Bundeswehr bereitet sich auf Syrien-Einsatz vor: Deutsche Tornados im Kampf gegen IS
Die Bundeswehr soll sich am Kampf gegen den IS beteiligen. Die Planungen laufen auf Hochtouren - militärisch und politisch. Die Opposition zweifelt an der völkerrechtlichen Legitimation.
Die Bundeswehr muss sich auf einen gefährlichen Einsatz vorbereiten. Sie soll sich nun doch aktiv am Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) in Syrien beteiligen. Die Bundesregierung will dazu sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge, eine Betankungsmaschine und eine Fregatte in die Krisenregion entsenden. Außerdem stellt die Bundeswehr der von den USA geführten Anti-IS-Allianz einen Aufklärungssatelliten zur Verfügung. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte im ZDF: „Das ist ein gefährlicher Einsatz, ganz ohne Zweifel.“
Abschuss unwahrscheinlich
Man müsse davon ausgehen, dass der IS Flugabwehrsysteme der syrischen Armee erbeutet habe, sagt auch der Militärexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Oliver Tamminga. Zum Einsatz gekommen seien diese aber bisher nicht. „Das spricht dafür, dass der IS nicht über die entsprechenden Fähigkeiten verfügt, diese Systeme zu bedienen, oder dass diese durch Luftangriffe der Anti-IS-Koalition bereits zerstört worden sind“, sagte Tamminga dem Tagesspiegel. Die Kriegsführung des IS konzentriere sich auf den Boden. Die Terrormiliz operiere unter anderem mit Guerillataktiken und Sprengstoffanschlägen.
Städte, aus denen sich der IS zurückziehe, würden meist vermint, damit feindliche Truppen und Zivilisten nicht unmittelbar zurückkehren könnten. „Luftschlägen haben die Islamisten aber bisher nichts entgegenzusetzen, das haben die Kämpfe um Kobane und Sindschar gezeigt.“ Erreichbar wäre ein Tornado für Flugabwehrraketen durchaus. Die Tornados verfügen aber auch über Selbstschutzsysteme. Sie können beispielsweise sogenannte Täuschkörper abwerfen, die Flugabwehrraketen ablenken sollen. Deutlich ungefährlicher ist nach Ansicht des Militärexperten der Einsatz einer deutschen Fregatte zum Schutz des französischen Flugzeugträgers „Charles de Gaulle“ und des Betankungsflugzeuges. Eine Fregatte sei nur schwer anzugreifen, Tankflugzeuge operierten außerhalb des Kampfgebietes, so der SWP-Experte.
Abstimmung mit USA und Frankreich
Die Einsatzplanung soll möglichst schnell abgeschlossen werden. Das Verteidigungsministeriums stimmt sich dazu vor allem mit den USA, die die Anti-IS-Allianz anführen, und mit Frankreich ab. Geklärt werden muss vor allem, wo die deutschen Tornados stationiert werden und von wo aus sie fliegen. Dass die Flugzeuge unter ein französisches Kommando gestellt werden, gilt angesichts der Struktur der Allianz als unwahrscheinlich. Auch die Frage, wer im Falle eines Abschusses oder Absturzes eines deutschen Tornados den Besatzungen Hilfe leisten könnte, muss geklärt werden. Grundsätzlich könnten dafür französische oder auch US-amerikanische Spezialkräfte eingesetzt werden. Ohne eine funktionieren Rettungskette würden die deutschen Maschinen nicht starten, versprach Leyen.
Mandat ohne Mandat
Das Auswärtige Amt bereitet gleichzeitig ein Mandat für die Abstimmung im Bundestag vor. Hier kommt es darauf an, eine völkerrechtliche Legitimation nachzuweisen und darzulegen, dass sich der geplante Einsatz mit den zusätzlich vom Bundesverfassungsgericht benannten Kriterien für Auslandseinsätze der Bundeswehr deckt. Es hatte der Politik auferlegt, die Bundeswehr nur in „Systemen kollektiver Sicherheit“ einzusetzen. Auf ein formales UN-Mandat will die Bundesregierung allerdings verzichten. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Freitag: „Wir sehen die rechtliche Grundlage für diesen Einsatz auf mehreren Füßen stehen.“
Das sei zunächst einmal das in der UN-Charta verbriefte Recht Frankreichs auf Selbstverteidigung nach Artikel 51. Zudem gebe es den Aufruf des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen an die Mitgliedstaaten und an alle Nationen, die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung des IS zu ergreifen. Konkret nannte Seibert die Resolution 2249 vom 20. November. Ein solcher Einsatz erfolge aber natürlich auch im Rahmen der Beistandspflicht unter den Mitgliedstaaten der EU laut Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags. „Diese haben die Franzosen ja ausdrücklich angerufen“, sagte Seibert.
Opposition hat Bedenken
Ob die Opposition dieser Argumentation folgt, ist indes unsicher. Grüne und Linke wollen das Mandat zunächst rechtlich prüfen. Beide meldeten aber bereits Bedenken an. „Die Rechtsgrundlage ist äußerst fragwürdig“, sagte der Vorsitzende Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch. Seine Fraktion behält sich eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vor. Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour, sagte im Deutschlandradio, er vermisse eine Strategie der Bundesregierung. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte zudem Rote Linien für eine Zustimmung: Eine Zusammenarbeit mit Assad oder „Deals zulasten der Ukraine“ könne sie sich nicht vorstellen.