich vielmehr gegen die syrische Opposition“, sagte Lute. Deshalb gebe es bisher auch keine konkreten Versuche, syrische Regierungstruppen in den Krieg gegen den IS einzubeziehen. Bisher.

1200 deutsche Soldaten für Anti-IS-Einsatz

Jenseits dieser Debatte wurde am Montag in Berlin das Mandat für den geplanten Bundeswehreinsatz vorangetrieben. Es soll am Dienstag im Kabinett verabschiedet und dann im Bundestag beschlossen werden. Als Obergrenze hatte Generalinspekteur Volker Wieker 1200 Soldaten genannt – deutlich mehr, als für Betrieb und Wartung der zugesagten Flugzeuge und der Fregatte erforderlich sind. Eine spätere Aufstockung der Kapazitäten scheint damit nicht ausgeschlossen.

Der Bundeswehrverband hat gefordert, klare Ziele für den Einsatz in Syrien zu definieren. Es brauche ein "Ordnungsziel", sagte der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, André Wüstner, im ARD-"Morgenmagazin" am Dienstag. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) arbeite daran, dieses Ziel mit den Verbündeten zu definieren, doch sei dies noch nicht geschehen. "Krieg ist kein Selbstzweck", sagte Wüstner und forderte, aus früheren Einsätzen im Irak, Libyen oder Afghanistan zu lernen.

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